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Woche des wissenschaftlichen Nachwuchses 2022

Bildnachweis: Graduiertenzentrum KW, Universität Paderborn

Letzte Woche fand die diesjährige, von der Fakultät der Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn organisierte „Woche des wissenschaftlichen Nachwuchses“ statt. Neben klassischen Vortragsformaten gab es mit den Pitch-Beiträgen dieses Jahr auch die Möglichkeit, in knapp 10 Minuten das eigene Forschungsvorhaben zu pitchen – darin durften Philipp und Thomas sich auch direkt ausprobieren.

Inhaltlich ging es – Überraschung – um unsere Performanztests und wie wir uns diese vorstellen bzw. wie der aktuelle Stand aussieht. Durch die Kürze der Zeit lag die Herausforderung vor allem darin, die Inhalte prägnant und kohärent zu präsentieren. Das Feedback war sehr konstruktiv – wir haben aus verschiedenen Perspektiven heraus Anregungen und Rückmeldungen zur praktischen Umsetzung im Universitätsbetrieb, die etwaige, durch die Standardisierung bedingte, Darstellung von Eltern und Jugendlichen in den Gesprächssimulationen oder die Einbeziehung verschiedenen Akteur*innen (Lernende – Eltern – Lehrkräfte) in die Untersuchungen erhalten.  

Neu war für uns der hybride Vortragsmodus. Es gab zwei Bildschirme im Vortragrsaum – einen mit der Präsentation, der andere samt Kamera als Portal zum virtuellen Publikum. Unser Dank geht an die Techniker*innen vor Ort, sodass wir direkt in den Pitch starten konnten.

Unser persönliches Highlight war zudem der Workshop zur Wissenschaftskommunikation von Nadine Lux, der am Donnerstag stattfand. Dieser war eine sehr gelungene Mischung aus prägnantem Input, Übungen und Gruppendiskussionen zur Zielgruppenorientierung, aktuellen Trends der Wissenschaftskommunikation und Strategien für die Nutzung von Social Media. Es gab viele gute Impulse, die wir in Zukunft noch weiter beherzigen und umsetzen möchten!

Wir bedanken uns für die tolle Organisation, die vielfältigen Rückmeldungen und freuen uns schon auf das nächste Jahr :-).

Vorträge:

  • Janzen, T. (2022). Entwicklung eines Performanztests für das Lehramtsstudium im Fach Englisch: Feedback im Kompetenzbereich Schreiben. Woche des wissenschaftlichen Nachwuchses. Universität Paderborn. 08.06.2022.
  • Wotschel, P. (2022). Entwicklung eines Performanztests für das bildungswissenschaftliche Lehramtsstudium: Erfassung von Beratungskompetenz. Woche des wissenschaftlichen Nachwuchses. Universität Paderborn. 08.06.2022

Simulationen in anderen Ausbildungskontexten: Pilot*innen

Copy that!

In diesem Blogbeitrag (evtl. einer kleinen Reihe) wollen wir schauen, wie in einem anderen Beruf bzw. einer anderen Professionen performanzorienterte Lehr- und Prüfungssituationen in Ausbildungen eingesetzt und erforscht werden. Wir haben schon öfter in Vorträgen oder Blogbeiträgen die Medizin als Beispiel für ihre rollenspielbasierten Prüfungen herangezogen und auch schon Blogbeiträge dazu verfasst (z.B. hier). Starten möchten wir mit einem Berufszweig der auch von Mediziner*innen gerne als Vorbild genommen wird (z.B. Münzberg et al., 2019): Pilot*innen. Ein zentrales Werkzeug von Lehren und Prüfen sind hier Flugsimulatoren!

(c) Pixabay

Infos zur Pilot*innenausbildung

Die Pilot*innenausbildung kann nach Informationen der Vereinigung Cockpit (Vereinigung Cockpit e.V., 2022) auf verschiedenen Wegen ablaufen, aber ist eigentlich immer mit finanziellen Eigenanteilen verbunden – man muss also entweder die Ausbildung vollständig direkt selbst bezahlen, oder durch Gehaltskürzungen an eine Fluggesellschaft im Rahmen seiner Tätigkeit zurückzahlen – die Kosten liegen im Durchschnitt mindestens zwischen 70.000 von 100.000€. Die schulische Ausbildung umfasst 750 Stunden Unterricht mit Fokus auf theoretische Grundlagen und ca. 240 Flugstunden, wobei hier auch manche Ausbildungsmodelle verstärkt auf Simulatoren zurückgreifen (Vereinigung Cockpit e.V., 2022). Doch auch nach Berufseintritt spielen Simulationen eine wichtige Rolle, da Pilot*innen mehrmals im Jahr an Simulationen teilnehmen, um bestimmte Situationen zu üben (von Kopp, 2015).

Eine kurze Geschichte der Flugsimulation

Die Notwendigkeit der Entwicklung von Flugsimulatoren liegt darin begründet, dass das Auftreten von Fehlern während der Tätigkeit als Pilot*in schwerwiegende und unmittelbare Folgen für Leib und Leben der Flugzeuginsassen haben kann (Myers et al., 2018). Die ersten computerbasierten Simulatoren scheinen wohl auf das Jahr 1929 und Edwin Link zurückzugehen, jedoch erst nach Ende des zweiten Weltkriegs und den damit einhergehenden technischen Innovationen etablierten sie sich auch in der kommerziellen Luftfahrt (Page, 2000). Solche Simulatoren basierten auf realen Flugzeugen, die mit Hilfe von anderem technischen Gerät bewegt wurden oder durch Manipulation der Instrumente verschiedene Situationen nachstellten. Die Reliabilität und fidelity (=Realitätsnähe) dieser analogen Simulatoren schwankte aber aufgrund des hohen Wartungsaufwands stark, was den Weg für digitale Simulatoren ebnete. Durch weitere Neuerungen durch Bewegungs- und visuelle Systeme wurden die Simulationen immer ausgefeilter (Page, 2000), wodurch man heute sogar von virtual reality sprechen könnte.

Fidelity  vs. authenticity

Ein sehr interessanter Gesichtspunkt unter dem Flugsimulatoren erforscht werden, ist eben schon angeklungen – fidelity. Im Deutschen beschreibt der Begriff die Replikation der Realität einer Situation. Myers et al. (2018) nennen drei Elemente von fidelity:

  • Physical fidelity – Die physische Replikation der Realität, z.B. Bewegung und Geräusche beim Fliegen, aber auch die Geräte, Knöpfe, Lampen etc. im Cockpit.
  • Cognitive fidelity – Werden die gleichen kognitiven Fähigkeiten in der Simulation verlangt wie unter realen Bedingungen?
  • Functional fidelity – Inwieweit verhält sich die Simulation wie reales Equipment?

Dagegen ist authenticity nicht zwingend die objektive realitätsnahe Replikation, sondern beschreibt den Effekt, den diese auf die individuelle Wahrnehmung einer Situation der einzelnen Personen hat (Bland et al., 2014).

Es gibt interessante Ergebnisse über den Effekt von high-fidelity Simulationen, da oftmals davon ausgegangen wird, dass fidelity ausschlaggebend für den Lernerfolg ist (Myers et al. 2018). Schaut man sich aber mal ein Beispiel von lower-fidelity Simulationen an, z.B. von Dahlstrom et al. (2009), so werden auch diese von den Teilnehmenden als durchaus positiv bewertet. In der dortigen Studie sollten die Teilnehmenden auf einer Schiffsbrücke – dargestellt von nur durch Laptop, Drucker und Schreibtisch -verschiedene Situationen kommunikativ bewältigen. Gerade der Fokus darauf und das Außerachtlassen der realitätstreuen Ausstattung ist von den Teilnehmenden als positiv aufgenommen worden, da sie so weniger Ablenkung erführen würden und Dinge trainierten, denen sie sonst nicht begegnen würden (Dahlstrom et al., 2009).

Konsequenzen für uns?

Was können wir nun aus diesem kleinen AusFLUG mitnehmen? Die Unterscheidung von authenticity und fidelity ist sicher etwas, was auch in unseren rollenspielbasierten Simulationen wichtig sein wird, da wir die Prüfungen auch im Sinne einer approximation of practice (Grossman et al., 2009) gestalten und nicht die volle Komplexität des Klassenraums replizieren wollen. Außerdem bleibt natürlich der Gedanke, dass es schon fast seit 100 Jahren Simulationen für Pilot*innen gibt – aber wir in der Lehramtsausbildung, was diesbezügliche Lern- aber auch Prüfungsformate betrifft, noch recht weit am Anfang stehen.

Literatur:

  • Bland, A. J., Topping, A., & Tobbell, J. (2014). Time to unravel the conceptual confusion of authenticity and fidelity and their contribution to learning within simulation-based nurse education. A discussion paper. Nurse education today, 34(7), 1112–1118. (Online)
  • Dahlstrom, N., Dekker, S., van Winsen, R., & Nyce, J. (2009). Fidelity and validity of simulator training. Theoretical Issues in Ergonomics Science, 10(4), 305–314. (Online)
  • Grossman, P., Compton, C., Igra, D., Ronfeldt, M., Shahan, E., & Williamson, P. W. (2009). Teaching Practie: A Cross-Professional Perspective. Teachers College Record, 111(9), 2055–2100. (Online)
  • Münzberg, M., Grützner, A., Seifert, J., & Ekkernkamp, A. (2019). Weiterbildung 3.0: Der „Flugsimulator“ für Chirurgen. kma – Klinik Management aktuell, 24(01/02), 84–87. (Online)
  • Myers, P., Starr, A., & Mullins, K. (2018). Flight Simulator Fidelity, Training Transfer, and the Role of Instructors in Optimizing Learning. International Journal of Aviation, Aeronautics, and Aerospace. 5(1) (Online)
  • Page, R. (2000). Brief history of flight simulation. SimTecT 2000 proceedings, 11-17.
  • Vereinigung Cockpit e.V. (Hrsg.) (2022). Der Weg ins Cockpit. Vereinigung Cockpit e.V. (Online)
  • von Kopp, D. (Hrsg.). (2015). Warum Piloten glückliche(re) Menschen sind. Springer. (Online)

PERFORM-LA Kooperationstreffen am 03. Mai 2022

Heute stand ein besonderes Meeting für unsere Nachwuchsforschungsgruppe auf dem Programm – das erste Treffen, in dem wir zeitgleich mit allen unseren Kooperationspartnern aus Aachen, Bergen, Bremen und Paderborn zusammengekommen sind. Im Rahmen einer virtuellen Austauschrunde haben wir die Chance bekommen, den aktuellen Arbeitsstand unseres Projekts vorzustellen und Feedback, Anregungen und Tipps von unseren Kooperationspartnern einzuholen. Drei Stunden vergingen wie im Flug!  

Nach einer kurzen Kennenlernrunde haben wir das Treffen mit einem Überblick über die Ziele und die einzelnen Arbeitspakete des Projekts begonnen. Anschließend gab es von Thomas und Philipp einen Einblick in den aktuellen Stand der beiden Teilprojekte „Entwicklung eines Performanztests für das Lehramtsstudium im Fach Englisch: Feedback im Kompetenzbereich Schreiben“ sowie „Entwicklung eines Performanztests für das bildungswissenschaftliche Lehramtsstudium: Erfassung von Beratungskompetenz“. Hinsichtlich der Kategorienentwicklung gab es hierzu hilfreiche Anregungen von Christoph Kulgemeyer und Josef Riese, die auf ihre umfangreichen Vorerfahrungen zur Entwicklung von Performanztests im Projekt ProfileP+ zurückgreifen konnten. Spannende und wichtige Nachfragen kamen auch von Bardo Herzig, der ebenfalls Erfahrungen bei der Entwicklung von Testformaten, insbesondere aber auch bzgl. der Ausbildung angehender Lehrkräfte eingebracht hat. Wertvolle methodische Hinweise haben wir außerdem von Robert Kordts sowie, für das Fach Englisch, von Dominik Rumlich erhalten.

Die Expertise sowie die Interdisziplinarität unserer Kooperationspartner machen eine konstruktive Weiterentwicklung des Projekts möglich und vor allem: facettenreich. Derartige Austauschtreffen helfen auch, dass wir keinen zu starren Blick auf Details einnehmen und erlauben die Perspektiverweiterung auf einer übergeordneten Ebene. Wir bedanken uns bei unseren Kooperationspartnern für ihre wertvolle Zeit, die konstruktive Kritik sowie die vielen wertvollen Anregungen für die Weiterarbeit im Projekt.

Wir freuen uns schon sehr auf die nächsten Kooperationstreffen 🙂

Back to the roots! – Besuch im PhD-Kolloquium der WWU Englischdidaktik

Nicht allzu lange ist es her, da war ich noch Student und habe bei Prof. Frauke Matz meine Masterarbeit geschrieben – nun hatte sie mich eingeladen meine eigene Forschung in ihrem Kolloquium vorzustellen und zu diskutieren. Dieser Einladung bin ich natürlich gerne gefolgt!

Bildnachweis: © WWU Münster

Der digitale Vortrag umfasste die theoretischen Grundlagen unserer Performanztests, die auf dem Kontinuumsmodell professioneller Kompetenz von Blömeke, Gustafson & Shavelson (2015) beruhen, wonach Performanz die sichtbare Ausprägung der Kompetenz darstellt. Danach habe ich die bisherigen Planungen zum Testdesign präsentiert, also die Bewertungskriterien, das Konzept und die Steuerung der Simulation und das Material, welches als Grundlage für das Feedbackgespräch dient. Es wurden auch erste Einblicke in meine aktuelle Forschungsarbeit, in der die Authentizität eben dieses Materials untersucht wird, gegeben.

Die Diskussion im Anschluss war geprägt von einer distinkt fachdidaktischen Perspektive auf das Projekt. Ein Diskussionspunkt war die Sprache in der die Simulation stattfinden soll: Deutsch oder Englisch? Hier gibt es für beide Seiten sehr gute Argumente, so ist die Lehrkraft einerseits ein sprachliches Vorbild und sollte in der Lage sein, sich sprachlich auf das Niveau der Lernenden einzulassen. Außerdem gilt im Englischunterricht auch der Grundsatz der funktionalen Einsprachigkeit – so viel Englisch wie möglich, so wenig Deutsch wie nötig (MSB NRW, 2019). Andererseits könnte eine Simulation in der Fremdsprache auf der Seite der zu Testenden dazu führen, dass ihre fremdsprachlichen Fähigkeiten sie daran hindern, ihre Feedbackkompetenzen zu zeigen, was die Validität des Tests schmälern könnte. Wie sich dieses Dilemma auflösen lässt, wird sich hoffentlich nach der Pilotierung und weiteren Überlegungen zeigen.

Ich möchte mich ganz herzlich beim gesamten Münsteraner Team für das reichhaltige food for thought und die neuen Impulse bedanken. Insbesondere bedanke ich mich natürlich bei Prof. Frauke Matz für die Einladung 🙂

Literatur:

  • Blömeke, S., Gustafsson, J.-E. & Shavelson, R. J. (2015). Beyond Dichotomies: Competence Viewed as a Continuum. Zeitschrift für Psychologie, 223(1), 3–13. (Online)
  • Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen. (2019). Kernlehrplan für die Sekundarstufe I Gymnasium in Nordrhein-Westfalen. Englisch. (Online)

Besuch auf der digiGEBF 2021 – Keynote: Medizindidaktik macht Schule

Bildnachweis: © GEBF, Universität Tübingen

Die Hauptvorträge im digitalen Jahr der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) finden verteilt über verschiedene Monate statt und wurden über YouTube gestreamt. Für uns als Nachwuchsforschungsgruppe besonders interessant: Am 16. November hielt Prof. Dr. Martin Fischer seine Keynote „Medizindidaktik macht Schule: Verbindungen und Unterschiede“, in der er Einblicke in die Geschichte, Ansätze und Strukturen der Ausbildung angehender Mediziner*innen gab.

Die Medizindidaktik unterscheidet sich dabei sowohl von den schulischen und auch hochschulischen Fachdidaktiken ein wenig. Ich würde sagen, sie ist von einer stark pragmatischen Orientierung an Anforderungen des Berufsfeldes der Medizin geprägt, im Vergleich mit den stärker fachlich-theoretischer motivierten Didaktiken der anderen Studienfächer. Dies ist aber eher mein Eindruck als Außenstehender, der auch in diesem Vortrag einen kompakten Überblick aus einem Guß erhalten hat. Insbesondere für die Lehrer*innenbildungsforschung bietet die Medizindidaktik viele Anregungen und Orientierungspunkte.

Im Kontext unserer Nachwuchsforschungsgruppe war insbesondere der systematisch geplante Kompetenzaufbau im Medizinstudium und die Verzahnung mit performanzorientierten Prüfungsverfahren interessant. Neben den hier im Blog schon öfter vorgekommenen OSCEs (die im Vortrag auch gerne als Oskies ausgeprochen werden ;)), wären z.B. Adaptionen von Clinical Case Discussions (Koenemann et al., 2020) für die Lehramtsausbildung spannend (im Sinne von Teacher Case Discussions, wie es Martin Fischer vorgeschlagen hat).

Edit (01.07.2022): Der Vortrag ist insgesamt sehr empfehlenswert und kann mittlerweile auch auf dem Youtube-Kanal zur Tagung nachgehört werden. Es lohnt sich!

Literatur:

  • Fischer, M. (2021). Medizindidaktik macht Schule: Verbindungen und Unterschiede. Keynote-Vortrag im digitalen Konferenzjahr der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) (online), 16.11.2021.
  • Koenemann, N., Lenzer, B., Zottmann, J. M., Fischer, M. R., & Weidenbusch, M. (2020). Clinical Case Discussions–a novel, supervised peer-teaching format to promote clinical reasoning in medical students. GMS journal for medical education, 37(5). (Online)

Was Lehrkräfte bzw. diejenigen, die sie ausbilden, von Ärzten lernen können

Analogien zwischen Lehrer*innen- und Mediziner*innenausbildung

Einer der Anstöße bzw. Ideenkatalysatoren für unsere Nachwuchsforschungsgruppe war auch ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Martin Prenzel (2017) im Blog des Bildungsjournalisten Dr. Jan-Martin Wiarda, der immer wieder sehr lesenswert ist. In diesem Artikel rief Martin Prenzel dazu auf, sich bei der Weiterentwicklung der Lehramtsausbildung stärker an Ansätzen aus der Ausbildung angehender Mediziner*innen zur orientieren.

Prenzel nennt dabei einige Merkmale der Medizinausbildung, die er sich in ähnlicher Weise auch für die Lehramtsausbildung wünschen würde: Deutschlandweite Abstimmung der Ausbildung; Erprobungen von Reformstudiengängen, deren Elemente auch teilweise in den Regelbetrieb einfließen; Einbezug aktueller Forschungsergebnisse in die Ausbildung. Dabei bezieht er sich vor allem auf die strukturelle Verankerung der Lehramtsausbildung an Hochschulen, erkennt bisherige Bemühungen und Erfolge an, sieht aber noch einiges Potential für bessere Abstimmung über Bundeslandgrenzen hinweg. Eine konkrete Forderung wäre die nach der Entwicklung eines Masterplans für das Lehramtsstudium, analog zu vergleichbaren Plänen für das Medizinstudium, um einheitlichere Qualitätsstandards zu etablieren bzw. eine Verständigung darüber einzuleiten. Als konkretes Beispiel für eine Veränderung des Lehramtsstudiums schlägt Prenzel ein Ein-Fach-Lehramtsstudium vor, wobei er diesen Vorschlag auch nur als eine von verschiedenen Möglichkeiten sieht. Deutlich wird, wie wichtig ihm eine Diskussion über die Weiterentwicklung der Ausbildung ist, weshalb er eine Orientierung an der Mediziner*innenausbildung auch schon an anderen Stellen vorgeschlagen hat (z.B. Prenzel, 2019).

Was Lehrkräfte mit Ärzten gemeinsam haben (sollten)

Man muss Prenzel in diesem konkreten Vorschlag und auch in dieser Betonung struktureller Bedingungen des Lehramtsstudiums nicht zu hundert Prozent folgen, aber sich an Ansätzen der Mediziner*innenausbildung zu orientieren, ist ein lohnenswerter und sinnvoller Vorschlag, denn:

„Selbstverständlich muss man die unterschiedlichen föderalen Zuständigkeiten anführen, die es bei der Medizin – anders als beim Lehramt – dem Bund ermöglichen, eine koordinierende Rolle einzunehmen. Doch abgesehen von den verfassungspolitischen Gegebenheiten leuchtet es nicht ein, warum wir uns zwar einig sind, dass die Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein dasselbe bedeuten sollte wie in Bayern, aber bei der Bildung unserer Kinder anscheinend an einen regionalen Qualitätsbegriff glauben.“

Prenzel (2017)

Diesem Urteil schließe ich mich an. Warum sollten wir an die Ausbildung von Lehrkräften nicht die gleichen Ansprüche haben, wie an die der Ausbildung von Mediziner*innen? Ich vermute, dass in der Lehramtsausbildung mehr Varianz und Uneinheitlichkeit akzeptiert wird, was auch darin begründet liegt, dass bspw. in der Medizin die Folgen einer schlechten Ausbildung sich viel unmittelbarer zeigen, als in der Lehramtsausbildung. Wenn eine Wunde falsch behandelt wird, sieht man es direkt und es schmerzt. Werden Schüler*innen schlecht unterrichtet, sieht man die Folgen erst viel später. Insofern stimme ich Prenzel zu, wenn er zumindest ein Bemühen darum fordert, die bestmögliche Ausbildungsqualität – und zwar bundesweit – zu sichern, wenn Bildung ein ebenso hohes gesellschaftliches Ziel sein soll wie Gesundheit.

Bildnachweis: Leo Jeong Soo, Pixabay-Lizenz, Link

Diese Analogie zwischen Lehrkräfte- und Medizinausbildung lässt sich aber nicht nur auf die Entwicklung von Standards beziehen. Beide Studienbereiche sind professionsbezogen, sie existieren also deshalb, weil sie Personen zur Ausübung einer bestimmten Profession befähigen sollen, die eine gesellschaftlich wichtige Funktion erfüllen. In beiden Studiengängen stehen Ausbilder*innen vor der Herausforderung, ein notwendiges, aber stark theorieorientiertes Studium mit einer zielführenden Befähigung zur Bewältigung der Berufspraxis zu kombinieren. Ähnlich wie im Lehramt kommt es auch in der Medizin immer wieder zu Situationen, in denen zu wenig Personen ausgebildet (z.B. der so genannte „Ärztemangel“) oder regional nicht gut verteilt sind (z.B. Kaduszkiewicz, 2018). In beiden Feldern wird daher versucht, Absolvent*innen zu motivieren bspw. auch an vermeintlich unattraktiven Orten zu arbeiten (z.B. Steinhäuser et al., 2013; Anders, 2020). In der Medizin würde aber sicherlich ein so hoher Anteil Quereinsteigender in den Beruf nicht akzeptiert werden wie es im Lehramt geschieht (vgl. hierzu auch unsere Artikelreihe hier im Blog).

Performanzorientiertes Prüfen im Lehramt

Im Detail gibt es natürlich immer noch beträchtliche Unterschiede und beide Studienbereiche sind nicht genau vergleichbar, aber grundsätzlich weist die Medizinausbildung ähnliche Herausforderungen auf wie die Lehramtsausbildung, weshalb es sich lohnt, von möglichen Lösungsansätzen der jeweils anderen Disziplin zu lernen. Innerhalb unserer Nachwuchsforschungsgruppe machen wir genau dies, indem wir versuchen, Assessment-Konzepte aus der Medizin (z.B. Harden, 1988) in die Lehramtsausbildung zu übertragen. Dabei werden professionstypische Handlungsanforderungen in einem standardisierten Setting mit Schauspielenden simuliert (wie z.B. Anamnese-Gespräche). Diese Szenarien können bzw. werden sogar als Prüfungsverfahren im Medizinstudium eingesetzt.

Unser Ziel ist es, solche Prüfungsszenarien auch für das Lehramtsstudium (bei uns: im Fach Englisch, im Fach Physik und in den Bildungswissenschaften) zu entwickeln und zu erproben. Dabei arbeiten wir natürlich nicht im „luftleeren“ Raum, sondern orientieren uns an ähnlichen Vorarbeiten (vgl. Dotger et al., 2010), die wir in diesem Blog auch noch näher vorstellen werden. Damit unsere Verfahren als Prüfungsformate auch wirklich implementiert werden können, müssen die Besonderheiten des Lehrer*innenberufs berücksichtigt und die Szenarien erprobt und hinreichend validiert werden. Folgend werden sie dann (hoffentlich) auch von Studierenden und Lehrenden akzeptiert werden können. Wir sind aber optimistisch und werden hier immer wieder von unserer Forschungsarbeit berichten.

Literatur

  • Anders, F. (2020). Anreize für Lehrkräfte in unbeliebten Regionen. Das Deutsche Schulportal, 29. Januar 2020. (Online)
  • Dotger, B. H., Dotger, S. C., & Maher, M. J. (2010). From medicine to teaching: The evolution of the simulated interaction model. Innovative Higher Education35(3), 129-141. (Online)
  • Harden, R. M. (1988). What is an OSCE?. Medical teacher10(1), 19-22. (Online)
  • Kaduszkiewicz, H., Teichert, U., & van den Bussche, H. (2018). Ärztemangel in der hausärztlichen Versorgung auf dem Lande und im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 61(2), 187-194. (Online)
  • Prenzel, M. (2019). Die Lehrerbildung in Deutschland – und was die Qualitätsoffensive zu ihrer Weiterentwicklung beitragen kann. Vortrag am Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung München, 8. Juli 2019. (Online)
  • Prenzel, M. (2017). „Nehmen wir die Medizin als Ansporn!“. jmwiarda.de ,04. November 2017. (Online)
  • Steinhäuser, J., Joos, S., Szecsenyi, J., & Götz, K. (2013). Welche Faktoren fördern die Vorstellung sich im ländlichen Raum niederzulassen. Zeitschrift für Allgemeinmedizin, 89(1), 10-15. (Online)

Besuch auf der Jahrestagung der GDCP: Unsicherheit als Element von naturwissenschaftsbezogenen Bildungsprozessen

Bildnachweis: © GDCP, Sebastian Habig

Ich (Christoph Vogelsang) war auch dieses Jahr wieder auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) vertreten. Zum einen natürlich als Teil des Vorstandes der GDCP und damit dieses Jahr auch als Teil der Organisation der Tagung. Zum anderen aber auch mit eigenem Beitrag. Die Jahrestagung musste auch leider dieses Jahr vollständig digital stattfinden. Ich schätze es aber sehr an der GDCP-Community, dass trotz der Distanz dennoch sehr rege Diskussionen und Austausch auch nach virtuellen Vorträgen stattfanden. Persönlich war es für mich aber auch wie jedes Jahr ein Nachhause-Kommen, bei dem ich endlich wieder viele Kolleg*innen (zumindest am Bildschirm) sehen konnte.

Die allesamt sehr interessanten Keynotes behandelten, passend zum bisherigen Verlauf der Jahre 2020 und 2021, verschiedene Aspekte der Unsicherheit im Zusammenhang mit naturwissenschaftlicher Bildung, aber auch darüber hinaus. In seinem eröffnenden Abendvortrag beschäftigte sich Nobelpreisträger Saul Perlmutter anhand eines Seminarcurriculums mit der Frage, wie und vor allem welche Aspekte (natur-)wissenschaftlichen Denkens Studierende während ihres Studiums erlernen sollten. Dabei bezog er auch insbesondere meta-regulatorische Kenntnisse zu Effekten der menschlichen Kognition als relevante Aspekte mit ein (z.B. confirmation bias, Gruppendenken). Uwe Hericks betrachtete aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive Unsicherheit bzw. Ungewissheit als konstitutives Element der Arbeit und Ausbildung von Lehrkräften, was auch insbesondere für die Arbeit in unserer Nachwuchsforschungsgruppe wichtige Anregungen bot. Rainer Bromme berichtete aus seinen vielfältigen Forschungen zu Bedingungen für Vertrauen in Wissenschaft bzw. in wissenschaftliche Aussagen und wie sich dieses Vertrauen entwickeln kann. Den Abschluss bildete eine Keynote von Irene Neumann mit einer Rück- und Vorausschau zum insbesondere für die Naturwissenschaftsdidaktiken wichtigen Themenfeld Nature of science.

Bildnachweis: © Profile-P+

In meinem eigenen Vortrag berichtete ich Ergebnisse aus dem Projekt Profile-P+, in dem ich als Post-Doc tätig war und in dem wir unter anderem Performanztests zur Planung von Physikunterricht, zum Erklären von Physik und zur Reflexion von Physikunterricht entwickelt und erprobt haben. Im Vortrag habe ich untersuchte, ob sich Zusammenhänge zwischen der Performanz in diesen drei Standardanforderungen und dem professionellen Wissen von Lehramtsstudierenden vor und nach einem Praxissemester verändern. Insbesondere zwischen den Performanzen konnten wir nur einen stabilen Zusammenhang vorher und nachher zwischen der Fähigkeit zur Planung und zur Reflexion beobachten. Die Arbeiten aus Profile-P+ sind die Basis und Vorbild für unsere Nachwuchsforschungsgruppe, sie werden hier im Blog also noch öfter auftauchen. Die Kolleg*innen sind auch weiterhin Kooperationspartner im Projekt (an dieser Stelle liebe Grüße an euch alle).

Es gab noch viele weitere interessante Vorträge mit einem Schwerpunkt in der Lehrerbildungsforschung, die ich hier leider nicht alle aufführen kann. Ich empfehle aber schon einmal, einen Blick in den Tagungsband zu werfen, wenn er im nächsten Frühjahr erscheint. Auch wenn es eine sehr informative und gute Konferenz war, freue ich mich auch darauf, (euch) alle im nächsten Jahr hoffentlich wieder in Präsenz treffen zu können.

Vortragsliste:

  • Bromme, R. (2021). Kompetent, unbestechlich und im Sinne des Gemeinwohls: Bedingungen von Vertrauen in Wissenschaft. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) 2021 (online). 15.09.2021.
  • Hericks, U. (2021). Ansprüche, Widersprüche und Herausforderungen des Lehrberufs – Erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf Fachlichkeit und Ungewissheit. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) 2021 (online). 14.09.2021.
  • Neumann, I. (2021). Nature of Science – Alter Hut oder relevanter denn je?. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) 2021 (online). 16.09.2021.
  • Perlmutter, S. (2021). Titel folgt. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) 2021 (online). 16.09.2021.
  • Vogelsang, C., Borowski, A., Kulgemeyer, C., & Riese, J. (2021). Relationen von Professionswissen und Performanz im Praxissemester Physik. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) 2021 (online). 15.09.2021.

Besuch auf der digiGEBF 2021 – Thementagung Digitalisierung im Bildungsbereich

Bildnachweis: © GEBF, Universität Tübingen

Nachdem Thomas vor kurzem schon über unsere Teilnahme auf dem Kongress der DGFF 2021 berichtet hat (und zwar hier), möchte ich noch von einer weiteren Konferenz berichten. In ihrenm digitalen Konferenzjahr veranstaltete die Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) am 22. September 2021 die Thementagung Digitalisierung im Bildungsbereich – Potentiale und Herausforderungen. Sie fand ebenfalls online statt, wurde aber ausgerichtet von einem Team der Universtität Tübingen um Prof. Dr. Andreas Lachner. Für uns als Nachwuchsforschungsgruppe war natürlich besonders das Symposium Gestaltungsmerkmale digitaler simulationsbasierter Lernumgebungen in der Lehrerbildung interessant, in dem insbesondere mehrere Vorträge von Kolleg*innen der DFG-Forschergruppe COSIMA der LMU und TU München.

Bildnachweis: © Forschergruppe COSIMA, LMU München

Unter anderem berichtete Stephanie Kron in ihrem Vortrag über einen Performanztest, in dem Lehramtsstudierende mit Fach Mathematik in simulierten Gesprächen mit einer*m Schüler*in aktuellen Lernstand und Schwierigkeiten diagnostizieren müssen und anschließend weitere Lernschritte planen bzw. empfehlen müssen. Sie untersuchte. inwiefern sich das Erleben von Authentizität, Immersion und externer kognitiver Belastung der Studierenden dabei unterschied, je nachdem ob sie mit trainierten (allerdings erwachsenen) Schauspieler*innen dialogische Videogespräche oder ob sie ein geskriptetes Onlinegespräch führen mussten, bei denen ihnen Audioaufnahmen und Standbilder von Schüler*innen vorgelegt wurden. Bei mehrmaligen Durchgängen unterschieden sich die beiden Präsentationsformate allerdings nicht wesentlich, wobei es sehr schade ist, dass aufgrund der Corona-Pandemie keine simulierten Gespräch in Präsenz durchgeführt werden konnten.

Michael Nickl untersuchte in seinem Vortrag, ob sich die Leistung von Studierenden mit unterschiedlichen Profilen in kognitiven und motivationalen Voraussetzungen im einem videobasierten Performanztest unterschieden, in dem diese Videosequenzen mit mehreren Schüler*innen betrachtet haben, die mathematische Aufgaben lösen sollen. die Aufgabe der angehenden Lehrkräfte war es dabei Lernstände und Schwierigkeiten zu diagnostieren, Notizen zu jeder*m abgebildeten Lernenden zu machen und davon ausgehend weitere Vorgehensweisen im Lernprozess vorzuschlagen. Er konnte dabei drei Voraussetzungsprofile identifizieren (motiviert, wissend, benachteiligt). Dabei ergaben sich bzgl. der Performanz bei der Diagnose nur signifikante Unterschiede zwischen den Profilen Wissend und Benachteiligt und das auch nur bzgl. der Anzahl bearbeiteter Videos und der Urteilsgenauigkeit.

Wir werden im Blog noch häufiger über die Arbeiten der Forschergruppe COSIMA berichten. Insofern ist dies ein guter erster Einblick. Es lohnt sich auch ein Besuch auf ihrer Website.

Vorträge:

  • Kron, S., Sommerhoff, D., Achtner, M., Wecker, C., Siebeck, M., Stürmer, K., & Ufer, S. (2021). Simulationsbasierte Online-Lernumgebungen in der Lehramtsausbildung: Einfluss des Präsentationsformats auf die Entwicklung von Authentizität, Immersion und kognitiver Belastung. Thementagung „Digitalisierung im Bildungsbereich – Potentiale und Herausforderungen“ im digitalen Konferenzjahr der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) (online), 22.09.2021.
  • Nickl, M., Sommerhoff, D., Codreanu, El., Ufer, S., & Seidel, T. (2021). Lernvoraussetzungs-Profile in video-basierten Simulationsumgebungen. Thementagung „Digitalisierung im Bildungsbereich – Potentiale und Herausforderungen“ im digitalen Konferenzjahr der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) (online), 22.09.2021.

Wie nehmen Lehramtsstudierende verschiedene Prüfungsformate wahr?

Einblicke in unsere Forschungsarbeit

Ein zentrales Ziel unserer Arbeit ist die Entwicklung performanzorientierter Prüfungsformate, also Formaten, in denen Personen möglichst handlungsnahe Anforderungen bewältigen müssen. Wir orientieren uns dabei an Konzepten der Ausbildung von Mediziner*innen (Miller, 1990). Dort werden bspw. typische Handlungsanforderungen (z.B. Anamnesegespräche) mit Schauspieler*innen simuliert (so genannte standardisierte Patient*innen) und teilweise auch zur Prüfung eingesetzt. Wir möchten das große Potential solcher Formate auch für die Lehramtsausbildung nutzbar machen. Sie könnten zum Beispiel im Master als Alternativen zu klassischen Prüfungsformaten im Praxissemester oder für Modulprüfungen verwendet werden. Damit diese aber auch in der Praxis verwendet werden können, müssen sie bestimmte Anforderungen erfüllen und natürlich auch von Studierenden akzeptiert werden.

Im Lehramtsstudium werden Studierende mit verschiedenen Prüfungsformaten konfrontiert. Uns interessiert daher insbesondere, wie performanzorientiertere Formate im Vergleich zu eher etablierten Formaten wahrgenommen und empfunden werden. In der Forschungsliteratur haben wir bisher keine empirischen Studien gefunden, aus denen für Lehramtsstudierende schon Hinweise abzulesen sind (zumindest bisher, Hinweise nehmen wir natürlich gerne entgegen). Was es aber gibt, sind Studien zur Wahrnehmung von Prüfungen in einem Studium generell. Dabei wurden Prüfungsformate aus Sicht der Studierenden hinsichtlich verschiedener Merkmale betrachtet, bspw. ob sie als fair oder auch authentisch für das Ziel des Studiums empfunden werden (z.B. Struyven, Dochy & Janssens, 2005). Prüfungsformen, die nur in der Lehramtsausbildung vorkommen, wie den benoteten Unterrichtsbesuch, wurden dabei bisher kaum betrachtet.

Aus diesem Grund haben wir eine eigene kleine Befragung initiiert und mit Hilfe von Likert-Items bei denen Studierende den Grad ihrer Zustimmung zu Aussagen angeben müssen, Einschätzungen zu verschiedenen Prüfungsformaten in den Dimensionen Fairness, Authentizität/Relevanz und Transparenz eingeholt. Hierzu haben wir N = 626 Lehramtsstudierende im Masterstudium rund ums Praxissemester befragt. Das Praxissemester ist dabei ein interessanter Kontext, weil es in NRW ja als bewertungsfreier Rahmen definiert wurde, viele Studierende sich aber dennoch auch eine Bewertung schulpraktischer Leistungen wünschen. Wir haben dabei die eher klassischen Formate Klausuren und mündliche Prüfungen sowie die eher performanznahen Formate Unterrichtsbesuch und – für unsere Ziele besonders interessant – Rollenspiele als Prüfungsformat betrachtet.

(c) eigene Darstellung, PERFORM-LA

Wir sind gerade mitten in der Datenauswertung. Um zumindest schon einmal einen ersten kleinen Einblick zu geben, sind in der Abbildung die Verteilungen der Antworten der Befragten auf das Item „… können grundsätzlich objektiv und nachvollziehbar bewertet werden“, jeweils unterschieden für die vier Prüfungsformate dargestellt. Es geht also um eine grundsätzliche Einschätzung, ob eine faire Bewertung an sich möglich ist (was im konkreten Fall natürlich davon abhängt, wie eine Prüfung genau ausgestaltet wird). Deutlich wird, dass mündliche Prüfungen und Rollenspiele von der Mehrheit der Studierenden als weniger objektiv bewertbar eingeschätzt werden (jeweils über 60%, die der Aussage nicht zu stimmen, erste drei Kategorien). Uns selbst hat überrascht, dass der Unterrichtsbesuch, dessen Bewertung von vielen Referendar*innen im Vorbereitungsdienst eher als instransparent angesehen wird, zumindest bei den Befragten hinsichtlich der Beurteilbarkeit ähnlich wie Klausuren eingeschätzt wird.

Wir möchten allen Studierenden, die unsere Items bzw. Fragen beantwortet haben, herzlich danken. Vielen Dank für ihre Unterstützung, das hilft uns sehr in unserer Arbeit.

Literatur

  • Miller, G. E. (1990). The assessment of clinical skills/competence/performance. Academic medicine65(9), S63-7. (Online)
  • Struyven, K., Dochy, F., & Janssens, S. (2005). Students’ perceptions about evaluation and assessment in higher education: A review. Assessment & Evaluation in Higher Education, 30(4), 325-341. (Online)

Erster Vortrag im PhD-Kolloquium der Paderborner Englischdidaktik

Am 7. Juli wurde das erste Mal ein Vortrag der PERFORM-LA Nachwuchsgruppe vor einem externen Publikum gehalten. Unter dem Titel „Development of performance-based assessment in EFL teacher education – Feedback on writing” hat Thomas Janzen (that’s me) den Mitarbeitenden der Paderborner Englischdidaktik und Kooperationspartner Prof. Dr. Dominik Rumlich erste Ergebnisse der Literaturrecherche präsentiert und samt weiterer Ideen zur Projektumsetzung zur Diskussion gestellt.

Der Vortrag begann mit einer Vorstellung der Nachwuchsforschungsgruppe. Die dem Projekt zugrundeliegenden Desiderata wurden kurz erläutert und die inhaltliche Umsetzung für den Bereich der Englischdidaktik – ‚Feedback on writing‘ – hergeleitet. Es folgte eine detaillierte Auflistung von Kriterien, die effektives Feedback im Allgemeinen, sowie bezogen auf die Kompetenz „Schreiben“, charakterisieren (siehe hierzu in Kürze den kommenden Blogbeitrag). Der Fokus lag auf der Adaption und Abstufung des Feedbacks an das individuelle Lernniveau der Lernenden, um so Lernpotentiale voll ausschöpfen zu können. Abschließend wurde ein erster Entwurf des Forschungsdesigns und ein Beispiel einer Textvignette vorgestellt.

In der anschließenden Diskussion wurden relevante Aspekte besprochen, die die Komplexität des Vorhabens nochmal hervorhoben. So muss die Authentizität des angedachten Rollenspiels multiperspektivisch fokussiert und im Hinblick auf die verschiedenen Validitäts- und Reliabilitätskonstrukte hinreichend zusammengeführt werden. Zudem muss auch der Aspekt der Fremdsprachigkeit ausreichend Berücksichtigung finden, da Englisch für die angehenden Lehrkräfte (vermutlich) nicht die Muttersprache ist und die Sprachkompetenz in der Fremdsprache daher ein wesentlicher Faktor für die Performanz sein kann.

Nach fruchtvoller Diskussion und vielen neuen Anregungen und Impulsen (für die ich sehr dankbar bin!) verabschiedete sich die Runde. Für den kontinuierlichen Austausch wird es auch im kommenden Semester wieder einen Vortrag geben.