In regelmäßigen Abständen organisieren Studierende Filmabende in Paderborn an wechselnden Orten. Dazu gehört der Kontakt mit den FilmemacherInnen, die Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation der Filme. Die Räume müssen verdunkelt und die Projektoren gewartet sowie gut und sicher aufgestellt und bedient werden. Da die meisten Super 8 Filme stumm sind, suchen die Studierenden nach rhythmisch und atmosphärisch passenden Musikstücken. Filme, die nie für den öffentlichen Raum und die Vorführung vor einem nicht-familiären Publikum gedacht waren, bekommen an diesen Abenden anderes Gewicht und neue Wertschätzung, die sich im Dialog von FilmemacherInnen, Studierenden und Publikum entwickelt. Die Veranstaltungen fanden auch in der lokalen Presse Resonanz.
Presseartikel
„Kindheit im Blick der Super8-Kamera“, PUZ, Ausgabe 1/2017
„Mit Super-8-Filmen auf Reisen“, Studenten laden in den „Sputnik“ ein, Neue Westfälische, 23.07.2013
„3. Super-8-Filmabend im Sputnik“, Universal, Ausgabe 179/2013
Der Raum für Kunst richtete die erste Veranstaltung 2012 im Rahmen eines Wettbewerbs aus: Home Movies gestern und heute. Der Vergleich zu neuen Arbeiten auf Video offenbarte die Qualitäten des Super 8 Films als Beobachtungsmedium. Weniger Inszenierung als Konzentration auf Eindrücke und Liebe zum Detail standen im Vordergrund. Das lässt sich zwar nicht verallgemeinern, wirft aber Fragen auf über den womöglich vom Medium beeinflussten Umgang mit Zeit und Raum. Die am Abend gezeigten Super 8 Filme ermöglichten dem sehr gemischten Publikum Reisen an verschiedene Orte, auch in die ehemalige DDR. Man sah ein Haus am Jahnplatz entstehen und erlebte den Bau eines kleinen Swimmingpools im Garten mit. Eine Hochzeit in den 1960er Jahren offenbarte neben familiären Zusammenhängen auch die Sicht auf den „Look“ der Zeit: auf der Straße und im Wohnzimmer, in Mode, Mobiliar, Zigaretten und Automarken.
Im Sputnik, einer Kulturkneipe in der Stadt, fanden die weiteren Veranstaltungen des „Living Archives“¹ statt; einer Idee folgend, die Super 8 Filme in den 1980er Jahren bereits in Eckkneipen in Berlin und anderen Städten zur Aufführung brachte, standen die Atmosphäre des Raumes, das Projektorgeräusch und die musikalische Begleitung des Programms in einem Bezug zur filmischen Erfahrung. Alexander Schulz, ein Student, der die Abende und Projektionen maßgeblich begleitete, schildert seine Eindrücke:
„Die Projektion fand nun erstmals im Sputnik statt, welches mit einer tragbaren Leinwand und einigen Stuhlreihen ausgestattet wurde. Im Verhältnis zum Raum für Kunst herrschte dort eine noch intimere Atmosphäre, die so auf der Grenze zwischen privatem Screening und öffentlicher Präsentation verlief. Die auch räumlich sehr offene Form der Veranstaltung – die Eingangstür öffnete sich direkt in den Vorführraum hinein – trug ihr Übriges dazu bei, dass sich neben den eingeladenen Filmschaffenden und Gästen auch viele Stammkunden des Lokals dazu setzten, stehen blieben oder das Programm von der Bar aus beobachteten. Das ständige Kommen und Gehen führte dabei niemals zur Unruhe, sondern verlieh dem Abend eine nicht planbare Lebendigkeit, die sich auch auf den Ablauf der Vorführung übertrug. Nach einer kurzen Vorstellung der jeweiligen Filmschaffenden begannen die meisten von ihnen, frei zu ihren eigenen Bildern zu assoziieren. Amüsante Anekdoten, längst verschüttete Erinnerungen und neu erkannte Zusammenhänge brachen sich Bahn, als die mitunter seit über vier Jahrzehnten nicht mehr gesichteten Filme über die Leinwand in ihr Leben zurückfanden.
2013 wurde erneut das Sputnik für ein Programm gewählt, das sich vor allem dem Urlaubsfilm widmete. Unter dem Titel „Paderborn unterwegs“ war auch diese Veranstaltung wieder sehr gut besucht und entfaltete eine vergleichbar positive Grundstimmung. Zusätzlich wurde mit einer nachträglichen Vertonung der Filme experimentiert, indem an ausgewählten Stellen von einer Soundanlage aus bestimmte Musikstücke eingespielt wurden. Ziel war es dabei nicht, die Bilder mit dem Ton zu „überfluten“ oder zu stark zu konterkarieren, sondern eine subtile Kommunikation zwischen den Medien zu erzeugen.“
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¹ Der Begriff “Living Archive” wird hier in Anlehnung an die Initiative des Berliner Kinos und Instituts für Film und Videokunst Arsenal verwendet: “‘Living Archive‘ – Archivarbeit als künstlerische und kuratorische Praxis der Gegenwart” stellt damit den Versuch einer zeitgemäßen Archivaufarbeitung dar, die nicht nur dem Selbsterhalt dient, sondern gleichzeitig Neues schafft und Zugänge herstellt.” Vgl. http://www.arsenal-berlin.de/living-archive/projekte/living-archive-archivarbeit-als-kuenstlerische-und-kuratorische-praxis-der-gegenwart.html