Archiv für den Monat: März 2025

Podcast: Back to University – Deutschlandfunk

Herausforderung zweiter Weg ins Lehramt

Schon im vergangenen Oktober erschien im Deutschlandfunk das Radiofeature Back to University – Mein persönlicher Einsatz gegen den Lehrkräftemangel von Susanne Franzmeyer, das sich für alle lohnt nachzuhören, die sich mit Fragen zur Lehrkräftebildung beschäftigen. Darin geht es um ihre Erfahrungen beim Vorhaben, als Quereinsteigerin in den Lehrkräfteberuf zu gelangen.

Den Quereinstieg in den Lehrkräfteberuf aus genereller empirischer Perspektive haben wir schon einmal in einer Beitragsreihe in unserem Blog betrachtet. Der Quer- oder Seiteneinstieg ins Lehramt ist dabei sehr unterschiedlich zwischen den einzelnen Bundesländern formalisiert, was darin resultiert, dass es bundesweit teilweise große Unterschiede in Zugangsvoraussetzungen, weiterem Ausbildungsweg und Standards gibt, die zudem auch immer stark davon abhängen, in welchen Schulformen und Fächern jeweils ein besonders großer Lehrkräftebedarf vorhanden ist (Lucksnat et al., 2022a). Diese Lage wird auch von der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK (SWK, 2023) in ihrem Gutachten zur Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung kritisch gesehen.

„Die Sondermaßnahmen zum Quer- und Seiteneinstieg unterlaufen häufig die auf der Grundlage wissenschaftlicher Befunde definierten Standards für die Lehrkräftebildung. Unter dem akuten Handlungsdruck vollzieht sich in einem schleichenden Prozess nicht nur eine Aufweichung des Leitbilds einer wissenschaftlich qualifizierten professionellen Lehrkraft, es ist auch eine unübersichtliche Zahl unterschiedlicher Maßnahmen der Nachqualifizierung entstanden. Damit werden einerseits das Gebot der Gleichwertigkeit von Abschlüssen und damit die Mobilität zwischen den Ländern infrage gestellt. Andererseits wird ein klar definierter Karriereweg, ein grundlegendes Merkmal aller wissenschaftsbasierten Professionen, aufgegeben“ (SWK, 2023, 11).

Ausgehend von dieser Analyse schlägt die SWK eine stärkere bundesweite Vereinheitlichung des Quer- und Seiteneinstiegs in den Lehrkräfteberuf vor, die nach definierten Standards den Erwerb eines nachqualifizierenden Masterabschlusses für das Lehramt ermöglicht (SWK, 2023, 87 ff.). Als mögliches Vorbild werden im Gutachten unter anderem derartige Studienprogramme genannt, die seit 2018 an Hochschulen in Berlin absolviert werden können (z.B. Q-Masterprogramm für das Lehramt an Integrierten Sekundarschulen und an Gymnasien an der FU-Berlin, vgl. Ghassemi, 2024; Quereinstiegsmaster Grundschullehramt an der HU-Berlin, vgl. Lucksnat et al., 2022b).

Quereinstiegsmaster aus subjektiver Perspektive

Susanne Franzmeyer strebte den Quereinstiegsmaster für das Grundschullehramt an der HU Berlin an. In Ihrem Radiofeature berichtet sie ihre Erfahrungen und ihr subjektives Erleben als Teilnehmende und rahmt diese mit Interviewaussagen unterschiedlicher Personen zum Lehrkräftemangel (z.B. Eltern, Schüler*innen, Vertreter*innen aus der Schule, Vertreter*innen von Gewerkschaften, Kolleg*innen aus der Bildungsforschung). Viele beschriebene Herausforderungen sind dabei ähnlich zu Erfahrungen, die auch in anderen Wegen in den Quereinstieg zu erwarten sind. Dazu gehört bspw. die Notwendigkeit, eines zusätzlichen einjährigen Zertifikatsstudiums, um überhaupt die Voraussetzungen für den eigentlichen Master zu erhalten.

Sie beschreibt auch die generellen Schwierigkeiten für Personen, die nach längere Zeit im Beruf und mit Familie (erneut) einen Studieralltag meistern müssen, sowie die Vielfalt der Wissensbereiche, die für ein Lehramt in der Grundschule studiert werden müssen. Insbesondere der Mathematikanteil des Studiums bereitete ihr Sorgen. Ähnlich wie Lehramtsstudierende insgesamt konstatiert sie: „Brauche ich das alles? Mir ist das ehrlich gesagt viel zu theorielastig“ (Franzmeyer, 2024, 15:13). Wie allen Studierenden ist es für sie auch schwierig, neben den Studienanforderungen einer (Teilzeit-)Erwerbstätigkeit nachzugehen (in ihrem Fall gäbe es zwar Stipendienmöglichkeiten, allerdings nur für den Q-Master selbst und nicht für das vorherige Zertifikatsstudium). Für uns als Nachwuchsforschungsgruppe sind besonders die Erfahrungen im Zusammenhang mit Prüfungen interessant. Susanne Franzmeyer berichtet z.B. – was durchaus typisch ist -, dass sie kein Feedback auf ihre Hausarbeit erhalten hat: „Statt eines Feedbacks gab es nur eine Checkliste per E-Mail. […] Was, wenn man trotz der Checkliste keine Ahnung hat, was jetzt genau das Problem ist?“ (Franzmeyer, 2024, 37:27). Dies wird mit Bezug zur schlechten Personalsituation an Hochschulen eingeordnet. Sie berichtet aber auch von positiven Kurserfahrungen, z.B. an einem außerschulischen Lernort oder einem Seminar, in dem Fünftklässler*innen eingeladen wurden. Letztendlich absolviert Susanne Franzmeyer das Zertifikatsstudium erfolgreich und beginnt das Studium des Q-Masters mit zugehörigem Stipendium. Die Erlebnisse im Q-Master im engeren Sinne sind daher nur ein sehr kleiner Teil des Radiofeatures.

Die beschriebene Erlebnisse können dabei in Beziehung zu den Evaluationsergebnissen des Programms gesetzt werden (Luckenat et al., 2022b), wobei der Evaluationszeitraum vor dem Studienbeginn von Susanne Franzmeyer lag (2019 bis 2021). Generell berichteten die Befragten (N = 111) von einer eher hohen Studienzufriedenheit, zugleich wird aber auch – ähnlich zu Studierenden in grundständigen Studiengängen – ein höherer Praxisbezug vorgeschlagen. Auch der schon angesprochene Mangel an Hochschulpersonal wird in der Evaluation als verbesserungswürdig bewertet, zugleich werden viele Dozierende – ähnlich wie im Feature dargestellt – als sehr motiviert beschrieben. Der Abschlussbericht enthält auch Erkenntnisse zu vielen weiteren Aspekten, wobei die Ergebnisse sehr ähnlich sind zu Evaluationen, die grundständige Lehramtsstudiengänge betrachten. Ich empfehle, einmal genauer in den Bericht zu schauen.

Fazit: Es bleibt kompliziert

Neben diesen persönlichen Einblicken werden im Radiofeature auch viele Aspekte des Lehrkräftemangels und des Quereinstiegs angeschnitten, bspw. dass dieser besonders die MINT-Fächer betrifft, die Bedeutung der Qualifikation von Lehrkräften für die Sekundarstufe I, der Praxisschock beim Übergang in die Schule, die formalen Schwierigkeiten beim Einsatz von Lehrkräften, die nur für ein Fach qualifiziert sind, der hohe Anteil studentischer noch nicht fertig ausgebildeter Vertretungslehrkräfte und die allgemeine Belastung im Lehrkräfteberuf. Der Beitrag schließt zumindest etwas pessimistisch, in dem auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung (Klemm & Zorn, 2024) verwiesen wird, die auf Basis geringerer Geburtenzahlen in näherer Zukunft ein Ende des Lehrkräftemangels in der Grundschule prognostiziert, was natürlich für diejenigen negativ sein kann, die sich jetzt gerade qualifizieren (der so genannte Schweinezyklus.)

Klare Empfehlung: Das Nachhören des Radiofeatures lohnt sich für alle, die sich für Fragen der Lehrkräftebildung und Maßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften interessieren!

Literatur:

  • Franzmeyer, S. (2024, 19. Oktober). Back to University – Mein persönlicher Einsatz gegen den Lehrkräftemangel [Radiobeitrag]. Deutschlandfunk. (Online)
  • Ghassemi, N. (2024). Evaluation eines Lehramtsmasterstudiengangs mit dem Profil Quereinstieg im Fach Physik: Erkenntnisse zu Eingangsbedingungen, professionellen Kompetenzen und Aspekten individueller Angebotsnutzung. Logos Verlag. (Online)
  • Lucksnat, C., Richter, E., Klusmann, U., Kunter, M., & Richter, D. (2020a). Unterschiedliche Wege ins Lehramt – unterschiedliche Kompetenzen?. Zeitschrift für pädagogische Psychologie. 26(4), 263-278 (Online)
  • Lucksnat, C., Fehrmann, I., Müncher, A., Pech, D., & Richter, D. (2022b). Abschlussbericht zur Evaluation des Q-Masters an der Humboldt-Universität zu Berlin. Universität Potsdam. (Online)
  • Klemm, K. & Zorn, D. (2024). Weniger Geburten, mehr Lehrkräfte – Spielraum für die Grundschulentwicklung. Bertelsmann Stiftung. (Online)
  • Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) (2023) . Gutachten Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht – Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz. (Online)

Alles hat ein Ende – Auch die Promotionszeit

Nach 3 Jahren und 11 Monaten in der Promotionsphase war am 28.02.2025 der Tag, dem ich lange entgegengefiebert habe – meine Disputation und damit der Abschluss meines Promotionsverfahrens. Der Tag begann für mich wie üblich recht früh, sodass ich ein paar Stunden vor Beginn schon im Büro war und in meinen Vortrag und meine Notizen in Ruhe nochmal durchgehen konnte. Gegen 9 Uhr machte ich mich dann auf in den Raum für den Vortrag und holte mir auf den Weg noch einen Pfefferminztee (Kaffee war an dem Tag nicht wirklich nötig).

Langsam trudelten dann auch die eingeladenen Zuhörer*innen der Hochschulöffentlichkeit, Kolleg*innen aus dem PLAZ und der Englischdidaktik in Paderborn, und die Kommission ein. Um 10 Uhr begann dann die Verteidigung. Ich startete mit einem 20-minütigen Bericht, indem ich versuchte, kurz und bündig wesentliche Inhalte der Dissertation zu präsentieren. Dabei fokussierte ich mich im ersten Teil auf das Problem des Assessment Gap, welches wir mit den rollenspiel-basierten Simulationsprüfungen begegnen wollen. Im zweiten Teil ging es um beispielhafte Erkenntnisse aus dem Validitätsargument:

  • Die Studierenden äußern sich in mehrheitlich positiv in Bezug auf die Authentizität und Relevanz.
  • Die im Bewertungsinstrument eingesetzten Kriterien werden von den Expert*innen grundsätzlich positiv bewertet und Kritik wurde in der Weiterentwicklung des Instruments berücksichtigt.
  • Die Inter-Rater Reliabilitätswerte zeigen eine sehr große Übereinstimmung zwischen den Rater*innen auf der Testscore Ebene.
  • Die Ergebnisse der konvergenten Validierung deuten darauf hin, die Wissensfacetten mit einer pädagogischen Komponente (Wissen über Feedback; Fachdidaktisches Wissen) eine robustere Korrelation mit dem Testscore aus der RobS ausweisen, was sich aber nicht für die Facette des Fachwissens zeigt.

Die Ergebnisse zeigen in ihrer Gesamtheit, dass der von mir entwickelte Test mit ausreichender Gewissheit in der ersten Phase der Lehrkräftebildung eingesetzt werden kann, wobei natürlich auch die gegenteiligen Ergebnisse hier berücksichtigt werden müssen. Zum Schluss habe ich noch ein paar Limitationen aufgegriffen und Implikationen für weitere Schritte erläutert. Im Anschluss an den Vortrag stellte die Kommission ca. 1h lang weitere Fragen. Letztendlich war ich sehr erleichtert, als alles überstanden war!

Es wurde dann im Anschluss auch gebührend gefeiert – ich habe mich sehr über die vielen Glückwünsche von Kolleg*innen und Wegbegleiter*innen an dem Tag gefreut! Besonders tolle Andenken sind natürlich die beiden selbst gestalteten Doktorhüte aus meinen Teams, die mich über die Jahre hinweg begleitet und unterstützt haben sowie die selbst gestaltete Zeitung „meiner Mias“ (der Rollenname unser Schauspielerinnen), unserer studentischen Mitarbeitenden Jasmin und Elena.

Am Ende bleibt mir nun auch nichts mehr zu sagen außer eins: Danke.

Thomas mit seinen Betreuern (v.l.: Dr. Christoph Vogelsang, Thomas Janzen, Prof. Dr. Dominik Rumlich) (c) Markus Gründker
(C) Markus Gründker
(C) Markus Gründker

Vortrag:

  • Janzen, T. (2025, 28. Februar). Show, don’t tell – Developing and Validating a Role-Play-Based Simulation (RobS) for the Assessment of Pre-Service EFL Teachers’ Feedback Competence on Writing. [Disputationsvortag] Universität Paderborn.

Einmal Hildesheim und (aus gutem Grund frühzeitig) zurück – BMBF-Statusgruppenseminar

Universität Hildesheim – Bildnachweis: Philipp Wotschel

Wie schnell die Zeit vergeht, ist auch daran festzumachen, dass nur wenige Monate seit dem letzten Statusgruppenseminar vergangen sind, das wir als PERFORM-LA Nachwuchsforschungsgruppe in Paderborn ausgerichtet haben. Somit ist es ein erfreulicher Anlass, die anderen Nachwuchsforschungsgruppen so schnell bei dem 8. Statusgruppenseminar in der Universität Hildesheim wiedersehen zu dürfen. Prof. Johanna Fleckenstein und Dr. Fabian Schmidt von der Nachwuchsgruppe FORMAT haben zu einem zweittägigen Treffen am 27. und 28.02.2025 eingeladen. Christoph und Philipp waren für den ersten Tag zu Gast und traten eine frühzeitige Rückreise an, um für einen besonderen Termin wieder in Paderborn zu sein. Wo es am 28.02.2025 für die Beiden hingegangen ist, erfahrt ihr in unserem nächsten Beitrag.

Nach einer herzlichen Begrüßung vor Ort stand mit der Keynote von Prof. Olaf Köller auch schon der erste inhaltliche Programmpunkt an. Unter dem Titel „Für ein erfolgreiches Leben: Was müssen Jugendliche können, um erfolgreich in die Ausbildung übertreten zu können?“, gab Prof. Köller einen Einblick in unterschiedliche Aspekte von Kompetenzfacetten von jungen Erwachsenen, die in einer anschließenden Diskussion vertiefend besprochen werden konnten.

Die Diskussionsstimmung konnte auch in einem anschließenden Programmpunkt, einem Gespräch mit dem BMBF-Ministerialdirigent, Dr. Stefan Luther, und Prof. Köller, aufrecht erhalten werden. Hierbei wurden mit allen Teilnehmenden Perspektiven, Herausforderungen und mögliche Entwicklung in der Bildungsforschung angeregt besprochen. Unter andrem lag der Fokus dabei auf Chancen der Wissenschaftskommunikation und der Rolle der Wissenschaft im demokratischen Diskurs.

Den inhaltlichen Abschluss des Tages bildete eine gemeinsame Postersession, für die alle Nachwuchsforschungsgruppen eingeladen waren, ausgewählte Projektergebnisse zu präsentieren. Diese Chance wurde natürlich genutzt, um mit den anderen Teilnehmenden über Thomas Englisch-Feedback-Performanztest, Philipps Beratungs-Performanztest und die neusten Erkenntnisse von Lea und Christoph zum OSTE in den Austausch zu kommen. 

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals herzlich für die Organisation und Ausrichtung des Statusgruppenseminars und den Austausch und das Feedback bedanken und freuen uns auf das nächste Treffen im kommenden Herbst.  

Blick aus dem Statusgruppenseminarraum – Bildnachweis: Philipp Wotschel

Vorträge und Poster:

  • Grotegut, L.; Janzen, T.; Wotschel, P. & Vogelsang, C. (2025, 28. Februrar). Ein Objective Structured Teaching Examination für das Lehramtsstudium Physik [Poster]. 8. Statusseminar der BMBF-Nachwuchsforschungsgruppen „Empirische Bildungsforschung“. Universität Hildesheim.
  • Janzen, T. (2025, 28. Februrar). Show, don’t tell. Rollenspielbasierte Simulationsprüfungen (RobS) für zukünftige Englischlehrkräfte [Poster]. 8. Statusseminar der BMBF-Nachwuchsforschungsgruppen „Empirische Bildungsforschung“. Universität Hildesheim.
  • Köller, O. (2024, 27. Februar). Für ein erfolgreiches Leben: Was müssen Jugendliche können, um erfolgreich in die Ausbildung übertreten zu können? [Vortrag]. 8. Statusseminar der BMBF-Nachwuchsforschungsgruppen „Empirische Bildungsforschung“. Universität Hildesheim.
  • Wotschel, P.; Grotegut, L.; Janzen, T. & Vogelsang, C. (2025, 28. Februrar). Gut beraten im Lehramtsstudium? Entwicklung und Erprobung eines handlungsnahen Prüfungsformates. [Poster]. 8. Statusseminar der BMBF-Nachwuchsforschungsgruppen „Empirische Bildungsforschung“. Universität Hildesheim.