Von der Dankbarkeit über ein offenes Ohr

In den letzten fünf Jahren als Studentische bzw. Wissenschaftliche Hilfskraft war ich neben meiner Anstellung in der Philosophie bei der Studentischen Schreibberatung an der Universität Paderborn tätig. Die Schreibberatung steht fachübergreifend allen Studierenden offen, die von anderen in Gesprächsführung und Schreibdidaktik geschulten Studis Beratung auf Augenhöhe zu all ihren Fragen, Sorgen oder Problemen rund um den wissenschaftlichen Schreibprozess erhalten möchten und Austausch über ihr Schreiben suchen.[1] Gemeinsam werden die individuellen Schreibprozesse und Texte betrachtet, um Strategien und Lösungen zu finden. Eine Grundannahme ist dabei, dass Schreiben nicht eine Tätigkeit ist, die zu Hause allein am Schreibtisch stattfinden muss, sondern von der Interaktion mit anderen maßgeblich bereichert werden kann. So konnte auch ich als Schreibberaterin in den vielen Jahren auf allen möglichen Ebenen von den Ratsuchenden lernen und Inspiration finden.

In den fünf Jahren habe ich auch ständig die Erfahrung gemacht, dass es oftmals viel leichter war, Ratsuchenden bei Problemen zuzuhören und Impulse zu ihrem Schreibprozess zurückzuspiegeln, als in herausfordernden Situationen einen Überblick über den eigenen Schreibprozess zu bekommen. Manchmal ist es einfach hilfreicher, Feedback von anderen zu erhalten oder zumindest sich selbst bei Seite zu nehmen und „in eine Beratung mit sich selbst“ zu gehen, um ein bisschen Distanz zu gewinnen und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel neu betrachten zu können. Phänomene wie diese, die wir alle kennen, werden in der Psychologie auch mit dem „Salomon-Paradox“ bezeichnet: Der Blick aus der Distanz hilft, in herausfordernden Situationen „weisere“ bzw. konstruktivere Schritte zu sehen und zu gehen, wie es oft der selbstkritische Blick auf das eigene Werk aus der Nähe zulässt.[2] Deshalb besteht Schreibberatung nicht nur aus Feedback und dem Teilen von Wissen, sondern noch viel mehr darin, Anderen als Expert*innen für ihr eigenes Schreiben zuzuhören und gemeinsam die Gedanken zu sortieren.

Nicht nur beim Schreiben, sondern auch im sonstigen Leben ist es gerade in Zeiten der Veränderung nicht immer leicht, Orientierung für die nächsten Schritte zu finden. Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard schreibt in seinen Tagebüchern, dass das Leben nur vorwärts gelebt und rückwärts verstanden werden kann. Umso gesegneter ist man, wenn man Personen um sich herum hat, die nicht nur gute Impulse geben, sondern uns vor allem mit einem offenen Ohr und ihrer Zeit, Empathie und Aufmerksamkeit bei Seite stehen.[3]

Neben dieser Erkenntnis um die Bedeutung des Zuhörens mit einer wertschätzenden Aufmerksamkeit, die auch für den interreligiösen Dialog nicht zu unterschätzen ist, hoffe ich auch etwas von dem fachsensiblen Umgang mit den verschiedenen, sich an der Universität begegnenden Fächern und Disziplinen vom fachübergreifend agierenden Schreibzentrum mitnehmen zu können, wenn ich nun meinen Neuanfang als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften antrete. Ich blicke voller Dankbarkeit zurück auf die schöne gemeinsame Zeit und freue mich auf den Neubeginn und die gemeinsame Zusammenarbeit mit allen am und um das ZeKK herum beteiligten Kolleg*innen und Fächern!


[1] Auf der Seite vom Kompetenzzentrum Schreiben finden sich alle Informationen zum Beratungsangebot der Studentischen Schreibberatung: https://www.upb.de/schreiben/schreibenssb.

[2] https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0956797614535400

[3] https://www.spektrum.de/news/kommunikation-ratgeben-ist-eine-kunst/1873108

Sarah Lebock ist seit Anfang Oktober Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Geschäftsführerin vom Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn.

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