Freundschaft

Das Thema der dieses Jahr leider nur rein digital stattfindenden Paderborn Conference of Comparative Theology ist die Freundschaft. Freundschaft ist eines der großen Ziele komparativ theologischen Arbeitens. Und wenn ich überlege, was am ZeKK in dem vergangenen Jahrzehnt entstanden ist, so sind es gerade die Freundschaften zu meinen nichtchristlichen Kolleg*innen, die für mich am wertvollsten sind.

Freundschaft ist für religionsübergreifendes Arbeiten vor allem deshalb so bedeutsam, weil sie Andersheit zu würdigen vermag. Bei meiner Freundin oder meinem Freund kann ich es gut haben, dass er oder sie anders ist als ich. Ich kann mich sogar für die Dinge begeistern, die ihn oder sie froh und glücklich machen, die ihn oder sie im Leben tragen und bewegen. Auch die Religion einer anderen Person erscheint in einem neuen Licht, wenn sie meine Freundin ist. Und dieses Licht ist nicht nur freundlicher, sondern vor allem von einem tieferen Verstehen geprägt. Denn Freundschaft hilft uns, die Wirklichkeit genauer zu sehen. Liebe macht manchmal blind, aber Freundschaft macht Lust ganz genau hinzuschauen.

Freundschaft bedeutet aber auch füreinander einzutreten. In der komparativ theologischen Arbeit stehen wir oft Rücken an Rücken, um einander den Rücken freizuhalten, aber auch um mehr zu sehen. Freunde stehen für uns ein, wenn es uns schlecht geht und wir unfair behandelt werden. Freundschaft macht die Häme und Rechthaberei unmöglich, die interreligiöse Beziehungen so lange unheilvoll überlagert haben. Sie führt uns mitten hinein in den Lebensvollzug Jesu, der sein Leben hingibt für seine Freunde und darin den tiefsten Sinn des Lebens sieht. Ist es nicht wundervoll gerade dieses Zeugnis religionsverbindend zu weiten?

Ein letzter Punkt noch. Freundschaften machen das Leben lebenswert, sie machen Lust auf das Leben, wecken Sehnsucht nach mehr. Sie leisten also genau das, was auch Religionen schaffen wollen. Nach christlichem Zeugnis sucht auch Gott unsere Freundschaft und er will in zwischenmenschlichen Freundschaften erfahrbar sein. Wie schön, dass ich davon am ZeKK in den letzten Jahren so viel erfahren durfte. 

Klaus von Stosch ist Professor für Katholische Theologie und Vorsitzender des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften (ZeKK) an der Universität Paderborn.

#Freundschaft #interreligiöseBeziehungen #Sehnsucht