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„Prüfung – bitte nicht stören!“ – Pilotierung des OSTE für das Unterrichtsfach Physik

Das PERFORM-LA-Team ist gut in das neue Jahr gestartet und konnte sich mittlerweile auch vom Reisemarathon des vergangenen Jahres erholen. Das heißt natürlich nicht, dass es bei uns keine interessanten Entwicklungen gäbe, von denen wir berichten möchten – im Gegenteil:

Ein neuer Performanztest! – Nein, eigentlich sieben…

Nachdem im Sommer 2023 bereits die Haupterhebungen für Thomas’ Performanztest für das Unterrichtsfach Englisch und Philipps Performanztest für den bildungswissenschaftlichen Bereich stattfanden, konnten wir in dieser Woche nun auch endlich den OSTE (Objective Structured Teaching Examination) für das Unterrichtsfach Physik pilotieren. Der OSTE besteht Im Gegensatz zu den Performanztests in den Fächern Englisch und Bildungswissenschaften aus insgesamt sieben einzelnen Prüfungsstationen, die innerhalb eines ca. 2,5-stündigen Prüfungsparcours durchlaufen werden – ganz ähnlich einem OSCE in der medizinischen Ausbildung, den wir uns bereits in Aktion am KISS in Köln ansehen durften. Einige der Prüfungsstationen haben Jana und Lea für den OSTE komplett neu entwickelt, andere wurden basierend auf Vorarbeiten aus dem Projekt ProfileP+ (Kulgemeyer et al., 2021; Schröder et al., 2020; Vogelsang et al., 2019; Kulgemeyer & Tomczyszyn, 2015) und der Dissertation von Markus Feser (Feser, 2019) sowie auch Philipps Test zur Beratungskompetenz weiterentwickelt. Die Prüfungsstationen richten sich an Lehramtsstudierende mit dem Unterrichtsfach Physik und orientieren sich an den vier Kompetenzbereichen Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren der Standards für die Lehrkräftebildung (KMK, 2022). Dabei sind einige der Stationen eher fachspezifisch (Unterrichtsplanung, Erklären physikalischer Phänomene, Reflexion von Physikunterricht, Beurteilen von Schüler*innentexten) und einige eher fächerübergreifend (Beratung, Konfliktlösung, Unterrichtsentwicklung). Im Gegensatz zu Thomas‘ und Philipps Performanztests dauern die einzelnen Stationen des OSTE nur etwa 15-20 Minuten, um die Gesamtzeit des Prüfungsparcours im Rahmen zu halten. Neu beim OSTE ist außerdem, dass nicht alle der Stationen rollenspielbasiert sind, sondern auch ausschließlich schriftliche Materialien beinhalten oder aus simulierten Videokonferenzen bestehen.

Schauspieltraining & logistische Herausforderungen

Dennoch sind auch im OSTE drei rollenspielbasierte Stationen enthalten, in denen unsere studentischen Hilfskräfte wieder mit ihrem schauspielerischen Talent glänzen konnten. Glücklicherweise bekamen wir im Dezember Unterstützung von Ella, Eike und Carlo, die nun mit Jasmin und Elena das Hilfskraft-Team im Forschungsbereich des PLAZ bilden. So startete vor Weihnachten das Schauspieltraining für die rollenspielbasierten OSTE-Stationen. Für unsere Hilfskräfte hieß das: Rollenbeschreibungen lernen, Verbal Trigger verinnerlichen und natürlich: Viel üben! In unterschiedlichsten Konstellationen und mit Unterstützung des gesamten Teams wurden die Gesprächssimulationen geprobt, bis sich alle bereit gefühlt haben für die Pilotierung mit Lehramtsstudierenden. Neben der Entwicklung der Prüfungsstationen und dem Schauspieltraining spielte auch die Logistik eine wesentliche Rolle bei den Vorbereitungen der Pilotierung: die Lehramtsstudierenden sollten parallel und möglichst ohne Leerlauf die sieben Stationen durchlaufen. Geeignete Räumlichkeiten wurden organisiert, Ablaufpläne erstellt und eine Menge Material zur Bearbeitung und Evaluation der Stationen vorbereitet. Am 29. Januar war es dann endlich so weit, und erst einmal vier Lehramtsstudierende des Unterrichtsfachs Physik stellten sich den sieben OSTE-Stationen. Wie schon bei den bereits entwickelten Performanztests haben wir auch bei der Pilotierung des OSTE Kameras an den rollenspielbasierten Stationen aufgestellt, um die simulierten Gespräche zu videografieren. An den anderen Stationen haben wir den Arbeitsprozess der Lehramtsstudierenden per Bildschirmaufzeichnung dokumentiert und ihre schriftlichen Notizen und Ergebnisse festgehalten.

Die erste Hürde ist geschafft!

Die Studierenden füllten außerdem nach der Bearbeitung jeder einzelnen Station einen Kurzfragebogen aus, in dem sie die Authentizität und Immersion der Stationen bewerteten. So sind zahlreiche Aufzeichnungen und Beurteilungen des Prüfungsparcours entstanden, die in einem nächsten Schritt gesichtet und ausgewertet werden, um den OSTE für unseren nächsten geplanten Testdurchlauf im Sommersemester 2024 auf dieser Grundlage weiterzuentwickeln. Obwohl wir im Vorhinein noch etwas skeptisch waren, was den reibungslosen Ablauf der Pilotierung angeht, können wir nun ein positives Fazit ziehen: Die Studierenden konnten alle Stationen im Zeitrahmen bearbeiten, und unsere Hilfskräfte haben nicht nur schauspielerische Höchstleistungen erbracht, sondern durch ihre Unterstützung auch für einen reibungslosen Ablauf am Pilotierungstag gesorgt. Wir sind gespannt, was die Auswertung der Dokumente und Aufzeichnungen ergibt und wie sich der OSTE bis zum nächsten Testlauf weiterentwickeln wird.

Literatur:

  • Feser, M. S. (2019). Physiklehrkräfte korrigieren Schülertexte. Eine Explorationsstudie zur fachlich-konzeptuellen und sprachlichen Leistungsfeststellung und -beurteilung im Physikunterricht. Logos Verlag.
  • KMK (2022). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004 i. d. F. vom 07.10.2022). (Online)
  • Kulgemeyer, C., & Tomczyszyn, E. (2015). Physik erklären – Messung der Erklärensfähigkeit angehender Physiklehrkräfte in einer simulierten Unterrichtssituation. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften1(21), 111-126. (Online)
  • Kulgemeyer, C., Kempin, M., Weißbach, A., Borowski, A., Buschhüter, D., Enkrott, P., … & Vogelsang, C. (2021). Exploring the impact of pre-service science teachers’ reflection skills on the development of professional knowledge during a field experience. International Journal of Science Education43(18), 3035-3057. (Online)
  • Schröder, J., Riese, J., Vogelsang, C., Borowski, A., Buschhüter, D., Enkrott, P., … & Schecker, H. (2020). Die Messung der Fähigkeit zur Unterrichtsplanung im Fach Physik mit Hilfe eines standardisierten Performanztests. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften26(1), 103-122. (Online)
  • Vogelsang, C., Borowski, A., Buschhüter, D., Enkrott, P., Kempin, M., Kulgemeyer, C., … & Schröder, J. (2019). Entwicklung von Professionswissen und Unterrichtsperformanz im Lehramtsstudium Physik. Analysen zu valider Testwertinterpretation. Zeitschrift für Pädagogik65(4), 473-491. (Online)

Willkommen im Team!

Wir freuen uns, bekannt geben zu können, dass wir nun seit dem 17.07. von Lea Grotegut als Post-Doc unterstützt werden! Nach knapp anderthalb Jahren löst Lea Jana Meier ab, die als Lehrkraft für besondere Aufgaben ans Institut für Erziehungswissenschaft gewechselt ist.

Bildnachweis: (C) Lea Grotegut

Als wissenschaftliche Mitarbeiterin wird es Leas primäre Aufgabe sein, anknüpfend an Janas Arbeiten performanzorientierte Lehr- und Prüfungsverfahren für die Lehramtsausbildung im Fach Physik und den Bildungswissenschaften weiterzuentwickeln. Bestehende Performanztests zur Unterrichtsplanung, Reflexion und zum Erklären im Physikunterricht sollen durch Lea als zusammenhängende Serie von Anforderungen i. S. eines OSTE (objective structured teaching examination / objektiv strukturierte Lehrprüfungen)-Prototypen kombiniert und umfassend validiert werden.
Erfahrungen für die Nachwuchsforschungsgruppe bringt Lea u. a. aus ihrer im Juni 2023 abgeschlossenen Promotion mit, im Rahmen derer sie sich mit der Entwicklung einer digitalen Simulation zur Förderung diagnostischer Kompetenz angehender Lehrkräfte auseinandergesetzt hat – also inhaltlich schon ziemlich nah an dem, was wir in PERFORM-LA so machen! Zu ihren Forschungsinteressen zählen neben der diagnostischen Kompetenz professionelles Wissen (angehender) Lehrkräfte sowie hochschulische Prüfungen. Wir freuen uns sehr darüber, nun wieder vollständig zu sein und in neuer Besetzung in die nächste Projektphase zu starten!