Zwei Möglichkeiten der Nutzung digitaler Medien im Unterricht: das digitale Schulbuch und die digitale Exkursion

Da viele Teilnehmer der Springschool Geschichte auf Lehramt studieren, wurden zwei Möglichkeiten der Nutzung von digitalen Medien im Geschichtsunterricht vorgestellt und anschließend über ihre Vor- und Nachteile diskutierte. Stellvertretend für das digitale Schulbuch haben wir einen genaueren Blick auf das mBook geworfen, beispielhaft für eine virtuelle Exkursion besuchten wir die digitale Umsetzung des Anne-Frank-Museums. Die beiden folgenden Abschnitte beinhalten meine Gedanken über die Potentiale der digitalen Umsetzungen im Vergleich zu ihren analogen Vorbildern.

1.) Das digitale Schulbuch

Ein Anspruch, den man an ein Schulbuch stellt, ist, dass es möglichst den aktuellen Forschungsstand des jeweiligen Faches widergeben sollte. Bei einem analogen Schulbuch ist dieser Anspruch nur sehr eingeschränkt zu erfüllen, denn die jeweilige Schule wäre gezwungen, in sehr hoher Frequenz neue Bücher anzuschaffen. Dass dies schon allein aus Kostengründen unmöglich ist, versteht sich von selbst. Eine umsetzbare Lösung könnte hierbei das digitale Schulbuch bieten. Anstatt das komplette Buch neu anzuschaffen, müsste die Schule lediglich das Schulbuch auf den neusten Stand „updaten“, indem die aktualisierte Datei des Herstellers heruntergeladen wird. Je nach Vertrag mit dem Hersteller sollte es so möglich sein, kostengünstiger den aktuellen Forschungsstand darzustellen. Vorstellbar wäre etwa ein Zeitvertrag zwischen Schule und Hersteller, in welchem der Hersteller für einen Zeitraum regelmäßige Updates auf den aktuellen Forschungsstand garantiert. Ein weiterer Vorteil des digitalen Schulbuchs besteht in der Vielfalt der Aufgaben und der Quellen. Während sich die medialen Darstellungsformen in einem analogen Schulbuch zwangsweise auf Bilder und Texte beschränken, können in einem digitalen Schulbuch zusätzlich Videos und Audiospuren genutzt werden, um sowohl Quellen als auch Aufgaben darzustellen. In dem mir vorliegendem mBook besteht zusätzlich die Möglichkeit, sich Bilder in hoher Auflösungen anzusehen und in sie hineinzuzoomen. Die Größe eines abgedruckten Bildes ist im Gegensatz dazu durch die Größe des Buches limitiert. Nicht nur können Aufgaben durch weitere Medien vielfältiger gestaltet werden, auch bei der Binnendifferenzierung kann das digitale Schulbuch der Lehrkraft eine Hilfe sein. Es wäre etwa denkbar, dass den Schülerinnen und Schülern individuell abhängige Aufgaben angezeigt werden, die sich sowohl methodisch als auch inhaltlich unterscheiden. Um das Textverständnis eines schwächeren Schüler zu unterstützen, könnte ein Text beispielsweise zusätzlich in gesprochener Form durch eine Audiospur vermittelt werden. Darauf aufbauend bietet das digitale Schulbuch Möglichkeiten die Diagnose von Schülerinnen und Schülern für die Lehrkraft zu erleichtern. Es ist etwa vorstellbar, dass das Programm dem Schüler/ der Schülerinn und der Lehrkraft automatisch Rückmeldung über die Richtigkeit der bearbeiteten Aufgabe gibt. Sowohl der Schüler/ die Schülerinn selbst als auch die Lehrkraft können sich so einen Überblick über die jeweiligen Schwächen und Stärken verschaffen. Auch wäre es theoretisch möglich, dass das Programm mithilfe dieser Daten die Aufgaben automatisch an das Individuum anpasst und dadurch wiederum die Binnendifferenzierung fördert. Auch eine leichtere Hausaufgabenkontrolle wäre durch eine Online-Abgabe denkbar. Einen letzten Vorteil des digitalen Geschichtsbuches im Vergleich mit einem analogen, den ich hier noch vorstellen will, ist die Möglichkeit, Kommentare zu setzen; eine Funktion, die auch in dem mir vorliegendem mBook angeboten wird. Schülerinnen und Schüler können hierbei beliebige Stellen im Buch markieren und kommentieren und dadurch etwa unsichere Stellen oder Fragen zu bestimmten Themen leicht wiederfinden. Auch die Lehrkraft kann diese Funktion nutzen und die jeweiligen Kommentare sogar für anderes Lehrpersonal sichtbar schalten. Den Lehrkräften ermöglicht dies eine erleichterte Absprache etwa über Fehler innerhalb des Schulbuches oder über Stellen, an denen Schülerinnen und Schüler häufig auf Probleme stoßen.

Doch meine ich auch artspezifische Nachteile eines digitalen Schulbuches zu erkennen. Einerseits ist es zwar, wie schon beschrieben, für die Schule günstiger mithilfe von Updates auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben, andererseits wird allerdings ein, im Vergleich mit einem physischen Buch, relativ teures Gerät benötigt, um das digitale Schulbuch überhaupt nutzen zu können. Zwar kann man mittlerweile, und in der nahen Zukunft noch mehr, davon ausgehen, dass jeder Schüler so ein Gerät besitzt, doch auch diese können ausfallen und dies wird wahrscheinlich häufiger geschehen als bei einem analogen Buch. Auch fällt mir, jedenfalls bei diesem speziellen mBook, negativ auf, dass Videos häufig nicht in dem Programm an sich gespeichert sind, sondern nur auf ein Youtube-Video verwiesen wird. Dadurch ergeben sich mir zwei Probleme. Erstens bedeutet dies eine Abhängigkeit vom Internet. Gerade in einer Schule mit vielen Schülern, in der man noch nicht einmal davon ausgehen kann, dass das Internet überhaupt in einer stabilen Weise zur Verfügung steht, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Internetverbindung schlicht zu langsam ist, um das Video allen Schülern zur Verfügung zu stellen. Zweitens macht sich der Hersteller des digitalen Schulbuches damit meiner Meinung nach zur sehr von dem Anbieter des Videos abhängig. Dieser kann das Video etwa  jederzeit löschen oder es kann wegen falschen Nutzungsrechten gesperrt werden. Zuallerletzt besteht noch die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler durch ein digitales Schulbuch leichter abgelenkt werden als mit einem analogen. Es könnte beispielsweise dazu kommen, dass sich die Schülerinnen und Schüler lieber dazu entscheiden, alle Videos anzuschauen, anstatt auch die Texte zu lesen. Auch bieten die Geräte, an denen das digitale Buch genutzt wird, selbstverständlich noch weitere Funktionen, wie etwa das Surfen im Internet; ein Vorgang, welcher von der Lehrkraft schwer zu kontrollieren ist.

2.) Die virtuelle Exkursion

Auch die digitale Umsetzung einer Exkursion bietet viele Vorteile. Es ist um einiges einfacher, ein virtuelles Museum zu betreten, denn der Benutzer ist unabhängig von Zeit und Ort. Auch während des Besuches bleibt der Nutzer unabhängiger, er kann sich bestimmte Dinge so lange ansehen wie er möchte und kann den Besuch sogar frühzeitig abbrechen und später fortsetzen. Auch bieten virtuelle Exkursionen oft die Möglichkeit mithilfe von Rekonstruktionen Orte zu besuchen, die uns nicht mehr erhalten sind und in Folge dessen auch gar nicht mehr real besucht werden können, so geschehen etwa bei der antiken Stadt Troja. Bei meinem konkreten Beispiel, der virtuellen Umsetzung des Anne-Frank-Hauses, ist dies allerdings nicht der Fall, denn das Haus kann man auch „ganz in Echt“ betreten. Ob man sich nun mit einer Schulklasse für einen Besuch im echten Anne-Frank-Museum entscheidet oder doch lieber die virtuelle Variante nutzt, ist eine Entscheidung, die von bestimmten Faktoren abhängig ist. Einer von ihnen ist z.B., ob überhaupt die Zeit und die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um das echte Museum zu besuchen, schließlich befindet sich das Anne-Frank-Haus in Amsterdam. Sollten diese Mittel nicht zur Verfügung stehen, sehe ich die virtuelle Exkursion als gute Alternative an, denn man kann sich relativ frei bewegen und umsehen und auch die Sprachausgabe erinnert ein wenig an eine Museumsführerin. Ganz auf einen Besuch des echten Museums verzichten würde ich nach Möglichkeit jedoch nicht. Durch den realen Besuch bekommen die Schülerinnen und Schüler, auch durch die Aura des Ortes, verstärkt den Eindruck, dass es sich hierbei um etwas „Besonderes“ handelt; ein Effekt, der in hohem Maße das Interesse und die Neugier der Schülerinnen und Schüler wecken kann. Auch wird die Aufmerksamkeit durch die verstärkte emotionale Bindung an den Ort erhöht. Die Schülerinnen und Schüler können sich vor Ort leichter in die Situation der Verfolgten hineinversetzen. Die virtuelle Exkursion sollte man meiner Meinung nach nicht als Ersatz, sondern nach Möglichkeit als Ergänzung zur echten Exkursion verwenden. Als Ergänzung zur echten Exkursion bietet das virtuelle Museum den Vorteil, dass in den Räumen persönliche Gegenstände der Menschen präsentiert werden, die normalerweise nicht zu sehen sind. Darauf aufbauend kann das Wissen und der Eindruck, welche mit dem Besuch des Hauses entstanden sind, verfestigt werden, indem dem Benutzer ergänzende Informationen in Form von Film, Sprache und Text dargeboten werden.

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