Voyant

 

Im Bereich der Geschichte geht es häufiger um die quantitative Auswertung von Quellen. Dabei ist es offensichtlich, dass bei dieser Art der Textanalyse es weit schnellere Wege gibt Quellen auf eine bestimmte Sprache hin zu untersuchen. Gerade wenn man im Begriff ist eine Unmenge an Quellen auf bestimmte Begriffe und deren Kontext zu untersuchen, ist es mühselig dies, wie vor 50 Jahren durch das sogenannte Scanning durchzuführen. Scanning beschreibt hierbei das bloße Überfliegen eines Textes während man auf Schlüsselbegriffe achtet. Dass hierbei oftmals Begriffe übersehen werden können, scheint nur alzu logisch. Daher haben sich Informatiker angeschickt eine Software zu entwickeln, die einem Historiker diesen zeitaufwendigen Vorgang erspart. Das Ergebnis ist ein Programm mit dem Namen Voyant. Voyant kann mittels des sogenannten distant readings einen Text auf bestimmte Begriffe hin untersuchen und übersichtlich in einer Grafik darstellen. Aus diesen lassen sich im Anschluss Erkenntnisse gewinnen, die bei der Analyse einer Quelle durchaus hilfreich sind.

Im Folgenden werde ich anhand einiger Begriffsbeispiele eine kurze Analyse zu Adolf Hitlers Reden von 1933-45 durchführen. Hierbei liegt die Konzentration auf Begriffe, die einen Bezug zur Relgion herstellten sollen. Durch die relativ große zeitliche Spanne lassen sich genauere Aussagen über die Unterschiede innerhalb der Reden herausarbeiten.

Zunächst möchte ich in diesem Rahmen mit dem Wort Erlös beginnen. Um damit möglichst alle Variationen des Begriffs abzudecken ( zum Beispiel: Erlösung, erlösen,…etc.), gibt Voyant automatisch vor, den Begriff mit einem Sternchen zu markieren. Dieser Trick ist übrigens auch sinnvoll bei der Suche wenn Google verwendet wird. Wie auf der nachfolgenden Abbildung zu sehen ist, zeigen sich kaum Ausschläge, was die Häufigkeit betrifft. In den Reden von 1933-36 findet erlös* dabei gar keine Nennung. Im Jahre 1937 und 1942 findet sich dieser Begriff lediglich einmal in der Rede wohingegen in der Rede im Reichstag von 1939 erlös* ganze sechsmal zu verzeichnen ist. Eine erste Vermutung könnte sein, dass Hitler dabei eine Art Übersicht zur Schau stellt, in der er bekundet von welchem Unheil er die deutsche Bevölkerung seiner Meinung nach erlöst habe. Das könnte in diesem Fall beispielsweise die aus seiner Sicht verhasste Weimarer Republik sein, die er als eher schwaches System ansah. Somit versuchte er dem Volk das Vertrauen in sich selbst und der eigenen Stärke wieder zu beleben. Ironischerweise verweist Hitler bei der letzten Verwendung von erlös* auf das fünfjähriger Bestehen des Nichtangriffspaktes mit Polen, in welchem Abschnitt er daraufhin nicht müde wird zu betonen, welchen Dienst er damit beiden Staaten erwiesen habe. Wenig später überfiel die Wehrmacht dann eben jenes Polen und stürzte Europa damit in einen Krieg.

Neben der absoluten Häufigkeit von erlös* kann man sich aber auch den Kontext direkt zeigen lassen und dabei die Länge des Kontextes mit der Anzahl der umgebenden Wörter beschreiben.

Wurde gerade auf ein Wort eingegangen, was sich eher auf die Vergangenheit und deren Wertung berief, kommt nun mit „Hoffnung“ eines, was sich eher an die Zukunft orientiert. Wenn man sich hier nun die absoluten Zahlen ansieht, wie häufig das Wort „Hoffnung“ in den Reden zwischen 1933-45 verwendet wurde, dann fällt auf, dass Hitler in der ersten Rede mit keinem Wort Hoffnung erwähnt. Erst 1934 ist ein ganz starker Ausschlag zu verzeichnen, der sich in einer Häufigkeit von siebenmal äußert und damit den größten Ausschlag zeigt. Nach einigen Aufs und Abs stellen sich dann 1940 und 1941 die letzten Peaks ein. Im Anschluss an das Jahr 1941 sinkt die Häufigkeit und damit sprichwörtlich die Hoffnung auf 0. Daraus lässt sich ableiten, dass Hitler diese Euphorie und die Nutzung der Hoffnung in eine bessere Zukunft erst 1934 richtig ergriff. Allerdings verwendet er diesen Begriff nicht nur um die Hoffnung der Anhänger auszudrücken, sondern auch um die (vergebliche) Hoffnung seiner Gegner zu zerstören. Wenn man sich hingegen die Kurve ab 1941 ansieht, dann wird augenscheinlich, dass der Begriff Hoffnung bei jeder Niederlage der deutschen Streitkräfte während des Krieges schwächer ausgeprägt war. Ab 1943, welches auch Jahr auch gleichzeitig die Niederlage in Stalingrad markierte und damit die Wende an der Ostfront einleitete, kommt in den hier gezeigten Reden kein Hoffnungsbegriff mehr vor.

Neben den absoluten Zahlen kann man sich auch noch das relative Verhältnis der Häufigkeit von Hoffnung zu der Anzahl der insgesamt verwendeten Wörter in der Rede ansehen, wordurch sich ein etwas anderes Bild ergibt.

 

Reflektionstext

Ich war im ersten Moment überrascht, was alles möglich ist mit einem Textverarbeitungsprogramm wie Voyant. Es gibt eine Vielzahl an Tools die einem bei einer quantitativen Anlyse sicherlich weiterhelfen können, wenn man eine große Anzahl an Quellen vor sich liegen hat. Auf der anderen Seite ist man aber auch darauf angewiesen, dass die Quelle zunächst digital vorliegt und in zweiter Instanz auch als richtige Dateiart vorliegt. Des Weiteren eignet sich dieses Tool lediglich zur quantitativen Methode. Um wirklich aussagekräftige Erkenntnisse zu sammeln, genügt es des Öfteren nicht bloße Zahlen sich vor Augen zu halten, sondern es muss auch eine inhaltliche Analyse, also eine qualitative Untersuchung erfolgen, wobei man dann nicht um die alte Fähigkeit des Lesens herum kommt.

Ich habe hier in diesem kleinen Blogeintrag nicht mal die Hälfte der Tools verwendet, die Voyant zur Verfügung stellt, daher kann eine abschließende Beurteilung zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgen. Was ich allerdings schon hier ausdrücken kann ist, dass Voyant sicherlich hilfreich ist, wenn es um eine Präsentation der Ergebnisse geht, selbt wenn es sich hierbei lediglich um Worthäufigkeiten geht. Es sieht einfach klasse aus solche Wortkarten zu erstellen und diese dann in vielen verschiedenen Farben darzustellen. Auch der Spaßfaktor sollte hierbei nicht unterschätzt werden.

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