Den Start des 9€-Tickets ausnutzend, machte ich in der ersten Juni-Woche eine lang geplante Exkursion ins Freilichtmuseum Detmold. Obwohl ich bereits des Öfteren im Rahmen von Seminaren das Museum besucht habe, bot sich nun die Gelegenheit, die inszenierten Räume in den historischen Häusern näher zu betrachten. Besonders spannend fand ich dabei den Schönhof, ein Herrenhaus im Paderborner Dorf. Die Einrichtung dieses Gebäudes hebt sich von den anderen Häusern mit zumeist bäuerlicher Ausstattung ab. Durch Literatur zur Geschichte des Museums (vgl. Westälisches Freilichtmuseum Detmold. Geschichte – Konzepte – Entwicklungen. Hg. von Stefan Baumeier und Jan Carstensen, 1996) konnte ich erfahren, dass der Schönhof in der Entwicklung des Sammlungsverhaltens eine Rolle spielte. Wie in vielen Freilichtmuseen üblich, fokussierte sich auch das Westfälische Freilichtmuseum zunächst auf bäuerliche Kultur zwischen 1500 und dem Ende des 19. Jahrhunderts, wobei möglichst keine Exponate nach 1850 gesammelt werden sollten. Die Eröffnung des Schönhofes war ein Anstoß, die Konzeption des Museums zu erweitern und auch andere soziale Schichten und Wohnkulturen zu zeigen. Auch der Westmünsterländer Hof eröffnete neue Überlegungen des Ausstellens. So wurde hier erstmals in der Inneneinrichtung der Zustand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts übernommen. Während man sich vorher außerdem eher auf regionaltypische Darstellungen von Räumen fokussierte, setzte man hier die individuelle Geschichte des Gebäudes und seiner Bewohner in den Vordergrund. Im Wandel der Sammlungs- und Ausstellungskonzeption des Freilichtmuseums zeigt sich auch das veränderte Geschichtsverständnis. So geht es mittlerweile vermehrt darum, Alltagsgeschichte und Einzelschicksale darzustellen und von der Inszenierung einer romantisierenden Landidylle abzurücken.
In vielen Freilichtmuseen ist das 20. Jahrhundert kaum repräsentiert. Dies ändert sich jedoch zusehends, wie beispielsweise im Museumsdorf Cloppenburg die Umsetzung einer Diskothek aus den 1980er Jahren zeigt. Period Rooms werden nicht mehr mit einer Ansammlung von zufälligen Objekten gefüllt, die eine bestimmte Epoche und Wohnkultur abbilden sollen, sondern die Räume werden, soweit möglich, in ihrer originalen Ausstattung gezeigt, wobei die Dokumentation des einzelnen Objektes bedeutsam ist. Zum Nachdenken gebracht hat mich ein Anspruch, den Carstensen in der erwähnten Literatur anspricht: Die inszenierten Räume sollen verfremdet werden, beispielsweise durch moderne Beschriftungen, damit nicht der Eindruck entsteht, man könne eine authentische Lebensrealität der ehemaligen Bewohner abbilden. Wenn ich Museen besuche, fällt es mir manchmal schwer, mich von meiner Perspektive als private Museumsbesucherin zu lösen und stattdessen das Museum aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel zu betrachten. Oft ertappe ich mich selbst dabei, wie ich insbesondere bei sehr elegant gestalteten Period Rooms genau die Haltung einnehme, die von den meisten Kuratoren nicht gewünscht ist. Wie sinnvoll sind dann aber die inszenierten Räume überhaupt, wenn sie doch dazu führen, dass man das „Leben von damals” aus einer romantisierenden Perspektive sieht? Wie kann eine Verfremdung der Räume erreicht werden, ohne sie ihrer eigentlichen Konzeption zu berauben? Vielleicht werden sich in den nächsten Wochen Antworten auf diese Fragen finden.