Sch(m)utz

Die Maske gehört mittlerweile zu meiner Alltagsroutine. „Schlüssel, Portemonnaie, Handy…“ wiederhole ich in meinen eingeübten – ja fast rituellen – Sprüchen, bevor ich das Haus verlasse, „…und die Maske! Ich hab‘ alles!“ Ja, die Maske ist in gewissem Maße effektiv, da sie die Virusbelastung eines Gegenübers um bis zu 70% reduziert. Zudem sagen einige Menschen, dass sie oft die Anonymität hinter der Maske und den „Schutz“ genießen, die sie vor analysierenden Blicken bietet. Dank der Maske schaue ich Menschen viel mehr in die Augen. Ich habe sogar gelernt, dass das Lächeln, welches sich an den Augenringmuskeln und den Lachfältchen um die Augen erkennen lässt, das eigentliche echte Lächeln ist und den Namen „Duchenne-Lächeln“[1] nach einem französischen Wissenschaftler trägt. Grundsätzlich gibt es also viele positive Effekte der Masken.

Es gibt aber auch eine sehr dunkle Seite des Tragens der Schutzmasken – und vor allem deren Entsorgung – auf die ich in diesem Beitrag hinauswill. Einigen Studien zufolge stellt die falsche Entsorgung der Masken eine Katastrophe für unsere Umwelt dar. Mehr als 8 Millionen Tonnen Plastikmüll haben wir Menschen in der Pandemie produziert. Eine Großzahl davon sind die Masken, die wir so achtlos und nicht ordnungsgemäß entsorgen. Diese werden aus langlebiger Plastik hergestellt. Die falsche Entsorgung der Masken führt dazu, dass die Mikroplastik über Flüsse in die Ozeane gelangt, und ein langanhaltendes Problem für die Meeresumwelt darstellt. Ein großer Anteil dieses Abfalls landet wieder an den Stränden. Fotos und Tauchervideos dieses ökologischen Unheils sind überall im Netz zu sehen. Einige Meeresaktivisten sprechen sogar davon, dass wir „mehr Masken als Quallen im Mittelmeer haben werden,“ wenn sich unser Verhalten bezüglich der Entsorgung dieser Masken nicht ändert.

Als ich letztens einige Artikel zu diesem Problem gelesen habe, erinnerte ich mich an einen Koranvers, in dem das Erscheinen des „Unheils“ (fasād) auf der Welt als direkte Konsequenz dessen beschrieben wurde, was der Mensch „mit seinen Händen“ tut. In Sure Ar-Rūm (Q 30:41) steht: „Unheil ist auf dem Land und im Meer erschienen wegen dessen, was die Hände der Menschen gewirkt haben: und so wird Er sie einiges von dem kosten lassen, was sie getan haben, auf daß sie zurückkehren mögen.“ 

Auch das aktuelle „Unheil“ mit den Masken haben tatsächlich wir Menschen mit unseren Händen verursacht. Nicht jeder in gleichem Maße, aber alle zusammen doch nur wir! In seinem Korankommentar schreibt Muhammad Asad, dass das menschliche Stiften des Unheils auf Erden damit zusammenhängt, dass der Mensch Gott vergessen hat. Einen Auszug aus seinem Kommentar möchte ich an dieser Stelle teilen: „So wird die zunehmende Verderbnis und Zerstörung unserer natürlichen Umwelt, die sich in unserer Zeit so schrecklich – wenn auch erst nur teilweise – erweist, hier vorausgesagt als ‘ein Ergebnis dessen, was die Hände der Menschen gewirkt haben’, d.h. jener selbstzerstörerischen – weil gänzlich materialistischen – Erfindungsgabe und rasenden Aktivität, die nun die Menschheit mit zuvor unvorstellbaren ökologischen Katastrophen bedroht: eine zügellose Verschmutzung von Land, Luft und Wasser durch industriellen und städtischen Abfall, eine zunehmende Vergiftung des Pflanzen- und Meereslebens, alle Arten von genetischen Mißbildungen in den Körpern der Menschen selbst durch einen immer weiter wachsenden Gebrauch von Drogen und scheinbar „nützlichen“ Chemikalien und das allmähliche Aussterben vieler Tierarten, die für das menschliche Wohlergehen notwendig sind…“[2]

Obwohl die Masken uns auf verschiedene Weisen schützen, bleibt es in unserer Verantwortung, sie ordnungsgemäß zu entsorgen, um dem ökologischen Unheil entgegenzuwirken – auch wenn es scheint, dass wir alleine nicht viel bewirken können. In den Sufi-Kreisen ist die Geschichte von einem Spatzen bekannt, der versucht hat, das Feuer, in welches der Prophet Abraham geworfen wurde, zu löschen. Als ihm andere Vögel erklären wollten, dass er mit einem mickrigen Tropfen in seinem Schnabel nichts erreichen kann, antwortete der Spatz: „Ich weiß, dass ich das Feuer nicht löschen kann. Ich bin aber für mich verantwortlich, und will zeigen, auf wessen Seite ich stehe.“


[1] https://lexikon.stangl.eu/22684/duchenne-laecheln

[2] Asad, Muhammed, Die Botschaft des Korans, S. 779.

Ahmed Husic ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Islamische Theologie an der Universität Paderborn.

#Maske #Umwelt #Schutz #Schmutz