Differenzsensibilität erleben – MenschensBilder hinterfragen

Am 25. und 26. April 2024 fand in Siegburg das 1. Forum differenzsensible Religionspädagogik unter dem Motto MenschensBilder statt. Dieses Forum steht gewissermaßen in der Tradition des Forums für Heil- und Religionspädagogik, das von 2000 bis 2020 alle zwei Jahre stattgefunden hat. Und doch ist es ganz anders gewesen als die Jahre zuvor. Dem diesjährigen Forum ging ein partizipativer und kreativer Gestaltungsprozess voraus, in dem kleine Knetfiguren die ersten MenschensBilder des Forums waren.[1]

Auf die Frage „Und, wie fandest du das Forum?“ kam im Anschluss an die Veranstaltung meistens die Antwort „Es war so ganz anders als bei anderen Tagungen.“ Die Differenz zum bekannten Tagungsformat mit zahlreichen Vorträgen und kurzen Kaffeepausen war beabsichtigt und spiegelte sich auch im Programm wider, in dem es offene Phasen gab, in denen verschiedene Angebote wahrgenommen und Pausen individuell gestaltet werden konnten. Für mich war das einer der auffälligsten konzeptionellen Aspekte von Differenzsensibilität, die dadurch nicht nur als Forumsinhalt zur Geltung kam. Denn Menschen sind unterschiedlich lang aufnahmefähig und benötigen in unterschiedlichen Rhythmen Unterbrechungen und Erholungsphasen.

Inhaltlich wurde Differenzsensibilität in der Reflexion des eigenen Umgangs mit MenschensBildern erfahrbar. Wie sehe ich Menschen? Wie gehe ich auf sie zu? Welche Unterschiede sehe und mache ich in meinem beruflichen Alltag? Wie bewerte ich Differenzen? In dem Dreischritt Rekonstruktion, Dekonstruktion und Konstruktion fand die Auseinandersetzung mit diesen Fragen auf methodisch vielfältige Weise statt. Von der Gurkentruppe über das Kasperletheater bis zur praxistheoretischen Analyse von Unterrichtsvideos war fast alles dabei. Theaterpädagogisch begleitet wurden die drei Phasen auch performativ durchlebt. Dadurch wurde ein Neujustieren von MenschensBildern möglich. Welche Unterschiede sind wann wie wichtig? Und welche eher nicht? Und am Ende wurde deutlich: Es muss nicht immer Entweder-Oder sein. Differenzsensibilität heißt oftmals auch, Ambivalenzen auszuhalten – und das ganz besonders in (religions-)pädagogischen Kontexten.

Eine Besonderheit des 1. Forums differenzsensible Religionspädagogik wurde gleich zu Beginn erkennbar: Das Format der Veranstaltung führte dazu, dass Differenzen, die im Arbeitskontext häufig sehr hoch gewichtet werden, vor Ort ausgehebelt wurden. Durch die Struktur und den Ablauf wurde unwichtig, welche berufliche Position die Teilnehmenden jeweils besetzen. So kam es in mehreren Situationen zu Überraschungsmomenten, wenn sich jemand als Lehrer*in, Gemeindepädagog*in oder Professor*in geoutet hat. Die von Irritation geprägte Frage „Wie, du bist …??? Das hätte ich ja gar nicht vermutet!“ wurde dadurch mehrfach zum Ausdruck des Hinterfragens eigener MenschensBilder.

Zusammengefasst habe ich das Forum unter dem Motto MenschensBilder als Veranstaltung wahrgenommen, in der Form und Inhalt harmonieren und kreative Prozesse anstoßen. Weitere Informationen zum Forum differenzsensible Religionspädagogik sind hier zu finden.

#differenz #forum #religionspädagogik


[1] An der Planung waren mehrere Personen aus unterschiedlichen Institutionen beteiligt, die Universität Paderborn war durch Prof. Dr. Dr. Oliver Reis (Institut für Katholische Theologie) und Anna Neumann (Institut für Evangelische Theologie) vertreten.