Ghosting – Geistergleiches Verschwinden in der Malerei

Lea Schulte-Lindhorst: Bis in die Puppen, Arcyl auf LW, 130 x 150 cm

Alina Jakobi: Stimmen der Zeit, Arcyl auf LW, 80 x 100 cm

Alyssa Bergstreiser: O.T., Öl auf Holz, 60 x 56 cm

Gina Müntefering: Du bleibst, Arcyl auf LW, 60 x 80 cm

Das Phänomen des „Ghostings“ ist nicht nur ein Begriff aus der digitalen Kommunikation, sondern kann als eine Metapher für das geisterhafte Verschwinden und der Abwesenheit von Etwas gelesen werden. Ghosting, ein Begriff, der ursprünglich den plötzlichen Kontaktabbruch in zwischenmenschlichen Beziehungen beschreibt, wird hier als Ausgangspunkt einer malerischen Auseinandersetzung verwendet. Dieses Seminar untersucht das Unsichtbare als künstlerisches Konzept und erforscht, wie sich das Motiv des Hirngespinstes, der Transparenz und der Unschärfe sowohl gestalterisch als auch thematisch in der Malerei manifestieren lässt. Wie wird das Flimmern von Vorstellungen, das Verblassen von Bildern und das Verschwinden von Formen sichtbar gemacht? Welche Techniken können Abwesenheit und die Fragilität des Sichtbaren in der Malerei ausdrücken? Auf der Suche nach gesellschaftlichen, psychologischen Themen und ästhetischen Konzepten werden wir Transparenz und Lasur als Maltechniken kennenlernen. Die Technik der Lasur ist bereits seit der Antike bekannt, wurde jedoch besonders mit der Entwicklung der Ölmalerei in der Renaissance perfektioniert. Durchscheinende Farbebenen können, richtig eingesetzt, eine Wirkung von Tiefe, Lichteinfall, Fragilität oder Flüchtigkeit erzeugen und eine malerische Illusion vermitteln. In frühen fotografischen Verfahren, wie der Langzeitbelichtung, entstanden „Geisterbilder“, wenn sich Objekte oder Personen während der Aufnahme bewegten. Diese Effekte, ursprünglich technische Unzulänglichkeiten, wurden später bewusst als gestalterisches Mittel genutzt, um Mehrdeutigkeit, Vergänglichkeit und vermeintlich okkulte Beweise darzustellen. Dies zieht sich bis in die heutige Bildbearbeitung und zeigt sich in den Social Media Kanälen – beispielsweise bei der Simulation von Deepfakes – bei der das Spiel mit Realität und Illusion genutzt, um Sichtbarkeit und Authentizität zu inszenieren. Gleichzeitig eröffnet die Auseinandersetzung mit neuen digitalen Technologien und Social Media in Bezug auf Malerei – Fragen nach Sichtbarkeit, Erinnerung und Bildmanipulation. Diese Techniken werfen grundlegende Fragen nach dem Verhältnis von Bild und Wirklichkeit auf: Was zeigt ein Bild wirklich und was bleibt verborgen?

Das Seminar verbindet diese theoretischen Überlegungen mit einer künstlerisch-praktischen Herangehensweise: Das Experimentieren mit Lasurtechniken, Sprühfarben und dem Einbeziehen von digitale Arbeitsmethoden in die Malerei. So entstehen Werke, die Abwesenheit und das Flüchtige thematisieren und gleichzeitig neue technische und konzeptuelle Ansätze erproben. Durch Gruppengespräche und Reflexion von Arbeitsschritten wird der kreative Prozess individuell begleitet. Zeitgenössische Positionen dienen als Inspiration, um das visuelle Vorstellungsvermögen zu erweitern. Dieses Seminar richtet sich an alle, die Interesse an experimentellen Techniken, aktuellen Bildthemen und der Reflexion über das Sichtbare und Unsichtbare in der Malerei haben.

Lehrende: Carolin Israel

Lajla Dizdar: RB89, Arcyl auf LW, 100 x 80 cm

Lara Bartsch: Verlust, Arcyl auf LW, 40 x 50 cm