Schreiben

Stefanie Schäfer, Sarah Henke & Yvonne Lohmeier

 

Nachdem Sie nun Ihre Forschung geplant, durchgeführt und ausgewertet haben, besteht der nächste Schritt darin, Ihre Ergebnisse schriftlich festzuhalten. Dieses Kapitel gibt Ihnen dabei Hilfestellung.

Textsorten erschließen – Texte konzipieren

Jede Schreibaufgabe bringt unterschiedliche Anforderungen mit sich. Das Ziel eines Essays ist ein anderes als das einer schriftlichen Ausarbeitung. Der Stil eines Flyers unterscheidet sich stark von dem eines Presseartikels. Alle Texte haben jedoch gemeinsam, dass sie von verschiedenen Faktoren bestimmt werden, die sich gegenseitig beeinflussen.

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Abbildung 1: Dimensionen der Textproduktion (Frank/Haacke/Lahm 2007, S. 118.)

Klären Sie im Vorfeld, welche Anforderungen an den Forschungsbericht gestellt werden, den Sie verfassen. Hierbei können Sie die Praxissemesterbroschüren heranziehen. Außerdem können dabei auch die folgenden Fragen eine Hilfe sein:

Kontext

  • In welchem Rahmen schreibe ich den Text? (z.B. Fachdisziplin, Organisation)
  • Wie schreibt man in diesem Zusammenhang? (z.B. Sprachstil, Fachwörter)
  • Welche (impliziten) Regeln gelten in diesem Kontext?
  • Welche Rolle habe ich in diesem Zusammenhang? Welche Hierarchieebenen bestehen ggf.?
  • Wo, wann und unter welchen Bedingungen wird der Text gelesen?

Thema und Inhalt

  • Worüber schreibe ich?
  • Was ist/sind die zentrale/n Aussage/n meines Textes?

Ziel und Funktion

  • Wozu schreibe ich? Was will ich mit dem Text erreichen?
  • Wozu dient der Text? Was ‚tue‘ ich in diesem Text? (z.B. informieren, berichten, überzeugen)

Adressaten

  • An wen wendet sich der Text? Wer sind die Leser_innen?
  • Was erwarten die Leser_innen? Was wünschen sie sich?
  • Was wissen die Leser_innen? Was ist neu?
  • An welchen Punkten bin ich mit meinen Leser_innen evtl. gleicher bzw. anderer Meinung?

Rolle und Haltung

  • In welcher Rolle schreibe ich diesen Text? (z.B. den Forschungsbericht als angehende_r Wissenschaftler_in und Student_in)
  • Welche Haltung habe ich zu der Schreibaufgabe, den Leser_innen und dem Thema?
  • Sind meine Rolle und meine Haltung zur Schreibaufgabe miteinander in Einklang (zu bringen)?

Form

  • Wie ist der Text typischerweise aufgebaut?
  • Wie soll zitiert und belegt werden?
  • Welche Vorgaben gibt es zum Layout?
  • Wie sind Sprach- und Wortwahl? 

Ins Schreiben kommen

Es gibt nicht DIE eine Methode, die den Schlüssel zu einem gelungenen Text darstellt. Abhängig von der Textart und individuellen Herangehensweisen kann der Weg zum Text unterschiedlich gestaltet werden. Deshalb ist es hilfreich, neue Methoden und Strategien auszuprobieren, zu reflektieren und darüber das eigene Repertoire zu erweitern. Auf diese Weise können Sie unterschiedlichen Schreibaufgaben flexibel begegnen. Im Folgenden werden zwei Möglichkeiten der Textproduktion vorgestellt, die Sie für Ihren Forschungsbericht nutzen können.

Drauflos-Schreiben mit anschließender redaktioneller Arbeit

Dieses Vorgehen verbindet Phasen des Kreierens mit Phasen des Kontrollierens. Es dient einem ersten Sammeln von Ideen und der Freisetzung von ungewohnten und assoziativen Einfällen sowie der Reflexion von Gedanken und Geschriebenem. Nach einem Clustering und freiem Schreiben (kreieren), wird in einem zweiten Schritt dazu übergangen, seine Gedanken zu ordnen und seinen Text zu überarbeiten (kontrollieren). Folgende Schritte bieten dafür eine Orientierung:

  1. Markieren Sie auf dem Papier einen Rand von ca. vier Zentimetern.
  2. Machen Sie zügig ein Cluster zu einem Unterthema Ihres Schreibprojektes (fünf Minuten).
    Clustering ist eine visuelle Brainstormingmethode, bei der es darum geht, Ideen und ungewohnte Einfälle hervorzulocken, aber noch nicht zu strukturieren! Schreiben Sie dafür Ihr Unterthema in die Mitte eines Blattes und schreiben Sie alles auf, was Ihnen dazu einfällt, auch Abwegiges, Absurdes, Witziges.
    Diagramm 14
  3. Wählen Sie eine Idee aus Ihrem Cluster aus und schreiben Sie einfach drauflos, ohne sich Gedanken über Stil oder Struktur zu machen (sieben Minuten).
  4. Machen Sie nun fünf Minuten Pause und gehen Sie kurz spazieren.
  5. Überarbeiten Sie nun Ihren Text, indem Sie an jeden Sinnabschnitt schreiben, was jeweils das Thema und die Hauptaussage des Abschnitts sowie seine Funktion für die Textstruktur sind.
  6. Überprüfen Sie dann die Reihenfolge der Aussagen und ändern Sie sie ggf. Schneiden Sie hierfür die Textteile mit einer Schere auseinander und fügen Sie sie neu zusammen.

Fokussiertes Freewriting nach dem IMRAD-Schema

Das IMRAD-Schema geht auf die Struktur wissenschaftlicher Arbeiten zurück, die in der Regel folgendermaßen aufgebaut sind: Introduction – Material und Methods – Results – and Discussion (s.a. hier).

Diese Elemente werden zur Planung des Schreibprozesses übernommen und mit kurzen Phasen des freien und kreativen Schreibens verbunden, sodass sich fünf Schritte ergeben:

  1. Introduction: Welche Frage wollen Sie in Ihrer Forschungsarbeit beantworten? Von welchem Problem gehen Sie aus? Was wollen Sie herausfinden? Schreiben Sie fünf Minuten lang zügig alles auf, was Ihnen zu diesen Leitfragen einfällt, ohne dabei auf Stil und Ausdruck zu achten! Bitte schreiben Sie in ganzen Sätzen.
  2. Material and Methods: Auf welche Weise wollen Sie Ihre Frage beantworten? Wie gehen Sie im Forschungsprozess vor? Fünf Minuten drauf los schreiben – bitte wieder in ganzen Sätzen.
  3. Results: Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich? Was haben Sie bereits herausgefunden? Fünf Minuten drauf los schreiben.
  4. Discussion: Was bedeuten Ihre Erkenntnisse? In welcher Beziehung stehen Ihre Ergebnisse zu den Positionen Anderer? Fünf Minuten drauf los schreiben.
  5. Lesen Sie das Geschriebene noch einmal durch. Markieren Sie die Gedanken, die Sie in Ihrem Schreibprojekt weiter verarbeiten und vertiefen wollen.

Diese Methoden dienen dem Schreibeinstieg und sind Möglichkeiten, während des Schreibens neue Impulse zu erhalten. Jeder Mensch hat andere Vorlieben; wandeln Sie die Methoden gern so ab, dass sie für Sie passen. Alles, was funktioniert, ist erlaubt!

Textüberarbeitung und Korrektur

Damit Texte gut werden, müssen sie sinnvoll überarbeitet werden. Planen Sie ausreichend Zeit für diesen Arbeitsschritt ein. Zur Textüberarbeitung gehören sowohl die Überprüfung der Struktur und Stringenz des Textes als auch die Überarbeitung auf sprachlicher Ebene (Wortwahl, Satzstruktur). Überarbeiten Sie am besten immer am Papierausdruck.

Strukturelle Überarbeitung:

Eine Möglichkeit der strukturellen Textüberarbeitung ist der technische Blick auf den Text. Schreiben Sie an jeden Absatz bzw. Sinnabschnitt:

Was ist das Thema des Absatzes?

Was ist die Hauptaussage des Absatzes?

Welche Funktion hat der Absatz im Hinblick auf die Textstruktur?

Anschließend können Sie überlegen, ob die Abfolge sinnvoll und nachvollziehbar ist. Fehlt ein gedanklicher Schritt? Ist etwas im Hinblick auf die Gesamtstruktur überflüssig? Sortieren, streichen und ergänzen Sie wo nötig oder sinnvoll.

Sprachliche Überarbeitung:

Überprüft wird die Satzstruktur, die möglichst klar sein und ohne viele Einschübe auskommen sollte. Schachtelsätze vermindern die Lesbarkeit der Texte. Zu kurze Sätze drücken hingegen oft den wissenschaftlichen Zusammenhang nicht angemessen aus. Es geht um eine präzise und verständliche Vermittlung des Inhalts, ohne den/die Leser_in mit der komplexen Syntax zu überfordern. Deshalb empfiehlt sich folgendes Schema: [Nebensatz+] Hauptsatz + Nebensatz [+Nebensatz]. Wichtig ist, dass die Hauptaussage im Hauptsatz steht und nicht nebenbei in einen Nebensatz erwähnt wird.

Um eine gute Lesbarkeit zu erreichen, sind Überleitungen sehr wichtig. Dies können Konnektoren (Adverbien, Konjunktionen, Subjunktionen) zwischen den Sätzen oder ganze Sätze zwischen den Absätzen sein. Wenn Sie Fachbegriffe einsetzen, achten Sie auf eine präzise Verwendung. Gibt es zu einem Fachwort mehrere Definitionen, muss klargestellt werden, wie es in der vorliegenden Arbeit zu verstehen ist.

Korrektur:

Zum Abschluss überprüfen Sie die Orthografie und Formatierung.

Schreiben als Prozess

Diagramm 15

Alle vorgestellten Methoden und Schritte finden sich an bestimmten Stellen im Schreibprozess wieder. Dieser Prozess umfasst mehrere Phasen, die nicht unbedingt der Reihe nach durchlaufen werden. Oft sind Rückwärtsloopings nötig, um neues Material zu sammeln, zu überarbeiten usw.

Ein Austausch über das eigene Schreibprojekt ist in allen diesen Phasen sinnvoll. Holen Sie sich schon früh eine Rückmeldung, nicht erst kurz vor der Abgabe. Dabei können Freunde, Mitstudierende oder spezielle Angebote in der Universität (z.B. das Kompetenzzentrum Schreiben) helfen.

 

Literaturempfehlungen:

Boeglin, M. (2007). Wissenschaftlich arbeiten Schritt für Schritt. Gelassen und effektiv studieren. München: Wilhelm Fink Verlag, UTB.

Frank, A., Haacke, S., Lahm, S. (2013). Schlüsselkompetenzen: Schreiben in Studium und Beruf. 2. Auflage. Stuttgart, Weimar: J.B. Metzler.

Kruse, O. (2007). Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium. 12. neu bearbeitete Auflage. Frankfurt: Campus.

Voss, R. (2014). Wissenschaftliches Arbeiten …leicht verständlich. 3. überarbeitete Auflage. Konstanz, München: UKV Verlagsgesellschaft, UTB.

 

Literatur:

Böttcher, I., Czapla, C. (2002). Repertoires flexibilisieren. Kreative Methoden für professionelles Schreiben. In Perrin, D., Böttcher, I., Kruse, O., Wrobel, A. (Hrsg.), Schreiben (S.183-203). Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

Elbow, P. (1998). Writing with Power. Techniques for Mastering the Writing Process. New York: Oxford University Press.

Frank, A., Haacke, S., Lahm, S. (2007). Schlüsselkompetenzen: Schreiben in Studium und Beruf. Stuttgart, Weimar: J.B. Metzler.

Girgensohn, K. (2007). Neue Wege zur Schlüsselqualifikation Schreiben: Autonome Schreibgruppen an der Hochschule. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.

Girgensohn, K., Sennewald, N. (2012). Schreiben lehren, Schreiben lernen. Eine Einführung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Kruse, O. Berger, K., Ulmi, M. (2006). Prozessorientierte Schreibdidaktik. Schreibtraining für Schule, Studium und Beruf. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt.

Rico, G. L. (2002). Garantiert Schreiben lernen. 13. Auflage. Hamburg: Rowohlt.

 

Weitere Quellen:

Flyum, K.H. (2007). Präsentation der Übung ‚Schreiben nach dem IMRAD-Schema‘ auf der EATAW Tagung in Bochum.

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