Positions-Post: Meine Position „Forschendes Lehren“

Vorstellungen vom Forschendem Lehren. In Anlehnung an BFS_FD_Forschendes Lernen ( Koala.upb.de/Praxissemester2016
Erste Vorstellungen vom Forschendem Lehren. In Anlehnung an BFS_FD_Forschendes Lernen ( Koala.upb.de/Praxissemester2016)

Forschendes Lehren

Um diesen Post gerecht und sinnbringend beantworten und erstellen zu können, habe ich im Rahmen meiner Positionsfindung mir Gedanken gemacht, was Forschendes Lehren überhaupt bedeutet und wie meine Interpretation dieses vielseitigen Konzeptes aussieht. Das Konzept ist wie viele Kommilitonen auch für mich neu, weshalb ich mich intensiv mit damit auseinander setzen musste, um zunächst ein Grundverständnis aufzubauen.

Durch das Praxissemester sind die Studierenden des Masterstudiengangs – Lehramt am Berufskolleg für mindestens fünf Monate in zwei verschiedenen Settings eingesetzt. Am Lernort Schule absolvieren die Studierenden Anwesenheitszeiten, wo sie Lehrkräfte hospitieren und eigene Unterrichtsstunden planen, durchführen und reflektieren. Am Lernort absolvieren sie Seminare und werden in das Thema des Forschendes Lehren eingeführt. Worauf zielt aber Forschendes Lehren ab und was verbindet Forschendes Lehren mit der Praxisphase im Lernort Schule. Durch meinen Einsatz an beiden Lernorten durchlebe ich zwei Stufen oder Arten des Handelns. Während ich im Berufskolleg didaktisches Handeln erlerne und übe, komme ich meinen Verpflichtungen als Studierende der Universität Paderborn im Rahmen des Begleitseminars nach. Wo sehe ich aber die Verbindung zwischen diesen zwei verschiedenen Lernorten, zumal ich einerseits lehren/unterrichten soll und andererseits einer Forschungsfrage nachgehen soll. Mir sind schon sehr früh Probleme und Schwierigkeiten innerhalb meiner Anwesenheit in der Schule aufgefallen. Diese manchmal sehr kleinen aber doch gravierenden Probleme erstrecken sich zwischen Individueller Förderung der Schülerinnen und Schüler in Lehr/Lernarrangements und der Sinnhaftigkeit und des Kompetenzzuwachses des Praxissemesters im Allgemeinen. Diese „Probleme“ und Fragen, die aus meinem didaktischen Handeln an der Schule entstehen, dienen perfekt als Grundlage für mein Forschendes Handeln in der Universität. Hier sehe ich ein Schnittpunkt, wo ich die Fragestellungen zur Optimierung des didaktischen Handelns in wissenschaftliche Forschungen einbetten und beantworten kann, um somit einen Transfer zu schaffen und sowohl das didaktische Handeln als auch meine Fähigkeiten im wissenschaftlichen Arbeiten zu erweitern.

Gehen wir einen Schritt zurück und stellen uns die Frage, warum ungeklärte Probleme und Fragen im Setting Schule entstehen können:

Das deutsche Bildungssystem wird durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst und organisiert. Während die Curricularen Verankerungen und Vorgaben auf Länderebene gestaltet werden, werden die Ausbildungsordnungen (im Rahmen des Berufskollegs) von den zuständigen Kammern und anderen Interessensgruppen vertreten. Sie sehen, eine Lehrkraft muss verschiedenen Anforderungen von verschiedenen Interessensgruppen gerecht werden. Nehmen wir die curriculare Gestaltung des Unterrichts als Beispiel. Während für vor nicht all zu langer Zeit noch eine Wissenschaftsorientiere und somit Inputorientierte Gestaltung der curricularen Vorgaben der Länder im Fokus stand, wurde diese durch die Handlungs- und Kompetenzorientierte Gestaltung abgelöst. Gründe dafür sind Wissenschaftliche Erkenntnisse, Paradigmenwechsel aber auch Politische Wahlen. Diese neuen Begebenheiten und Umstellungen bringen nach der Einführung immer erste Probleme der Umgestaltung und Fragestellung mit sich. Forschendes Lehren kann in solchen Situationen Lehrkräften helfen, diese Umstände zu beseitigen und Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. Wie durch dieses Beispiel ersichtlich wird, unterliegt Lehren ständigen Einflüssen und somit einem ständigen Wandel. Auch der demografische Wandel und die Einflüsse des Web 2.0 sind hier gravierend. Um den Anforderungen gerecht werden zu können, müssen Lehrkräfte sich individuell weiterentwickeln.

Dieser Entwicklungsprozess wurde von Prof. Dr. Hugo Kremer am 20.04.2016 während des Begleitseminars als „Professionalisierung“ betitelt. Dieser Begriff inspirierte mich sehr und beschreibt meine Position zum Forschenden Lehren. Forschendes Lehren bedeutet für mich die individuelle Professionalisierung. Das in den Seminarfolien eingeblendete Zitat von Schneider „Lernen im Format des Forschens ergibt sich nicht emergent, sondern stellt die Frage danach, wie der je eigene, zumeist auf Alltagserfahrung beruhende Erkenntnisprozess (von Studierenden) mit den Formen wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung didaktisch zu synchronisieren ist, immer wieder neu.“ (Schneider 2009, S. 33), spiegelt meine Position des Forschenden Lehrens wieder. Ich möchte die Begründung meiner Position an die vorgegebenen Kompetenzbereiche der Lehrkräfte aus der Kultusministerkonferenz von 2004 anlehnen. Innovieren wird als die kontinuierliche Verbesserung des Unterrichts definiert.(vgl. KMK 2004) Das heißt, dass Lehrkräfte Bereitschaft und Engagement zeigen müssen, ihr individuelles didaktisches Handeln gewollt zu ändern, zu verbessern und oder den soziokulturellem Wandel anzupassen. (vgl. Ertl & Kremer 2005, S. 56 f.) Somit fällt das Konzept des Forschenden Lehren meiner Meinung nach unter die geforderte und integrierte Teilkompetenz des Innovierens und ist ein unentbehrlicher Bestandteil des Lehrerberufes und der Entwicklung und Gestaltung der Berufskollegs.

Innerhalb des „Spannungsfelds“ aus dem Informationsblatt des Seminars vom 20.04.2016 stellt das Forschende Lehren für mich eine Möglichkeit zur individuellen Kompetenzentwicklung und Professionalisierung aus oben genannten Gründen dar. Die Ergebnisse und Erkenntnisse, die ich aus meiner Forschung entnehme können aber auch zur Schulentwicklung beitragen, da Erkenntnisse die mit dem Lehrerkollegium geteilt werden, neue Reize verschaffen können und von diesen auch genutzt werden können. Ich kann keine eindeutige Aussagen darüber machen, ob Forschendes Lehren für mich Praxisbezogen oder Wissenschaftsbezogen ist. Hier würde ich mich mittig innerhalb des Intervalls bewegen. Die Forschungsfrage entnehme ich der Praxis, die ich wissenschaftsbezogen versuche zu beantworten. Mit den Erkenntnissen verbessere ich mein individuelles didaktisches Handeln und erweitere meine Kompetenzen „Innovieren“. Hier liegt meiner Meinung nach eine streng miteinander verknüpfte Beziehung zwischen der Praxis und der Wissenschaft vor. Die Wissenschaft ist ein Werkzeug, um die Praxis zu verbessern. Eine separierte Koexistenz erweist sich für mich als nicht sinnvoll und sinnstiftend. Ich kann jedoch eindeutig behaupten, dass das Forschende Lehren zu den Aufgaben eines Lehrenden gehört. (siehe oben)

Summa summarum möchte ich festhalten, dass das Konzept des Forschenden Lehrens ein breites Spektrum der Interpretation und Positionierung bietet. Wie sich die Lehrkräfte einordnen und ihre Position zu diesem Konzept beziehen, ist eine Auslegungssache. Wichtig ist jedoch zu erwähnen, dass die Anforderungen und Aufgabengebiete an und der Lehrperson ohnehin schon sehr anspruchsvoll sind und durch das Konzept des Forschenden Lehrens zunächst etwas erschwert werden. Wenn dieses Konzept jedoch schon in der Lehrerausbildung verankert und integriert wird, lernen die Lehramtsanwärter früh, wie sie mit diesem Konzept umgehen und sehen, dass Forschendes Lehren effektiv eingesetzt einige Probleme und Schwierigkeiten im Beruf beheben können.

 

6 Gedanken zu „Positions-Post: Meine Position „Forschendes Lehren““

  1. Hallo Kübra,
    mir gefällt, dass Du sehr weit aus geholt hast und so den Bogen gemacht hast um darauf zu kommen was Forschendes Lehren für Dich meint. Auch die Zielformulierung, dass dies zukünftig zu einem Pflichtbestandteil der Lehrerausbildung gehört.
    Grüsse Steffie

  2. Hey Kübra,

    dein Beitrag ist äußerst ausführlich und nachvollziehbar be- /geschrieben. Dass du direkt auf passende Zitate eingegangen bist, erleichtert dir sicherlich die Fundierung innerhalb der Forschungsarbeit. Zudem zeigt es, dass du dich bereits intensiver mit dem Thema auseinander gesetzt hast.
    Jedoch würde ich die ersten vier Absätze nicht so stark ausformulieren. Ich denke, dass diese nicht zwangsläufig zielführend für deine Positionsbestimmung sind und somit im Rahmen der 20 Seiten deiner Forschungsarbeit gekürzt, nicht gelöscht, aber gekürzt werden könnten.

    Ansonsten ist der Beitrag definitiv rund.

    Viele Grüße
    Sebastian

  3. Hi Kübra,

    du siehst Forschendes Lehren als einen Bestandteil der Professionalität eines Lehrers und hast dich schon durch das Hinzuziehen von Literatur mit dem Forschenden Lehren auseinandergesetzt.
    Du strebst forschendes Lehren als einen Pflichtbestandteil der Lehrerausbildung an. Was für Kompetenzen sind für dich für das forschende Lehren wichtig? Sind diese mit unserer Ausbildung bereits erworben worden?

    Viele Grüße

  4. Hey Kübra,
    toller Beitrag. Finde es interesannt zu lesen, was die gängige Literatur unter dem Thema „forschendes Lehren“ fasst.
    Ansonsten geht deine Positionierung klar aus deinem geschrieben heraus und in den ein oder anderen Punkten bin ich ganz deiner Meinung, wie beispielsweise, dass das „forschende Lehren“ zu den Aufgaben von den Lehrkräften fest integriert sein sollte.

  5. Hi Kübra,

    du hast dir bereits viele Gedanken zu dem Thema gemacht und deine Position mit Literatur weiter herausarbeiten können.
    Deiner Meinung, forschendes Lehren in die Lehrerausbildung fest zu integrieren, stimme ich zu. Ich denke, dass es vielen Lehrkräften leichter fallen würde bzw. sie sich überhaupt ernsthaft mit forschendem Lehren auseinandersetzen würden, wenn sie von Beginn an damit vertraut gemacht werden. Den Fragen von Daniel schließe ich mich ebenfalls an. Hier könntest du eventuell noch kurz drauf eingehen, ob die bisherige Ausbildung deiner Meinung nach genügend auf das forschende Lehren vorbereitet.

    Viele Grüße,
    Miriam

  6. Hallo Frau Odabasi,

    Ihre Ausführungen zur Verbindung didaktischen und wissenschaftlichen Handelns sind stringent und für mich gut nachvollziehbar. Auch Ihre Begründungen bzw. Erläuterungen zur Notwendigkeit des forschenden Lehrens sind sehr aufschlussreich.

    Sie weisen zum Schluss Ihrer Positionsbestimmung darauf hin, dass „Forschendes Lehren effektiv eingesetzt einige Probleme und Schwierigkeiten im Beruf beheben kann“. Was verstehen Sie unter einem „effektiven Einsatz“?

    Viele Grüße

    Christof Gockel

Schreibe einen Kommentar