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Das erste Jahr als zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Uni Paderborn

Gleichstellung, Vereinbarkeit und Diversität. Annika Hegemann.
Das Team der Universität Paderborn, Foto: Besim Mazhiqi

Im Oktober 2024 bin ich genau ein Jahr im Amt der zentralen Gleichstellungsbeauftragten an der Universität Paderborn. Ein guter Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zu ziehen und einen Ausblick auf kommende Monate zu wagen.

Ich hatte mich für dieses Amt zur Wahl gestellt, weil mich eine hohe intrinsische Motivation antrieb, mich aktiv für die Gleichstellung von Frauen und Männern einzusetzen. Insbesondere die Corona Pandemie mit ihren Auswirkungen und Belastungen führte mir die Ungleichheiten unserer Gesellschaft ganz deutlich vor Augen. Und je mehr ich mich mit Geschlechterungleichheiten beschäftigte, desto wichtiger erschien mir der Einsatz dafür. 

Als ich im September 2023 als Nachfolgerin von Irmgard Pilgrim gewählt wurde, habe ich mich sehr gefreut, obwohl mir viele Stimmen vorab sagten, dass dies kein „dankbares“ Amt sei und man bzw. frau viel Gegenwind erwarten müsse. Zudem erwies sich der denkbar ungünstige Zeitpunkt der Wahl – mitten im Findungsprozess eines neuen Präsidiums unserer Universität – als herausfordernder Einstieg in das Amt der neuen zentralen Gleichstellungsbeauftragten.

Das gefällt mir an dem Amt und meiner Arbeit…

Ich konnte mich von Anfang an sehr glücklich schätzen, dass es ein wunderbares Team im Gleichstellungsbüro gab und gibt, das zu großen Teilen mit dafür verantwortlich ist, dass mir die Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte Spaß macht. Darüber hinaus sind weitere Kolleg*innen innerhalb, aber auch außerhalb der Universität wichtige Personen für mich, persönlich wie inhaltlich. Auch Irmgard Pilgrim nach dem Ausscheiden aus dem Amt als erfahrene Ansprechpartnerin zu wissen, ist ein Privileg für mich, das ich sehr schätze.

Auf inhaltlicher Ebene ist das Amt der zentralen Gleichstellungsbeauftragten äußerst vielfältig. Die Erarbeitung von Konzepten, Maßnahmen und Aktionen im Team mit dem Fokus auf unsere Schwerpunkte Gleichstellung, Vereinbarkeit und Diversity ist für mich ein sehr sinnstiftendes und kreatives Aufgabenfeld. 

In den vielen Gremien und Kommissionen, in die ich als Gleichstellungsbeauftragte eingebunden bin, lerne ich viel darüber, wie Hochschulpolitik funktioniert, aber auch wie Menschen „funktionieren“, wie sie kommunizieren und agieren. 

Herausforderungen im Amt…

In der genannten Vielfalt der Aufgabenbereiche liegt zugleich auch eine der größten Herausforderungen: Die Kunst hier die ‚richtige‘ Balance zu halten, erfordert ein fortdauerndes Abwägen. Da gibt es Einzelberatungsgespräche, die, je nachdem, um welche Inhalte es sich handelt, intensiv sind und für die es Zeit braucht. Die Mitwirkung und Eingebundenheit bei strukturellen Entscheidungen ist ebenfalls bedeutend und zeitintensiv, genau wie die Arbeit an Gleichstellungsplänen, -konzepten und –berichten sowie Auditierungen. Die Teilnahme an Personalauswahlverfahren und die Leitung des Gleichstellungsteams mit der Abstimmung der dezentralen Gleichstellungsbeauftragten ist nicht minder intensiv und erfordert ein hohes Maß an Organisation.

Da gibt es noch Potential für Verbesserungen…

Die Gleichstellungsbeauftragte wird nicht überall als Amtsträgerin betrachtet, die eine zentrale und sinnvolle Unterstützungs- und Beratungsfunktion innehat, um die Universität stark für die Zukunft zu machen. Und m.E. wird zudem oft nicht von denselben Zielen ausgegangen, z.B. wenn Gleichstellung als etwas Hinderliches betrachtet wird, das heute nicht mehr gebraucht werde oder Abläufe lediglich unnötig aufhalte. Glücklicherweise ist genau das in vielen Bereichen anders. Für mich ist in erster Linie ein konstruktiver Austausch die Basis für eine gute Zusammenarbeit, bei dem es wichtig ist, zu den eigenen – in meinem Fall gleichstellungspolitischen – Zielen zu diskutieren.

In der Universität arbeiten wir weiterhin genau daran. Sorge bereiten mir allerdings die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen insgesamt: In vielerlei Hinsicht sind Bestrebungen eines ‚Backlash‘ für die Gleichstellung zu beobachten. Sie zeigen, wie fragil gewonnene Errungenschaften sein können und wie sehr es gilt, sich für diese weiterhin einzusetzen.

Ein Blick in die Zukunft…

Genau da, wo ich Potential zur Verbesserung sehe, gilt es für mich, aktiv zu sein. Die Schlüsselkompetenz einer zentralen Gleichstellungsbeauftragten ist aus meiner Sicht die Kommunikationskompetenz. Die Ungleichheiten der Geschlechter, die noch in vielen Bereichen existieren, müssen wir immer wieder deutlich machen. Lösungsstrategien dazu brauchen einen breiten Konsens. Gleichstellungswissen, und damit meine ich neben juristischem Wissen insbesondere das Wissen der Geschlechterforschung, das eine Basis für die Gleichstellungsarbeit ist, ist im Hochschulkontext in vielen Teilbereichen und Fachkontexten noch immer nicht ausreichend bekannt. Dies führt m.E. dazu, dass Maßnahmen mit Gleichstellungszielen oder der Einbezug einer Gleichstellungsbeauftragten als nicht notwendig betrachtet werden. Darüber im Gespräch und in der Diskussion zu bleiben – an vielen Stellen der Universität und über sie hinaus – erscheint mir als eine meiner großen Aufgaben für kommende Monate.

Und privat…Für mich hat die Übernahme des Amtes auch privat Veränderungen mit sich gebracht. Das Familienmanagement mit drei noch nicht ganz so großen Kindern erfordert bei zwei vollzeitarbeitenden Elternteilen viel Organisation. Und ein Plan B ist dabei genauso hilfreich wie Flexibilität. Gleichstellung ist für mich deshalb auch persönlich ein sehr zentrales Thema geworden und ich finde es interessant, welche Parallelen und auch Unterschiede sich dabei zu meinem Amt zeigen. Meine Kinder sind ein ganz wesentlicher Grund, mich für eine chancengleiche und gerechte Zukunft einzusetzen. Meiner Tochter sollen die gleichen Türen offen stehen wie anders herum auch meinen Söhnen.

Zusammen schreibt man weniger allein. Das Kompetenzzentrum Schreiben an der Universität Paderborn.

Der Titel dieses Gastbeitrags ist geklaut. Das macht aber nichts, denn er ist so wahr, dass man ihn nicht oft genug wiederholen kann.[1] Die Idee, dass es hilft, gemeinsam mit anderen zu schreiben und über das Schreiben und über Texte zu sprechen, ist eine Grundidee der Arbeit von Schreibzentren auf der ganzen Welt. Entsprechend ist sie auch prägend für das Paderborner „Kompetenzzentrum Schreiben“, das Prof. Dr. Ingrid Scharlau im Jahr 2008 ins Leben rief. Wir verstehen es als ein Zentrum für wissenschaftliches Schreiben in Studium, Forschung und Lehre; das heißt, als Service-Einrichtung für Studierende, Promovierende und Lehrende. Wir, das Team des Kompetenzzentrums Schreiben, unterstützen Schreibende aller Fächer auf ihrem Weg zum und durch den eigenen Text. Das kann die erste Hausarbeit, ein Portfolio, die Dissertation, ein Paper und vieles andere mehr sein. Darüber hinaus fördern wir Lehransätze, die wissenschaftliches Lesen und Schreiben schon früh ins Studium einbinden. Beispielsweise indem kleine Schreibaufgaben in den Verlauf fachlicher Veranstaltungen eingebunden, mit Textfeedback gearbeitet oder Fachtexte nicht nur inhaltlich, sondern auch als Texte mit spezifischen typischen Eigenschaften gemeinsam gelesen werden.

Konkret umfassen unsere Angebote Workshops zu unterschiedlichen Phasen im wissenschaftlichen Schreibprozess, verschiedene Schreibevents und Gruppenformate sowie die individuelle Schreibberatung. Für Promovierende, Promotionsinteressierte und Post-Docs haben wir z.B. eine Workshopreihe im Programm, die sich von der Themensuche und dem Schreiben eines Exposés über den Start ins Promotionsschreibprojekt und die Überarbeitung von schon Geschriebenem bis hin zum Umgang mit Peer-Reviews erstreckt. 

Besonders gerne arbeiten wir im Schreibzentrum mit den Mentoring-Programmen der Universität Paderborn zusammen, mit denen wir im Speziellen Schreibangebote für Frauen, also für promotionsinteressierte Studentinnen, Doktorandinnen und Post-Docs, schaffen. Wissenschaftliche Texte sind die Währung im akademischen Bereich. Hausarbeiten, Abschlussarbeiten, Dissertationen, Publikationen und Forschungsanträge – sie alle entscheiden über Erfolg und Nicht-Erfolg in Studium und wissenschaftlicher Karriere. Aus der Zusammenarbeit mit den Mentoring-Programmen sind bereits zahlreiche Veranstaltungen entstanden: der regelmäßig stattfindende Workshop „Themenfindung für die Promotion“ im Rahmen des Peer-Mentoring-Programms Einblick!, ein Adventsschreiben im Winter, digitale Schreibtage und -wochen in der Pandemiezeit (Stichwort: Daheimgeschrieben, die Damen!), die jährlich stattfindende Endspurt-Schreibgruppe für Doktorandinnen, die kurz vor der Abgabe ihres Promotionsschreibprojekts stehen, und schließlich die Schreibzeit für (Post-)Doktorandinnen, für die wir ein paar Tage wegfahren, um in Ruhe und Gesellschaft an aktuellen Schreibprojekten zu arbeiten.

Gerade die Zielgruppe der Promotionsinteressierten, Promovierenden und Post-Docs kommt mit ganz unterschiedlichen Fragen zu uns ins Kompetenzzentrum Schreiben:

  • Wie schaffe ich mir Zeit zum Schreiben?
  • Wie grenze ich mein Thema sinnvoll ein?
  • Wie kann ich mich neu motivieren?
  • Was sind meine nächsten wichtigen Schritte auf dem Weg zur Promotion?
  • Wie gehe ich mit Schreibkrisen um?
  • Was ist mein Beitrag zu meinem Forschungsfeld und wie bringe ich ihn in Textform?
  • Wie kann ich einzelne Textfragmente zu einem sinnvollen Ganzen verbinden?

An diesen Fragen wird schon klar: Wir verstehen Schreiben als sehr ,großräumige‘ Tätigkeit, die weit mehr als das bloße Aufschreiben von vermeintlich immer-schon-klaren wissenschaftlichen Inhalten umfasst. Schreiben heißt für uns deshalb: Denken, Lesen, Sich-Fragen, Forschen, Ideen-Finden, Ideen-Verwerfen, Notieren, Neu-Schreiben, Um-Schreiben, Antworten, Kritisieren, Sich-auf-andere-Beziehen, Sich-von-anderen-Abgrenzen, Lernen und vieles, vieles mehr.

Unser weites Verständnis von Schreiben basiert auf schreibwissenschaftlicher Forschung – ein wahrhaft interdisziplinäres Unterfangen mit Beiträgen aus der Psychologie, der Linguistik, der Soziologie, der Wissenschaftstheorie und vielen weiteren Feldern (Lesetipps für Interessierte: Haacke-Werron et al., 2022; Huemer et al., 2020). Der Ansatz, den wir am Kompetenzzentrum Schreiben verfolgen, spiegelt diese Breite wider. Wir achten bei der Konzeption unserer Angebote und besonders auch bei der Art und Weise, wie wir im Rahmen dieser Angebote mit Studierenden, Promovierenden und Lehrenden über das wissenschaftliche Schreiben sprechen, z.B. auf den großen Einfluss der verschiedenen Fachkulturen auf das Schreiben. Fachliche Schreibpraktiken beeinflussen, wie die einzelne Person ihren eigenen Schreibprozess und ihren eigenen Text wahrnimmt. Im Gegenzug kann Schreiben ganz bewusst zur Enkulturation in eine Fachcommunity und zur Entwicklung des eigenen akademischen Selbst beitragen. Dass das nicht immer simpel und auch nicht immer angenehm ist, sondern anspruchsvoll und manchmal auch nervenaufreibend, versteht sich eigentlich von selbst. Für diese Fälle sind wir als Schreibzentrum da. Auf den Fluren der Universität Paderborn finden sich manchmal Plakate von uns. Auf einem davon steht, was ich gerne zum Schluss allen Leser*innen dieses Gastbeitrags sagen möchte: „Kommt zu uns! Wir bringen akademisches Schreiben nicht bei, sondern Schreibende aus allen Fächern zusammen.“

***

Dr. Andrea Karsten ist Koordinatorin des Kompetenzzentrums Schreiben an der Universität Paderborn. In Schreibdidaktik und -forschung befasst sie sich mit individuellen und fachkulturellen Schreibpraktiken von Promovierenden und Lehrenden. Ihr liebster Tipp für Promovierende: Sprecht über das Schreiben und findet Freund*innen in eurem Themengebiet!

Literatur:

Huemer, B., Doleschal, U., Wiederkehr, R., Girgensohn, K., Dengscherz, S., Brinkschulte, M. & Mertlitsch, C. (Hrsg.) (2020). Schreibwissenschaft – eine neue Disziplin: Diskursübergreifende Perspektiven. Böhlau.

Fröhlich, M., Henkel, C., & Surmann, A. (Hrsg.) (2017). Zusammen schreibt man weniger allein. (Gruppen-) Schreibprojekte gemeinsam meistern. UTB.

Haacke-Werron, S., Karsten, A. & Scharlau, I. (Hrsg.). (2022). Reflexive Schreibwissenschaft: Disziplinäre und praktische Perspektiven. wbv.


[1] Das rechtfertigt den Klau natürlich nicht. Hier ist die Quelle: Zusammen schreibt man weniger allein heißt ein Ratgeber für (Gruppen-)Schreibprojekte unserer Bielefelder Kolleginnen Melanie Fröhlich, Christiane Henkel und Anna Surmann aus dem Jahr 2017, erschienen bei utb.

Shadowing

Begriffsbestimmung

Shadowing (aus Engl. Schatten / Beschatten) bietet als Mentoring-Element das Potenzial, Erfahrungswissen von Mentor*innen in der Praxis zu erleben. Konkret definiert Ulrike Kére Shadowing als “Teilhabe der Mentees am Berufsalltag“ (Kére, 2017, 114). Julia Steinhausen und Ingrid Scharlau führen im Rahmen von Mentoring-Programmen für Doktorandinnen aus:

„Zusätzlich kann das Angebot eines Shadowings durch die Mentor_in sehr gewinnbringend für die Mentee sein. Hierbei begleitet die Mentee die Mentor_in einen Tag lang wie ein Schatten und bekommt einen direkten Einblick in den Arbeitsalltag, z. B. bei Besprechungen und Vortragsvorbereitungen.“ (Steinhausen und Scharlau, 2017, 326)

Shadowing kann eine Ergänzung zum jeweiligen Studiums- und Arbeitskontext der Mentees sein. Bestenfalls erleben sie, wie ihre Kompetenzen im Berufsalltag integrierbar werden. Doch sie erfahren auch, woher ihre Mentor*innen Erfahrungswissen schöpfen: Wie werden die besprochenen Strategien zur Gestaltung des Arbeitsalltags umgesetzt? Wie bringt man Networking-Tipps in die Praxis? Welche unbewussten oder noch nicht besprochenen Handlungsweisen der Mentor*innen fallen den Mentees auf und können als Thema im Nachgespräch aufgegriffen werden?

Dabei ist Shadowing von Hospitationen abzugrenzen, die eine aktive Einbindung in Arbeitsaufgaben ermöglichen (zur Beschreibung möglicher Hospitationen siehe beispielsweise Bissinger, 2017, 413).

Umsetzung

Die Auswahl der Shadowing-Tage kann über die Klärung der abgedeckten Kompetenzbereiche eines Arbeitstages erfolgen. Die Kompetenzbereiche und damit einhergehenden Arbeiten unterscheiden sich nach Qualifizierungsphase, Arbeitsvertrag oder Stipendium. In der Promotionsphase sind zum Beispiel definierte Cluster Fachkompetenzen, Führungskompetenzen, Kreativität, Lehr- und Didaktikkompetenzen, mündliche Kommunikationskompetenzen, Projektmanagement, schriftliche Kommunikationskompetenzen, Selbstmanagement, systematisches Arbeiten und Teamfähigkeit (vgl. Vurgun et al., 18). Daraus lassen sich etwa die folgenden Arbeitsgebiete erschließen:

  • Lehre
  • Team-Besprechungen (mit studentischen Mitarbeiter*innen)
  • Teilnahme an der akademischen Selbstverwaltung
  • Forschung
  • Erstellen von Veröffentlichungen
  • Teilnahme an Kongressen
  • Veranstaltungsorganisation

Mentees und Mentor*innen können daher gemeinsam erarbeiten, welche Kompetenzbereiche für die Mentee von besonderer Relevanz sind und an welchen Arbeitstagen diese zu beobachten sind. Leitfragen können sein:

  • Welche Einblicke hat die Mentee bereits in bestimmte Arbeitsbereiche, zum Beispiel als studentische Mitarbeiterin? Inwieweit wünscht sich die Mentee dazu neue Perspektiven?
  • Inwieweit muss Vertraulichkeit bei bestimmten Arbeitsbereichen gewahrt bleiben? Wo kann die*der Mentor*in aufgrund von Belangen von Dritten keine Einblicke gewähren? Welche Personen müssen vorab über das Shadowing informiert werden?
  • Welche Räumlichkeiten stehen für das Shadowing zur Verfügung? Wird das Büro der Mentor*innen von anderen genutzt, die gestört werden könnten?
  • Welche Arbeitstage schließen am besten an die besprochenen Themen an?

Besonderer Aufmerksamkeit kommt dabei der Tatsache zu, dass Arbeitsalltage der Hochschule meist individuell gestaltet werden können. Das resultiert in einer Vielseitigkeit, die Mentees in der Praxis näher gebracht werden kann. Von Vorteil ist, den Austausch mit Kolleg*innen der Mentor*innen während des Shadowing zu ermöglichen. Zudem bringt der Hochschulalltag eine Vielzahl an Aufgaben mit sich, die die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben als Herausforderung wirken lassen. Gleichzeitig lässt sich in mancher Hinsicht auch eine erleichterte Vereinbarung beobachten. Shadowing kann verdeutlichen, wie Vereinbarkeit gestaltet werden kann, indem z. B. in der Planung darauf geachtet wird, dieses Thema einfließen zu lassen (ohne die Grenze zur Teilhabe am persönlichen Leben zu überschreiten). Da die Vereinbarkeit unterschiedliche Ausprägungen abhängig von Fachkulturen erkennen lässt, bietet es sich beim fachfremdem Shadowing an, zu erarbeiten, welche Bestandteile der Alltagsorganisation zu generalisieren sind.

Zur Veranschaulichung bieten die folgenden Abschnitte zwei Kurzeinblicke in Shadowing-Erfahrungen. Im ersten Abschnitt beantwortet eine*r ehemalige*r Mentor*in einige Kernfragen zur eigenen Shadowing-Erfahrung. Im zweiten und letzten Abschnitt des Beitrags präsentiert Dr. Anda-Lisa Harmening als Koordinatorin erste Erfahrungen des Shadowing-Programms der Fakultät für Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn.

Einblick in die Nutzung von Shadowing im Mentoring-Programm perspEktIve M: Kurzimpression mit ein*e ehemalige*r Mentor*in

1. Warum wolltest du das Shadowing ermöglichen?

Ich finde, es ist eine gute Möglichkeit, den wissenschaftlichen Alltag hautnah erlebbar zu machen.

2. Wie hast du dich auf das Shadowing vorbereitet?

Ich habe mir Gedanken gemacht, an welchem Tag in unserem Team Termine anstehen, die spannend sein könnten und die Mentee dabei sein lassen.

3. Was war dir beim Shadowing besonders wichtig?

Dass die Mentee eine realistische Vorstellung von meinem Arbeitsalltag bekommt und anschließend Fragen stellen kann, die wir gemeinsam klären.

4. Gab es beim Shadowing für dich unerwartete Momente? Hast du dir manche Situationen vielleicht anders vorgestellt?

Eigentlich nicht.

5. Wie blickst du heute auf das Shadowing zurück?

Ich glaube, es war für alle Beteiligten interessant.

Promotionsinteressiert? Schau einem*r WiMi über die Schulter! Shadowing an der Fakultät für Kulturwissenschaften

Lehre, Gremienarbeit, Wissenschaftsmanagement, Führung von studentischen Hilfskräften und Forschen – Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen haben je nach Anbindung an ein Institut oder einen Bereich unterschiedliche und in der Regel vielfältige Aufgaben. Noch immer ist die Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiter*in in Kombination mit einem Promotionsprojekt eine mögliche Finanzierungsform für Wissenschaftler*innen in Qualifikationsphasen und noch immer fällt es vielen Promotionsinteressierten schwer eine Vorstellung von den Tätigkeiten auf solchen Stellen zu gewinnen.

Das Programm Shadowing von WiMi’s der Fakultät für Kulturwissenschaften möchte Studierenden mit Promotionsinteresse ermöglichen, Einblicke in Tätigkeiten von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und Forschenden in Qualifikationsphasen zu erhalten. Im Rahmen dessen nimmt beispielsweise eine wissenschaftliche Mitarbeiterin eine Studentin einen Tag mit in ihren Arbeits- und Forschungsalltag, berichtet von den anstehenden Aufgaben und verschafft ihr somit Einblicke in einen möglichen Tagesablauf als Wissenschaftlerin.

Dr. Christina Lammer, Projektkoordinatorin perspEktIve M

Quellen

Bissinger, V., 2017. Mentoring im Wissenschaftsmanagement, in: Petersen, R., Budde, M., Brocke, P.S., Doebert, G., Rudack, H., Wolf, H. (Eds.), Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, pp. 409–415. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14268-1_32

Kére, U., 2017. Mentoring-Formate: Kooperationen im Rahmen von Mentoring-Programmen, in: Petersen, R., Budde, M., Brocke, P.S., Doebert, G., Rudack, H., Wolf, H. (Eds.), Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, pp. 105–117. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14268-1_10

Steinhausen, J., Scharlau, I., 2017. Gegen das weibliche Cooling-out in der Wissenschaft, in: Petersen, R., Budde, M., Brocke, P.S., Doebert, G., Rudack, H., Wolf, H. (Eds.), Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft. Springer Fachmedien, Wiesbaden, pp. 315–330. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14268-1_24

Vurgun, S., Dumpitak, C., Adams, A., Husmann, D., Kissling, C., Nickels, B., Schölzig, K., Schuchert, C., Vasilov, V., n.d. Kompetenzentwicklung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern.

Mentoring während der Pandemie – ein Rückblick

Es ist der 5.3.2020 und voller Vorfreude planen wir den Start des neuen Jahrgangs im Peer-Mentoring-Programm. Der Raum ist gebucht, die Ablaufpläne aktualisiert und die Einladungen an die Mentees und Mentorinnen sind verschickt. Es kann losgehen. 

Während wir dem Einführungsworkshop entgegenfiebern, schwinden die Ladenvorräte an Desinfektionsmittel und auf Bahnhöfen sieht man vereinzelt Personen, die eine Maske tragen.

Am 22.3.2020 tritt der erste Lockdown in Kraft und verursacht Unsicherheit auf allen Ebenen. Neben dem privaten Chaos wird auch versucht, die Arbeit neu zu organisieren: Was machen wir? Und vor allem, wie? Wir starten den neuen Jahrgang im Mentoring ungewohnt in digitaler Form. Für alle ist die digitale Umgebung neu. Aber: Es läuft ziemlich gut! Als Koordinatorin fühle ich eine Art Dankbarkeit, dass es im Lockdown digitale Möglichkeiten gibt, um neue Menschen kennenzulernen. Sich über etwas austauschen zu können. Einen Raum zu haben, in dem man sich über die neuen Herausforderungen und Zukunftsängste unterhalten kann. Die Mentoring-Beziehungen wechseln in einen neuen Modus, der aber schnell zur Gewohnheit wird. 

Heute, gut drei Jahre später, ziehen wir Bilanz: Was war im Hinblick auf unsere Mentoring-Programme gut, was können wir – mittlerweile ist unser Team gewachsen – beibehalten, was fehlt?

Digitales Mentoring, d.h. der Kontakt und die Gespräche der Mentoring-Tandems und -gruppen, verlief rein über Videokonferenz und brachte positive wie negative Effekte: Positiv war die Überbrückung von Distanzen. Es konnten Mentorinnen für Doktorandinnen gewonnen werden, die an Hochschulen im Ausland forschen, oder Mentees ins (Peer-)Mentoring aufgenommen werden, die nicht (mehr) in Paderborn wohnen. Das gemeinsame Erleben der Pandemie schaffte einen Common Ground für erste Gesprächsanlässe und verband die Gesprächspartnerinnen. Was auf der Strecke blieb, war eine wesentliche Säule des Mentorings: Die tiefgründige Vernetzung, die oft bei den kleinen Gesprächen in der Kaffeepause entsteht – für viele auch eine Übung im akademischen Small Talk. An Gesagtes niedrigschwellig anknüpfen können, zusammen beim Verlassen des Gebäudes den Workshop nachbesprechen, Gemeinsamkeiten entdecken, weil man weiterhin an analogen Kalendern hängt, die man gleichzeitig auspackt. Es sind die kleinen Dinge und winzigen Augenblicke, die eine initiierte Beziehung stärken. Aus Koordinatorinnensicht haben wir versucht, auch digital solche Vernetzungsräume zu schaffen: Zoom-Räume blieben nach den Treffen für die Teilnehmerinnen offen, gemeinsam wurde mit digitalen Vernetzungsplattformen wie wonder.me / Yotribe experimentiert. Und: Der gemeinsame Frust und die Freude über neu erlernte technische Kompetenzen war wiederholt ein beliebtes Small Talk-Thema.   

Effekte der Pandemie

Rückblickend scheint die Pandemie und damit einhergehende Digitalisierung der Mentoring-Programme wenig negative Effekte auf die Mentees gehabt zu haben. Teilnehmer*innen hätten sich zwar sicherlich öfter Treffen in Präsenz gewünscht. Gerade im ersten „Corona-Sommersemester“ war dies auch zu zweit oft nicht möglich. Was von Anfang an – auch über die Mentoring-Programme hinaus – jedoch als sehr positive Entwicklung der Digitalisierung gesehen wurde, war die bessere Vereinbarkeit von Terminen mit Studium, Familie oder anderen Interessen. 

Was ist geblieben?

Eine Mischung aus digitalen und analogen Mentoring-Angeboten hat sich etabliert. Die vielen Vorteile digitaler Veranstaltungen erweitern das Angebot des Rahmenprogramms. So können nun weiter entfernte Gäste problemlos eingeladen werden. Auch für Mentees sind eventuell geplante Auslandsaufenthalte inzwischen kein Hindernis mehr dafür, an dem Mentoring-Programm teilzunehmen. Trainerinnen bieten ebenso vermehrt Online-Veranstaltungen an, wobei z.B. die Blended Learning-Methode angewandt wird.

Tatsächlich hat sich im Mentoring-Programm perspEktIve M etabliert, Treffen je nach Möglichkeiten in Präsenz oder digital abzuhalten. Der Austausch zwischen Tandems (Mentee und Mentor*in) findet oftmals abwechselnd digital oder in Präsenz statt – je nach Thema und Zeitkapazität. So wird etwa ein Shadowing vor Ort mit einer digitalen Nachbesprechung kombiniert. 

Geblieben ist nach der Pandemie nicht nur Zoom als Standard-App auf vielen Laptops, sondern auch das Wissen, dass das akademische Zusammenleben dann gemeinsame Entwicklungen erlaubt, wenn man sich für neue Ideen öffnet. 

Geblieben ist schließlich auch die Dankbarkeit über viele bereichernde Gespräche. Neue Bekanntschaften in Workshops, Breakout Rooms oder Netzwerktreffen zu knüpfen, die bestenfalls nach zahlreichen Flurgesprächen zu wichtigen Kontakten werden, ist nun digital und in Präsenz ein Element des Mentorings.  

Mentoring als Erfolgsgeschichte

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich Mentoring – nicht nur – an Hochschulen zu einem bewährten Instrument der Personalentwicklung etabliert. In diesem ersten Beitrag geben wir einen kurzen Vorgeschmack auf Mentoring und stellen unsere Programme vor. 

Die Wurzeln von Mentoring liegen in der griechischen Mythologie, in der Sage des Odysseus, dessen Sohn Telemachos während dessen Abwesenheit von seinem guten Freund Mentor beim Heranwachsen begleitet wurde. Waren es in der Sage nur männliche Protagonisten, wird Mentoring heutzutage meist als Maßnahme der Frauenförderung eingesetzt – in Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen. Denn Mentoring wirkt besonders dort gut, wo es strukturelle Barrieren gibt, die marginalisierte Menschen daran hindern eine Führungsposition, wie eine Professur oder ähnliche Posten einzunehmen. In der Wissenschaft wirken Mechanismen und Praktiken, die es besonders Frauen erschweren, Karriere zu machen und eine Professur zu erreichen. Unterschiedliche Anerkennungskulturen, die fehlende Einbindung in Netzwerke und die erschwerte Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie fördern das Cooling-out und die Frauen steigen gehäuft nach bestimmten Etappen aus. 

Mentoring an Hochschulen ist über die Jahre für verschiedene Zielgruppen wirksam geworden. Neben dem Schwerpunkt der Frauenförderung in den 1990er und 2000er Jahren, wird Mentoring für die verschiedensten Zielgruppen wie Studienanfänger*innen, Studierende mit Zuwanderungsgeschichte, first-generation-students, Doktorandinnen bis zu Juniorprofessor*innen genutzt, um individuelle Herausforderungen zu besprechen, informelles Erfahrungswissen weiterzugeben und strukturelle Barrieren sichtbar zu machen und aufzuweichen. 

Mentoring wirkt auf mehreren Ebenen 

Der Kern aller Mentoring-Programme in der Wissenschaft ist, die Beziehung zwischen einer beruflich erfahrenen Person (ein*e Mentor*in) und einer in diesem Bereich weniger erfahrenen Person (die*der Mentee). Diese Beziehung ist durch Unabhängigkeit und Offenheit geprägt, was es einfach macht Wissen zu teilen: Was sind erfolgreiche Strategien, um sich in der Scientific Community sichtbar zu machen? Wie verschafft man sich Gehör, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden? Wie geht man konstruktiv mit Zweifeln oder Kritik um? Die Mentorin beantwortet diese Fragen durch persönliche Einblicke. Dabei teilt sie wertvolles Wissen, das oft nur von Person zu Person weitergetragen wird und nicht nachzulesen ist. Mentoring schafft einen sicheren Raum, in dem vertraulich und offen über Zweifel, Herausforderungen, Wünsche und Ziele gesprochen wird. Dieser Raum ist im Wissenschaftssystem einzigartig und birgt deswegen enormes Potential. Durch den Austausch und die Vernetzung haben nicht nur die Mentees einen Benefit. Auch die Mentorinnen werden für die Situation der jüngeren, aufsteigenden Generation und ihre Herausforderungen sensibilisiert und können ihre Erkenntnisse auf ihre eigenen Betreuungsbeziehungen oder Entscheidungssituationen (z.B. in Gremien) übertragen. Gleichzeitig profitieren die Fakultäten und die Universität von den Mentees als selbstbewussten Wissenschaftlerinnen, die untereinander vernetzt sind, Wissensbestände miteinander teilen und im besten Fall zielgerichteter ihre Promotion abschließen.

Mentoring an der UPB

Seit 2008 gibt es das Mentoring-Programm für Doktorandinnen mit dem Ziel Frauen aller Fakultäten frühzeitig bei der wissenschaftlichen Karriereentwicklung zu begleiten und ihnen Orientierung im Berufsfeld von Universität und Hochschule zu geben. 2009 kam das Peer-Mentoring-Programm „Einblick!“ hinzu, das Studentinnen aller Fakultäten bei der Entscheidungsfindung zur Promotion begleitet. In einer kleinen Gruppe von Mentees werden Themen wie Finanzierung, erste Schritte und Meilensteine einer Promotion mit einer Doktorandin als Mentorin besprochen. 

Zeitgleich startete das Programm perspEktIve M, das spezifisch für Studentinnen der Fakultät EIM entwickelt wurde. Während einem One-to-one-Mentoring können Studentinnen sich sechs Monate lang intensiv mit einer*einem Mentor*in über den Arbeitsalltag in der Wissenschaft, Karriereplanung und ihre persönliche Kompetenzentwicklung austauschen. Damit die Vernetzung unter Studentinnen gegeben ist, bieten die Mentoring-Programme „Einblick!“ und perspEktIve M verschiedene Veranstaltungen für alle Mentees an.

Alle Programme richten sich in ihrer Durchführung nach den Qualitätsstandards des Forum Mentoring e.V., dem Bundesverband für Mentoring in der Wissenschaft. 

In diesem Blog geben wir Einblick in die jahrzehntelange Mentoring-Arbeit und zeigen das Netzwerk an engagierten Frauen, das sich stetig weiterentwickelt.

Zum Weiterlesen:

Neugierig auf weitere Informationen? Besuche unsere Programmseiten:

Mentoring für Doktorandinnen

Peermentoring

perspEktIve M – Mentoring-Programm für Studentinnen der Fakultät EIM

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Weitere Einblicke in die Arbeit als Mentoring-Koordination und relevante Themen: Petersen, R., Budde, M., Brocke, P. S., Doebert, G., Rudack, H., & Wolf, H. (Eds.). (2017). Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.