Ula Stöckl

Antigone


BRD 1964
7 min
s/w
Lichtton
35mm auf 16mm
Buch und Regie: Ula Stöckl
Darsteller: Heide Sparmann (Antigone), Surja Balodis (Theiresias), Robert Roeschke (Kreon), Rainer von Dietz (Haimon)

Das klassische Epos auf seine reinen Handlungsmomente reduziert. Trotz der turbulenten Handlung in sieben Minuten, ein „langsamer” Film: Im Krieg gegen Kreon kämpft ein Bruder Antigones für den König, einer gegen ihn. Beide sterben. Einer erhält ein Begräbnis, der andere bleibt auf der Straße liegen.

Antigone widersetzt sich dem König und will den Bruder begraben. Antigone wird lebendig eingemauert, zur Strafe.

Ihr Verlobter Haimon stürzt sich aus Kummer hierüber in den Tod. Aus Kummer über diesen Tod erhängt sich Eurydike, Haimons Mutter. Und wie der weise Seher voraussagt, erwächst dem König Kreon aus all diesem Sterben kein Glück: er wird umgebracht. Macht insgesamt sechs Tote. Obwohl der Krieg vorbei ist.

01: Mit ANTIGONE, ihrem ersten Film, hat Ula Stöckl bereits die Tendenz festgelegt, der alle ihre späteren Filme folgen sollten. Sie benutzt ihren eigenen Erfahrungshintergrund als Fundus für ihre Themen, ohne dabei einfach autobiographisch zu arbeiten und sich selbst zum Mittelpunkt des Films zu machen. Sie inszeniert ihre Filme mit scharfem Blick für die Realität, ohne sie jedoch direkt abbilden zu wollen. Gerade dadurch deckt sie deren Strukturen auf und erreicht damit die Umsetzung der konzeptionellen Ansprüche, dabei die Grenzen des Dokumentarfilms verschiebend.
Daniela Sannwald – In: Anschauung und Begriff: die Arbeiten des Instituts für Filmgestaltung Ulm 1962-1995. Hg. von Klaus Eder, Günther Hörmann u.a., Frankfurt am Main 1995, S. 41.

Ula Stöckl, 1964: Mein wirklich erster Film ist ANTIGONE. Warum Antigone? Warum Antigone so? Antigone als Mensch hat ein Schicksal, das einen Archetypus menschlichen Verhaltens darstellt: Sie vermittelt zwischen den göttlichen und den menschlichen Autoritäten. Das heißt, das Göttliche der an den Menschen gestellten Forderungen ist der Respekt vor dem anderen Menschen noch im Tode. Die Leiche eines im Kriege gefallenen Mannes darf nicht auch noch zum Spott und zur Schande auf der Straße liegen bleiben, wie es die königliche, die Staatsmacht befielt. Weil ich nicht weiß, wie die Menschen damals wirklich gesprochen haben, ist die Sprache nicht lippensynchron. Es soll nur auf die Tatsache hingewiesen werden, daß auch damals gesprochen wurde. Warum diese Form? Siebeneinhalb Minuten? Weil ich mir vorstellte, Antigones Geschichte als eine Art Abendzeitungsbericht zu lesen. Beides, die Form der Berichterstattung und die Geschichte haben mit unserer Realität zu tun.
Ula Stöckl

Links
www.ula-stoeckl.com
http://www.ula-stoeckl.com/Film-Seiten/01_Antigone_E.html

Festivals
Westdeutsche Kurzfilmtage Oberhausen 1964