Reflexion meines didaktischen individuellen Handlungsmodells

Als normative Grundlage für mein didaktisches Handlungsmodell habe ich das didaktische Dreieck gewählt, welches die Beziehungen zwischen Lehrenden, Lernenden und dem Lerngegenstand abbildet. Für die Institution Schule bilden meiner Meinung nach diese drei Komponenten Eckpfeiler und Stützpunkte des Systems. Würden diese Eckpfeiler fehlen, würde das System Schule nicht funktionieren.

Das didaktische Dreieck habe ich um zwei weitere Ebenen erweitert. Die Elemente innerhalb des Vierecks stellen Faktoren dar, welche ich als Lehrperson selber beeinflussen kann und welche auf das konkrete Beziehungsgeschehen zwischen Schüler, Lehrkraft und Lerngegenstand normativ einwirken. So liegt es in meiner Verantwortung und Pflicht ein Lehr-Lernarrangements kompetenzorientiert zu gestalten und die vollständige Handlung (Planung, Durchführung, Kontrolle) einfließen zu lassen. Lehrpersonen an Berufskollegs werden dazu aufgefordert, dass die Lernenden den Lerngegenstand problemorientiert und konstruktiv aufarbeiten und erlernen. Ziel des Unterrichts ist es nicht den Lernenden konkrete Inhalte im Plenum vorzustellen. Gefahr besteht hierbei, dass träges Wissen entsteht und performatives Wissen nicht entwickelt werden kann. Besondere Bedeutung muss dem Lebensweltbezug gewidmet werden. Denn nur wenn der Lerngegenstand einen Bezug zum Leben der Lernenden aufweist, können die Schüler und Schülerinnen kognitiv motiviert werden, sodass Wissen in der Performanz im alltäglichen Leben angewendet werden kann. Zudem geht die Lehrkraft über die Informationsvermittlung und der Vorbereitung von Problemstellungen hinaus, indem lediglich die Rolle eines Lernbegleiters eingenommen wird, welcher eigenverantwortliche und soziale Lernprozesse unterstützt. Besonders betonen möchte ich den Punkt des „Classroom-Managements“. Denn berufliche Schulen sind geprägt von unterschiedlichen Bildungsgängen mit differenten Bildungsniveaus. Die Jugendsprache dient als ein Ausdrucks- und Identifikationsmittel junger Menschen und stellt einen Gegenpol zur Schule dar. Viele Lehrkräfte beklagen sich über die Brutalität und Vulgarität der Jugendsprache und nehmen diese als Unterrichtsstörung wahr. Lehrpersonen sind daher gefordert, sich mit der Jugendsprache auseinander zu setzen und zu verstehen, warum Schüler und Schülerinnen in dieser Weise sprechen. Zudem ist durch die Digitalisierung das Smartphone als zentraler Unterrichtsstörfaktor in den Fokus geraten. Lehrpersonen müssen in der Lage sein jegliche Störungen adäquat zu unterbinden, ohne weitere Störungen zu verursachen.

Die Faktoren außerhalb des Vierecks stellen Elemente dar, welche von außen auf die Institution Schule und primär auf die Lehrpersonen einwirken. Lehrkräfte sind dazu verpflichtet ihren Unterricht nach konkreten Curricula zu gestalten. Didaktische Jahresplanungen Bildungspläne und Rahmenlehrpläne sind besonders im Rahmen der Makrodidaktik zu benennen. Darüber hinaus spielen das Schulleitbild und die Schulkultur eine große Rolle für die Institution Schule. Wirbt die Schule mit besonderen Kompetenzen in Wirtschaft und Verwaltung, muss die Lehrpersonen diesen Anforderungen gerecht werden und über tiefgehende Fachkompetenzen in der Domäne verfügen. Schließlich werden Lehrpersonen ständig mit der Erwartungshaltung von Betrieben, Eltern und der Gesellschaft konfrontiert. Professionalität, Flexibilität, Binnendifferenzierung, Empathie, Respekt und vor allem Reflexionsfähigkeit sind Eigenschaften, die von Lehrpersonen stets gefordert werden. Hierbei muss gesagt werden, dass Lehrpersonen nie ausgelernt sind und stets ihre eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten weiterentwickeln. Jeder Unterricht, jeder Kontakt mit Schüler und Schülerinnen und jede Situation gilt kontinuierlich zu reflektieren, um die eigene Entwicklung zu fördern.

erste Verdichtung bisheriger Erfahrungen

Im Rahmen meiner jetzigen Erfahrungen habe ich festgestellt, dass besonders die Kompetenzbereiche Unterrichten und Erziehen von normativer Bedeutung für mich, für das System Schule und vor allem für meine Praktikumsschule sind. Wie bereits in meinem gelungenen Unterrichtsbeispiel beschrieben, spielt die Fachkompetenz der Lehrpersonen eine große Rolle für die Unterrichtsqualität und kann als Indikator für guten Unterricht dienen. Lehrpersonen werden dazu aufgefordert den Unterricht fach- und sachgerecht zu planen und durchzuführen und als Fachleute für das Lehren und Lehren bestimmter Lerninhalte zu agieren. Die fachlichen Inhalte müssen vorab von Lehrperson so durchdrungen werden, dass diese im zweiten Schritt den Unterricht so aufbereiten können, dass die Lernenden die Inhalte erlernen können. Indem die Lernenden merken, dass die Lehrkraft ein Experte für das Fach ist und Leidenschaft für die konkreten Inhalte besitzt, werden sie motiviert bzw. angeregt am Unterrichtsgeschehen teilzunehmen. Zudem ist es wichtig, dass die Schüler und Schülerinnen durch lebensnahe und situationsbezogene Handlungssituationen bzw. Lernsituationen motiviert und kognitiv aktiviert werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Lernenden aktiv am Unterricht teilnehmen und befähigt werden Zusammenhänge zwischen Theorie- und Praxis zu erkennen. Dadurch, dass das Erlernte einen Lebensweltbezug besitzt, kann träges Wissen verhindert werden und die Schülerinnen und Schüler können das Gelernte nutzen. Des Weiteren finde ich den Kompetenzbereich des Erziehens bedeutend für das System Schule. Denn als Lehrkraft besitzen wir nicht nur einen Bildungs-, sondern auch einen Erziehungsauftrag (§ 2 SchulG). Wir als Lehrkräfte werden dazu angehalten, Jugendliche und Heranwachsende in ihrer Entwicklung zu fördern und zu einer selbstständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu erziehen. Lehrpersonen müssen die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen der Schüler/innen kennen und diese in die individuelle Entwicklung einfließen lassen. Für mich stellt dieser Punkt eine große Herausforderung dar, die Einsicht in die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen nur begrenzt möglich sind. Schüler/innen kommen in der Regel nicht von selbst auf einen zu und erzählen von bestimmten Problemen im Elternhaus oder im Freundeskreis. Wir als Lehrpersonen sind daher auf äußere und auffällige Indikatoren wie Kleidung, Äußeres und Sprache beschränkt. Was konkret im Inneren des Lernenden vor geht, bleibt oft unerkannt. Durch die hohe Schüleranzahl ist es leider nicht möglich mit jedem einzelnen Schüler ein gezieltes Gespräch zu führen. Ich werde jedoch versuchen, konkret auf auffällige und frustrierte Schüler und Schülerinnen einzugehen, um ihre Lebenswelt zu verstehen und ihnen zu helfen bzw. sie zu motivieren…

…bisherige Unterrichtserfahrungen im Kontext Wirtschaftswissenschaften

Entscheidet man sich die berufliche Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften zu studieren und zu unterrichten, sollte bewusst sein, dass diese Fachrichtung durch unterschiedlichste Klassen, Lernfelder und Bildungsgänge geprägt ist. Mit Bezug auf meine Praktikumsschule, das Johann-Conrad-Schlaun-Berufskolleg, welches neben technischen, sozialen Schwerpunkten den Fokus auf Wirtschaft und Verwaltung legt, wird deutlich, dass kaufmännische Inhalte in nahezu allen Bildungsgängen vermittelt werden. So müssen in den Berufsfachschulen (Anlage B) im Fachbereich Technik/Naturwissenschaften im Berufsfeld Metalltechnik kaufmännische Inhalte handlungsorientiert vermittelt werden. Es wird deutlich, dass Lehrkräfte mit der beruflichen. So wird gefordert, dass die Lehrkräfte den Lebensweltbezug der Lernenden verstehen und nur durch situationsbezogene Beispiele fachliche Inhalte vermitteln können. Würde man beispielsweise eine Klasse im Fachbereich Technik (konkret: Metalltechnik) unterrichten, liegt die Empfehlung nahe, eine Kalkulation einer Fräsmaschine durchzuführen. Zudem teilt sich die berufliche Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften im schulischen Kontext in unterschiedliche Fächer auf. Rechnungswesen,BWL, VWL,Geschäftsprozesse und Informationswirtschaft sind Beispiele, welche zeigen, dass Lehrkräfte aufgefordert werden unterschiedliche Fächer zu unterrichten.

Im Rahmen meines Praxissemesters konnte ich verschiedene Lehrkräfte und somit verschiedene Lehrerpersönlichkeiten beobachten. Durch vermehrte Hospitationen konnte ich erkennen, welche Parameter für guten Unterricht sorgen können. Besonders möchte ich auf die Lehrerpersönlichkeit und die klare Strukturierung des Unterrichts eingehen. Unter klare Strukturierung des Unterrichts verstehe ich, dass das Unterrichtsmanagement funktioniert und wenn die Lernenden erkennen, dass sich ein roter Faden durch die Stunde zieht. Hierzu zählt, dass die Aufgabenstellungen klargestellt werden. die einzelnen Unterrichtsschritte deutlich markiert werden und die Phasierung des Unterrichts transparent wird. Den Lernenden müssen schließlich in der Lage sein, das Ziel des Unterrichts zu erkennen bzw. dieses zu können. Ich konnte während der Hospitationen beobachten, dass einige Lehrkräfte nur noch Zettel und Aufgabenstellungen in der Klasse verteilen und die Lernenden dazu aufgefordert werden diese Zettel zu lesen und die Aufgaben zu bewältigen. Es fehlte den Lernenden der rote Faden, sie bekamen keinen Einstieg und das auffälligste war, dass die Schülerinnen und Schüler die Aufgabenstellungen nicht verstanden. Problematisch war hierbei, dass sie erstens nicht einordnen konnten, um welche Thematik es sich handelt und zweitens die fachlichen Inhalte nicht verstanden, da diese nicht besprochen wurden. Darüber hinaus spielt die Lehrerpersönlichkeit eine normative Rolle für den Unterricht. Wie bereits in dem gelungenen Unterrichtsbeispiel erwähnt, ist guter Unterricht dann erfahrbar, wenn die Leidenschaft der Lehrkraft zum Fach erfahrbar wird und die Lernenden immer wieder begeistert werden. Dies kann durch aktuelle Beispiele aus den Medien oder mit Bezug auf den Lebensweltbezug der Lernenden geschehen. Zudem sollte diese Lehrkraft flexibel handeln können und digitale Kompetenzen beherrschen, um Inhalte visuell am Smartboard festzuhalten.

In Bezug auf meine eigenen Unterrichtsversuche kann ich sagen, dass ich direkt damit anfing eine eigene Unterrichtsreihe zum Thema „Unternehmensformen“  im beruflichen Gymnasium zu lehren. Lustiger weise hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass ich circa zwei Doppelstunden hierfür benötige. Mein Zeitmanagement war zu dem Zeitpunkt noch nicht ausgereift, sodass ich letzten Endes sechs Schulstunden benötigte, um die die Reihe abzuschließen. Da das Thema viele unterschiedliche Unternehmensformen enthielt, musste ich mich selber vorbereiten und in das Thema reinlesen. Alleine schon die Unternehmensform der Aktiengesellschaft bedurfte einige Tage, um die wichtigsten Inhalte herauszuarbeiten und zu verstehen. Fragen wie „Was ist eine Stückaktie/ Inhaberaktie/ Nennwertaktie“ musste ich vorab recherchieren. Auch wenn es heißt, dass wir als Studierende voll mit Fachwissen sind, heißt es nicht, dass wir in die Schulen gehen und das Wissen aus den Ärmeln schütteln können. Ich muss mich explizit auf die Themen vorbereiten und diese fachliche so aufbereiten, dass ich die Inhalte methodisch und didaktisch reduziert wiedergeben kann. Die didaktische Reduktion spielt eine normative Rolle. Denn gerade in Bildungsgängen wie der Berufsfachschule sind fachliche Inhalte so zu reduzieren, dass die Lernenden die Fachinhalte verstehen können.

Grundsätzlich kann ich aufgrund meiner Hospitationen und eigener Unterrichtsversuche sagen, dass verschiedene Lehrerkompetenzen und die fachdidaktischen Standards zur Lehrerbildung wie zum Beispiel fachdidaktische Ansätze, Konzepte fachdidaktischer Planung und Evaluation von Unterricht, Methoden und Medien für den Unterricht etc. von normativer Bedeutung für den Unterricht sind. Dennoch habe ich mich bis jetzt nicht konkret auf einzelne Standards fokussiert und diese expliziert wahrgenommen. Ich glaube, dass diese im konkreten Unterrichtsgeschehen, in der Mikroperspektive, so maßgeblich sind, dass sie für die Lernenden, für die Lehrkräfte und für uns als Praxissemesterstudenten selbstverständlich sind und der Unterricht ohne diese Standards in der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften nicht stattfinden kann. Weiterhin werde ich mir vornehmen, diese Standards und Lehrerkompetenten stärker wahrzunehmen und für meinen Unterricht zu beherzigen.

…ein gelungenes Unterrichtsbeispiel! Die Liebe zum Fach als Indikator für guten Unterricht!

Ich möchte ein gelungenes Unterrichtsbeispiel zum Thema Konjunktur im Fach Volkswirtschaftslehre im Ausbildungsgang Berufsfachschule (Höherer Handel) vorstellen. Mein Mentor in Wirtschaftswissenschaften unterrichtet in der Klasse zweimal in der Woche und musste die Klasse kurzfristig übernehmen, da eine Referendarin ihre Prüfung erfolgreich absolviert hat. Bedeutend daran ist, dass die Lehrkraft die Schüler und Schülerinnen der HHO2 nicht gut kennt und dennoch in der Lage war, einen fachlich gut aufbereiteten Unterricht zu kreieren, welcher auf das Vorwissen der Lernenden aufbaut und in der Interaktion mit den Lernenden die Inhalte vermittelt werden konnten. Ziel der Unterrichtsstunde war, dass die Schüler und Schülerinnen verschiedene Konjunkturindikatoren kennen und diese auf die einzelnen Konjunkturphasen einordnen bzw. übertragen können. Der Einstieg erfolgte durch eine Vorwissensaktivierung, indem die Lehrkraft die Begriffe Wirtschaftswachstum, Konjunktur und Bruttoinlandsprodukt mit Hilfe der Lernenden wiederholte. Anschließend zeichnete er den Wachstumspfad bzw. den Konjunkturverlauf an das Smartboard. Nachdem der Zyklus visualisiert wurde, wurden die Lernenden dazu aufgefordert die verschiedenen Konjunkturindikatoren tabellarisch in die verschiedenen Konjunkturphasen einzuordnen. Dies wurde erneut visuell am Smartboard im Plenum besprochen. Besonders erstaunt bzw. besonders gelungen an diesem Unterrichtsbeispiel fand ich, dass die Lehrkraft in der Lage ist, die Schüler und Schülerinnen alleine im Dialog mit ihm zu aktivieren und so fachliche Inhalte mit den Lernenden zu erarbeiten. Mit Hilfe des Smartboards konnten die Lernenden eine Visualisierung der Indikatoren und Phasen kreieren, welche längerfristig im Gedächtnis bleiben. Kurz gesagt, war ich erstaunt, dass die Lehrkraft die Fähigkeit besitzt, den vollständigen Unterricht mit Hilfe der Schülerantworten aufzubauen und sie so lenken konnte, dass sie auf die fachlich richtigen Inhalte gekommen sind. Bedeutend war hierbei auch, dass man seine Liebe zum Fach Wirtschaftswissenschaften erkennen konnte und er konkrete und lebensnahe Beispiele nennen konnte, um die Schüler und Schülerinnen zu aktivieren. So kann schlussgefolgert werden, dass die Leidenschaft und das Interesse am Fach ein normativer Faktor sein kann, um guten und interessanten Unterricht aufzubereiten. Zudem sollte man sich mit digitalen Medien, besonders dem Smartboard gut auskennen, da es eine wunderbare Hilfe sein kann (durch die vielen Tools) um Inhalte visuell darzustellen. Mir ist hier bewusstgeworden, dass guter Unterricht dann entstehen kann, wenn die fachlichen Inhalte konkret durchdrungen werden und das persönliche Interesse spürbar wird. Somit kann ich die These: „Fachinhalte immer vor Methode“ verifizieren. Denn der Unterricht lief zwar frontal ab, jedoch verlief er stetig schülerorientiert und aktivierend für die Lernenden, sodass keine Gruppenarbeit oder Partnerarbeit notwendig war.