Das erste Paper im Kontext unserer Nachwuchsgruppe ist nun open access verfügbar! In dem Artikel gehen wir der Frage nach, wie Lehramtsstudierende rollenspielbasierte Simulationen wahrnehmen. In dieser Kurzzusammenfassung geben wir euch einen kurzen Überblick über die wichtigsten Aspekte. Tiefergehende Informationen z.B. zur Theorie und Methodik findet ihr im Artikel selbst. Hier kommt ihr direkt zum Artikel in der Zeitschrift die hochschullehre.
Was sind Kontext und Ziele der Studie?
Oft wird kritisiert, dass das Lehramtsstudium einen zu geringen Bezug zur späteren Berufspraxis habe (vgl. Cramer, 2014). Wie wir auf diesem Blog auch schon oft angesprochen haben, könnten rollenspielbasierte Simulationen eine Möglichkeit sein, handlungsnahe Kompetenzen, die relevant für die spätere Berufspraxis sind, schon in der Hochschule zu üben und insbesondere zu prüfen. Um einen ersten Eindruck davon zu gewinnen, wie Studierende als prospektive Testpersonen solche Formate wahrnehmen, haben wir einen Teil davon befragt.
Unsere Forschungsfragen waren:
- Inwiefern haben Lehramtsstudierende im Laufe ihres Studiums Erfahrungen mit Rollenspielen (oder ähnlichen Simulationen) als Prüfungs- und/oder Übungsformat gemacht?
- Wie beurteilen Lehramtsstudierende Rollenspiele (oder ähnliche Simulationen) als Prüfungsformat im Lehramtsstudium?
Wie sind wir vorgegangen?
In einer standardisierten Online-Umfrage haben wir N = 620 Lehramtsstudierende aus dem Master of Education an der Universität Paderborn befragt. In dem Fragebogen gab es sowohl offene Fragen, als auch geschlossene Fragen. Die offenen Fragen haben wir inhaltsanalytisch (Kuckartz, 2016), die geschlossenen Fragen zunächst deskriptiv ausgewertet und im Anschluss durch Faktorenanalyse zu Skalen (Authentizität, Fairness, Transparenz) zusammengefasst.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
- Ein Großteil der Studierenden (71,8%) hat noch keinerlei Erfahrungen mit Rollenspielen oder anderen simulationsbasierten Formaten, egal ob als Übung oder Prüfung.
- 85,8% der Studierenden gaben an, keine Erfahrungen mit Rollenspielen als Prüfungsformat zu haben.
- 8,5% der Studierenden haben Erfahrungen mit Rollenspielen als unbenotete Prüfung, 0,5% (n=3) als benotete Prüfung.
- Studierende, unabhängig ob mit oder ohne Erfahrung, sehen in Rollenspielen einen hohen Grad an Authentizität, sind aber eher skeptisch was Transparenz und Fairness angeht.
- Positiv wurde von den Studierenden herausgestellt, dass Rollenspiele einen hohen Bezug zur Berufspraxis aufzeigen würden. Kritisch wurde aber betrachtet, ob so ein Format es wirklich erlaube zu zeigen, was man könne und ob dies objektiv bewertbar sei.
Wie sind die Ergebnisse zu betrachten?
Studierende im Lehramt der Universität Paderborn haben bisher wenig Berührungspunkte mit rollenspielbasierten Simulationen, obwohl andere Professionen, wie die Medizin, diese schon länger einsetzen.
Erkennbar ist, dass Studierenden das Format als authentisch für den späteren Beruf einschätzen, aber auch, dass es für sie wichtig ist, dass die Bewertungsmaßstäbe transparent und möglichst objektiv sind. Wir vermuten, dass es hier, trotz Erklärungen im Fragebogen, aber auch zu Missverständnissen gekommen sein könnte, was das Format des Rollenspiels angeht, und diese nicht mit dem Grad der Standardisierung assoziiert wurden, wie es in simulationsorientierten Prüfungen üblich ist. Den aktuellen Arbeiten in den Projekten von Philipp und Thomas, in denen sie sich mit Bewertungsmöglichkeiten von rollenspielbasierten Simulationen auseinandersetzen, kommt also auch aus Studierendensicht eine zentrale Relevanz zu.
Einschränkend möchten wir erwähnen, dass die Befragung nur an einer Universität statt. Letztendlich gibt uns diese Studie aber erste Indizien darauf, was Studierende mit Rollenspielen im Lehramt verbinden und welche Einstellungen Sie bezüglich des Einsatzes dieser als Prüfung haben.
Interesse geweckt? Die umfassende Darstellung des Vorgehens und der Ergebnisse sind im Artikel zusammengefasst und open-access abrufbar. Wir freuen uns über Nachfragen, Anmerkungen und weitere, anregende Ideen!
Literatur:
- Cramer, C. (2014). Theorie und Praxis in der Lehrerbildung. Bestimmung des Verhältnisses durch Synthese von theoretischen Zugängen, empirischen Befunden und Realisierungsformen. DDS – Die Deutsche Schule, 106(4), 344–357. (Link)
- Kuckartz, U. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Beltz.
- Meier, J., Janzen, T., Wotschel, P. & Vogelsang, C. (2023). Rollenspielbasierte Simulationen als Übungs- und Prüfungsformate im Lehramtsstudium. Eine explorative Studie zu Erfahrungen und Einschätzungen aus Studierendensicht. die hochschullehre, Jahrgang 9/2023. (Link)