Aufgaben in der Begegnung mit dem Judentum

In ihrem Vortrag am 19. Juni 2024 zum Thema „Ein wichtiges Stück Europa: Politische Theologie aus dem Judentum“ hat Prof.in Elisa Klapheck in wunderbarer Weise die Potentiale einer aus jüdischen Quellen erarbeiteten politischen Theologie herausgestellt. Der Vortrag fand im Rahmen der Paderborner Friedensgespräch im Historischen Rathaus Paderborn statt. Elisa Klapheck betont immer wieder, dass nicht nur vom Antisemitismus gesprochen werden sollte, wenn es ums Judentum geht. Es sollte vielmehr um die positiven Seiten und der Reichtum der jüdischen Tradition gehen.
Dabei gebe ich ihr grundsätzlich Recht. Andererseits ist es gut, dass spätestens seit dem 7. Oktober 2023 der steigende Antisemitismus wieder ins Bewusstsein gerückt wurde. Im Dialog wird mir durch die wenigen jüdischen Gesprächspartnerinnen immer wieder bewusst, wie die Folgen der Shoah auch heute noch spürbar sind. Mit wenigen Ausnahmen ist die Geschichte des Christentums gegenüber dem Judentum eine Geschichte der Polemik, der Abwertung und der Vernichtung. Erst nach der Shoah im 20. Jahrhundert hat es ein Umdenken in den christlichen Theologien gegeben. Erst jetzt setzte sich die Erkenntnis durch, dass Jesus selbst Jude gewesen ist und die neutestamentlichen Schriften nur aus seinem jüdischen Umfeld heraus zu verstehen sind. Der christlichen Theologie bleibt immer noch viel Arbeit, das antijüdische Erbe in ihrer Geschichte und ihren Theologien aufzuarbeiten. Immer wieder höre ich bei gläubigen Christen unbewusst und ungewollt Aussagen, die das Judentum abwerten. Aber vielleicht ist besser weiterzudenken, indem man sich nicht nur selbstkritisch mit dem Erbe in der christlichen Theologie auseinandersetzt, sondern konstruktiv aus dem Gespräch mit jüdischen Partnerinnen eine neue Theologie entwickelt, die die Stärken und Potentiale jüdischen Denkens wahrnimmt und aufnimmt. Wenn ich einsehe, dass die Verheißungen an das Volk Israel durch die Erfüllungen in Jesus Christus nicht abgegolten sind (Mt 5,17-20), dann muss neu gefragt werden: Was heißt dann „Erfüllung“ in Jesus Christus (z.B. Mt 2,15)? Was heißt Erfüllung aus verschiedenen jüdischen Perspektiven? Wie kann ich im Dialog voneinander lernen? Am 12.9.2024 darf ich meine Ideen dazu in der Reihe „Bildstörungen“ der Evangelischen Akademie zu Berlin vorstellen: https://www.eaberlin.de/seminars/data/2024/09/verheissung-und-erfuellung/

Die Tora beinhaltet den ersten Teil der heiligen jüdischen Schrift (Tanach) und besteht aus den 5 Büchern Mose [Bereschit (Genesis), Schemot (Exodus), Wajikra (Levitikus), Bemidbar (Numeri), Devarim (Deuteronomium)]. Sie ist ein grundlegendes Gesetzeswerk der jüdischen Religion und wird in den Synagogen abschnittsweise vorgelesen.