Hedwig Dohm und die Top Girls alla 1902

In der Zeitschrift „Wir Frauen“ gibt es in der neuesten Ausgabe einen Artikel zum Werk „Die Antifeministen“ der deutschen Frauenrechtlerin Hedwig Dohm.

Diese Schrift aus dem Jahre 1902 könnt ihr im Projekt Gutenberg finden (das Kapitel 1 ist der ganze Text).

Dohm setzt sich in „Die Antifeministen“ mit viel Spott kritisch mit den Aussagen von Antifeministen auseinander, die Die Frau (TM) lieber in der Küche sahen als im Berufsleben. Dohm zeigt die widersprüchliche Argumentation der Antifeministen auf und macht deutlich, es geht um die Angst der Männer vor weiblicher Konkurrenz (und davor keinen Kaffee mehr zu bekommen):

Die Frauenfrage in der Gegenwart ist eine akute geworden. Auf der einen Seite werden die Ansprüche immer radikaler, auf der anderen die Abwehr immer energischer. Letzteres ist erklärlich. Je dringender die Gefahr der Fraueninvasion in das Reich der Männer sich gestaltet, je geharnischter treten ihr die Bedrohten entgegen. Und sind ihre Waffen vom Zahn der Zeit schartig geworden, sie putzen sie blank mit der ethischen Phraseologie, die noch immer ihren Schriftsteller – wenn er vom Mittelschlag ist – nährt.

Doch sie setzt sich auch mit Antfeministinnen auseinander. Ja, denn auch 1902 gab es anscheinend schon Top Girls. Mit dem Begriff Top Girls bezeichnet die Kulturwissenschaftlerin Angela McRobbie das Phänomen, dass sich Frauen in Spitzenpositionen vom Feminismus abgrenzen. Dohm kritisiert hier, dass diese Frauen  – Lou Andreas-SaloméLaura Marholm und Ellen Key – die absolute Unterordnung der Frau unter Mann und Kind fordern, aber selber als Autorinnen erfolgreich in eine Männerdomäne eingedrungen sind:

Ich komme zu einem betrübenden Abschnitt meiner Verteidigungsschrift, zu dem Abschnitt: »Weib gegen Weib.« Die drei Frauen, gegen die ich mich wende, sind starke Individualitäten. Sie vertreten nicht wie die Ärzte Meinungsgruppen. Sie stehen für sich allein. Darum muß ich sie mit Namen nennen.

[…]

Wenn Frauen, die als Mütter, Gattinnen und Hausfrauen ein volles Genügen finden, von ihrer Persönlichkeit, ihren Bedürfnissen ausgehend, sich den Frauenbestrebungen gegenüber feindlich verhalten, so haben sie, eben vermöge ihrer Persönlichkeit, eine gewisse Berechtigung für ihren Standpunkt, wir können ihn verstehen.

Wenn aber freidenkende Schriftstellerinnen, die selbst der Enge des Hausfrauentums entschlüpft, im goldenen Licht der Freiheit atmen, sich gegen die Frauen wenden, so machen sie sich einer Undankbarkeit schuldig, da sie doch schon die Früchte ernten von dem, was jene gesäet.

Hedwig Dohm war eine Visionärin. Sie hat sich nicht von den “ Riesenreklamen“ der Antifeminist_innen abschrecken lassen und mit Stolz für eine bessere Zukunft von Frauen in Deutschland gekämpft und geschrieben:

Revolutionen werden nicht mit Rosenwasser gemacht. Es braucht aber nicht gerade Blut zu sein. Die Zeit ist die größte Revolutionärin; nur schreitet ihr eherner Schritt langsam, langsam aufwärts.

Und das ist die tiefe Tragik der Vorausdenkenden, daß sie ihre Zeit nie erleben, das heißt, sie kommt erst, wenn sie gegangen sind.

Texte von und zu Hedwig Dohm findet ihr in der Paderborner UB und unter http://www.hedwigdohm.de/.

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