Was heißt Frieden? Wie und wo wird er in den Traditionen gesucht, wie und wo wird er (nicht) gefunden? Darf auf Frieden gehofft werden? Kann gemeinsam für den Frieden gebetet werden? Wie kann er als fragiles Gut erhalten werden in einer Zeit voller globaler und gesellschaftlicher Konflikte? Inwiefern und in welchem Rahmen kann Universität, Forschung und Dialog dazu beitragen? Wie können konstruktive religiös-politische Anstöße in Zeiten dieser Konflikte entfaltet werden? Sind Humanisierungs- und Pazifizierungsstrategien möglich und findbar? Wo und wann trifft der Dialog der Theologien auf seine Grenzen?
Diese und andere Fragen umgarnen auch unser Verbundprojekt, welches das Ziel hat, Komparative Theologie an der Universität mit den gesellschaftlichen Akteuren und Orten, die das Sichzueinanderverhalten der religiösen Traditionen betreffen, miteinander ins Gespräch zu bringen, Impulse zu setzen und mögliche Orientierungspunkte zu markieren. Da Komparative Theologie das Ziel hat, in Bezug auf bestimmte Fragestellungen vom jeweils Anderen zu lernen, braucht es dafür nicht nur geeignete Orte, Formate und Begegnungen, um Wege für Antworten zu suchen. Es braucht auch Akteure, die sich auf diese Versuche einlassen, sie gestalten und Einblicke in die jeweils eigene Tradition zulassen, sich berühren lassen vom jeweils Anderen und zugleich kritisch mit der eigenen und den anderen Traditionen umgehen können.
In den Formaten des ZeKK in diesem Jahr, die sich an das Thema des Friedens annähern, ist das bisher auf unterschiedlichen Wegen versucht worden. In einer gemeinsamen Podiumsdiskussion unter dem Titel „Der rechte Ring war nicht erweislich … – Lessings Ringparabel im Spiegel der Religionen“ veranstalteten das Theater Paderborn und das ZeKK im Februar anlässlich der Aufführung von „Nathan der Weise“ ein gemeinsames Podiumsgespräch zu der Frage, ob Lessings Toleranzgedanke in der Ringparabel uns heute noch etwas zu sagen hat oder ob der Idealismus der Aufklärung vor den Gräueltaten des 20. und 21. Jahrhunderts kapitulieren muss. Das ganze Gespräch ist auf dem Forum für Komparative Theologie abrufbar.
Letzte Woche hat ein multireligiöses Friedensgebet mit Beiträgen aus Judentum, Christentum und Islam stattgefunden, welches von Musik gerahmt worden ist. Während alle Beiträge der Traditionen nebeneinander für sich gestanden haben, wurde trotzdem für einen gemeinsamen, unteilbaren Wunsch nach Frieden zusammengefunden. Gemeinsam auf den Weg gemacht haben sich dafür die Teams aus Bonn und Paderborn, die am Verbundprojekt mitwirken und hier einen Einblick gewähren.
Ebenfalls in der letzten Woche hat auch der Auftakt der Paderborner Friedensgespräche stattgefunden. In dieser Reihe geben Referent*innen je aus islamischer, jüdischer und christlicher Perspektive Impulse zu der Frage nach dem Frieden in der je eigenen Tradition und kommen danach mit Respondees aus den anderen Traditionen und dem Publikum ins Gespräch darüber, was sie beschäftigt, irritiert, berührt, vor Fragen stellt oder bei ihnen Resonanzen schafft. Den Beginn gestaltete der Islam- und Politikwissenschaftler Dr. Sameer Murtaza von der Stiftung Weltethos im AStA Gewölbekeller, der mit Dr. Domenik Ackermann und Yael Attia ins Gespräch gegangen ist. Auch der Vortrag wird zeitnah zur Verfügung gestellt (Foto s. unten).
Am 19. Juni gehen die Friedensvorträge mit einem Vortrag von Rabbinerin Elisa Klapheck unter dem Titel „Ein wichtiges Stück Europa: Politische Theologie aus dem Judentum“ im Historischen Rathaus Paderborn weiter. Wer vorbeischauen möchte, kann sich noch bis zum 10. Juni anmelden, um im Anschluss bei einem gemeinsamen Empfang in den Austausch mit allen Gästen und Beteiligten zu gehen.
Sarah Lebock ist Geschäftsführerin vom und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften sowie Koordinatorin des Verbundprojekts zum Transfer Komparativer Theologie in die Gesellschaft.