Eindrücke aus dem Paderborner Stadtmuseum (Teil 2)

Ich lasse die Architekturgeschichte hinter mir und betrete das Herzstück des Museums: den Raum mit den städtischen Altertümern. Hier finden sich Objekte aus den Sammlungen verschiedener städtischer Vereine, die sich im 19. und 20. Jh. der Bewahrung und Ausstellung von Kulturgut verschrieben haben. So sind die dort versammelten Exponate nicht nur ein Stück Paderborner Geschichte. Sie sind auch Zeugnisse des Umgangs der Stadtbevölkerung mit ihrer Vergangenheit, der in dem Wunsch gipfelte,    historische Hinterlassenschaften systematisch zu erschließen, zu erforschen und an künftige Generationen zu vererben.

Militäruniformen und Stiefel: Zeugnisse der deutschen Geschichte, der Paderborner Geschichte, der militärischen Traditionspflege und der lokalen Sammeltätigkeit.

Was wir in diesem Teil des Museums zu sehen bekommen, verdanken wir also der Geschichtsbegeisterung von Generationen von Paderbornern!

Schnell erschließt sich dem Besucher die große Bandbreite an Exponaten: Wir sehen alte Fahrräder, Bücher, preußische Militäruniformen und Stiefel, Gemälde adeliger Persönlichkeiten, Zeichnungen, Porzellangeschirr, Jagdgewehre, Bronzeskulpturen, eisenzeitliche Graburnen, römische Gefäße, mittelalterliche Topfreste, alte Silbermünzen usw. usw. und – so – weiter. Manchmal scheint der Paderborner Bezug offensichtlich, so bei den Darstellungen von Angehörigen der Familie Fürstenberg und bei Zeichnungen der 1945 erlittenen Kriegszerstörungen. Andere Objekte erinnern uns vor allem daran, dass sich die Stadtgeschichte stets im Rahmen größerer Kontexte vollzogen hat. So verweisen kaiserdeutsche Militaria auf die Zugehörigkeit der Stadt zu einer imperial agierenden Großmacht und darauf, dass der Stolz auf Armee und Vaterland auch vor den Stadtgrenzen nicht Halt gemacht hat. Gleiches gilt für die Wahnideologie des deutschen Faschismus, wie eine in bedrückend kleiner Größe angefertigte HJ-Uniform belegt.

Prähistorisches Steinwerkzeug, römische Gefäße: Zeugnisse vergangener Kulturen sowie einer 200-jährigen städtischen Archäologie.

In der großen Vielfalt seiner Objekte, die ihrerseits ein Ergebnis des vielfältigen Sammelinteresses Paderborner Vereine darstellt, liegt für mich ein besonderer Reiz dieses Stadtmuseums. Hier werden Dinge auf anschauliche Weise in einem Raum vereint, die für gewöhnlich von verschiedenen akademischen Disziplinen für sich reklamiert und auf verschiedene Museen oder Museumstrakte verstreut werden. Zwischen ihren Entstehungszeiten mögen Jahrtausende liegen. Manche mögen damals wie heute als „Kunst“ gelten, andere als Gebrauchsgegenstände. Manche entstammen archäologischen Kontexten. Was sie aber alle vereint, ist ihre Verbindung zur Geschichte von Stadt und Region, im Rahmen derer sie alle zum „kulturellen Erbe“ erklärt wurden.

Persönliches Lieblingsobjekt des Stadtschreibers: eine Graburne mit altem Fundzettel aus dem Jahre 1842. Laut Inventarbuch ein Objekt der frühen Eisenzeit.

Wer sich für eines der Stücke näher interessiert, kann zu einem der ausliegenden Sammlungsbücher greifen. Ansonsten sind die Erläuterungstexte knapp gehalten, wohl auch um nicht von den einzelnen Objekten und ihren ästhetischen Qualitäten abzulenken. In diesem Sinne erscheint auch der Verzicht auf historisierende Inszenierungen:  So findet man keine „typische Paderborner Backstube aus dem 18. Jh.“ mit rekonstruiertem Ofen und verkleideten Schaufensterpuppen. Derartiges bleibt der Phantasie des Besuchers überlassen, der sich vor allem auf die Exponate selbst konzentrieren soll. Auch bietet das Museum keine Meistererzählung der Stadtgeschichte, die dem Besucher in Form einer (ermüdenden) „Wandzeitung“ in chronologisch geordneten Häppchen präsentiert wird. Stattdessen werden mit Hilfe der Objekte einzelne Aspekte der Stadtgeschichte angeschnitten, wie die Stadtarchäologie, fürstliche Jagd- und Selbstdarstellung, bürgerliches Vereinswesen, militärische Traditionspflege, Festkultur etc.

In meinen Augen muss der Besucher daher, neben zumindest rudimentären Vorkenntnissen zur Stadtgeschichte, zweierlei auf seinem Museumsbesuch mitbringen. Erstens: Die Bereitschaft zur Wiederkehr. Zwar mag die Größe des Raums der städtischen Altertümer überschaubar sein. Ihre Menge und Vielfalt übertrifft aber das, was bei einem einzelnen Besuch wahrgenommen und verarbeitet werden kann. Zweitens: Liebe zu historischen Objekten aller Art!

Ich hoffe, noch in diesem Monat mit der Befragung von Besuchern beginnen zu können und würde mich über eine rege Beteiligung freuen. Dann sollen Ihre Eindrücke im Mittelpunkt stehen!

Herzliche Grüße und bis bald!

Paul Duschner

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