Linda Christanell

Fingerfächer

A 1982
10:30 min
s/w
Lichtton
16mm

Ein Film, über den es keine Worte gibt – eine Handlung mit der Kamera – Dinge erzählen eine beliebige Geschichte – Dinge sind Obsessionsträger – geben als Fetische Energie ab.
Linda Christanell

Links
http://www.sixpackfilm.com/de/catalogue/show/55

Linda Christanell: Wie ich arbeite (zum Film Fingerfächer)

Wenn ich filme, versuche ich mich in einen Zustand der „fliessenden“ Handlungsfähigkeit zu versetzen, ohne den Intellekt spekulativ einzusetzen. Auf diese Weise arbeite ich mehr mit dem Unbewußten. Den Film Fingerfächer habe ich in einem Tag gefilmt, ohne Drehbuch, spontan aus der Handlung mit der Kamera. Auch die Länge der Szene ist dann eine „gefühlte Zeit“ und keine errechnete. Ich habe eine Sammlung von Gegenständen aller Art. Wenn ich nun zu arbeiten beginne, suche ich mir aus dieser Sammlung Dinge aus, zu denen ich gerade eine besondere Affinität habe. Dinge sind in der von mir verwendeten Weise Bedeutungsträger, Instrumente, Agitationsvehikel und stehen für einen innerpsychischen Zustand. Sie weisen auf etwas, das sie nicht sind.
Im November 1978 schrieb ich über die Arbeit an Objekten: „Ich verwende jeweils die Materialien und das Medium, das meiner Arbeit am besten dient; sei es die Zeichnung, der Bau eines Objektes, das Foto, der Film oder die Performance … Ich liebe Gegenstände. Jeden Gegenstand kann ich meditieren, ich kann mich mit ihm identifizieren, ich sehe an ihm die Zeit vergehen, ich kann ihn zerstören und oft überdauert er den Menschen … „
In letzter Zeit verwende ich oft Schmuckgegenstände: Ohrgehänge, Boutons und Krimskrams, der zum Leben der Frau gehört … und mache Fetische daraus, versuche, diese Dinge in neue Zusammenhänge zu stellen, wo sie Energie ausstrahlen und versuche, ihre sexuelle Bedeutung sichtbar zu machen, teils ironisch, teils ernsthaft. Ich arrangiere mit ihnen Szenen. Die Straßbrosche in Vaginaform oder das Ohrgehänge mit Nägeln aus der Sado-Maso-Szene – oder der Bouton in dem Film Fingerfächer mit der Schrift: „time – vision – action“. Mit diesen Dingen mache ich Zusammenhänge sichtbar. Der Tigermann, auch in dem Film Fingerfächer, steht für den Kult einer wilden Männlichkeit. Mit vielen Dingen, die man in der „In-Szene“ bekommt, werden sexuelle Wünsche transportiert. Der Fingerfächer ist ein von mir gemachtes Objekt. Der Fächer hat eine vielfältige, symbolische Bedeutung; er ist ein Wandlungssymbol, in alten Mythologien steht er auch für das Geschlecht der Frau.
Ich erzähle eine Geschichte, meine Geschichte, meine Geschichte mit meinen Problemen als Frau. Ich vermeide jedoch eindeutige Aussagen und habe eine verschlüsselte, vieldeutige Aussage lieber. Es kann das sein, es kann jenes sein, es kann etwas ganz anderes sein. Ich arbeite mit den bewegten Bildern des Filmes. Der Ton wird in dem Film Fingerfächer als Zitat zur Vermittlung eines bestimmten Gefühlszustandes eingesetzt.
Die meisten meiner Filme spielen sich in Innenräumen ab, auf meinem Arbeitstisch oder Boden, wo die Gegenstände liegen. Ich filme oft mich selber mit, oder einen Teil meiner Ausrüstung, wie z. B. in Fingerfächer die Ketten meines Arri-Stativs, auf die gerade während der Arbeit mein Blick fiel und die ich in das Bild einspiegelte. In dem Film stehen Symbole für Weiblichkeit und Männlichkeit einander gegenüber. In einigen Filmen gibt es lange Szenen in Innenräumen, in denen das Leben der Frau oft beschränkt ist, mit Schmuck und Flitter eingeschlossen – und dann Bilder der Befreiung wie in Fingerfächer am Schluß des Films der Blick aus dem Fenster und die von den Dächern fliegenden Tauben.
Zur Technik der Filme: Ich arbeite gerne mit Fotos, die ich teils illusionistisch, teils als Medium einsetze – mit Animation der Gegenstände – mit Cash, Filter und Spiegel – mit Abfilmen und Überblendungen. Oft gibt es eine sehr langsame Zeit, wie wenn eine Schnecke kriecht, oft fallen die Bilder, durch Einzelbilder immer rascher, von oben nach unten, wie von einer gerissenen Perlenkette. Für mich ist auch der Schwarzfilm zwischen den Szenen wichtig – ein Blackout – oder in „Augenzumachen“. Die Filmbewegung entsteht aus der Abfolge von einzelnen statischen Kadern und seltener gibt es eine tatsächliche Bewegung, einer Person z. B., auf den Kadern. Mich fasziniert Veränderung der Farbigkeit einzelner Szenen. Ganz unmerklich und langsam gibt es eine Veränderung von schwarz-weiß zu Farbe, von Helligkeit zu Dunkelheit. In dem Film Anna vertrocknen am Ende des Films Rosen und verändern dann durch das Hineinspiegeln von Rotlicht dauernd ihre Röte. Oder eine Szene verliert plötzlich die Farbigkeit, wird ganz hell und der Blankfilm wird sichtbar.
Linda Christanell

Links
https://www.sixpackfilm.com/en/catalogue/filmmaker/54/

Festivals
Osnabrück 1984
Oberhausen 1984
Wels – film fest 1994, Werkschau