Am 30. November konnte ich über Live-Stream am #13. Berliner Klimagespräch der Klima Allianz Deutschland teilhaben. Der Titel der Veranstaltung war: Ein Planet braucht viele Stimmen – Interkulturalität und Klimaschutz. Diskutiert wurde mit Kübra Gümüşay, Autorin und Publizistin, Imeh Ituen, Sozialwissenschaftlerin und Klimaaktivistin, Martin Ladach, Projektleiter beim Bergwaldprojekt und Zohra Mojaddedi, Grüne Hamburg. Der Politikwissenschaftler Ario Mirzaie führte als Moderator durch den Abend.
Es ist schnell erklärt, dass der Klimaschutz eine Menschheitsaufgabe ist und den Einsatz aller Menschen egal welcher Herkunft und welcher Religion erfordert. Gerade Menschen des globalen Südens sind jetzt schon viel stärker vom Klimawandel betroffen. Trotzdem scheint der Klimaprotest im bunten Deutschland geprägt von weißen, akademisch gebildeten Menschen, zumindest in der Öffentlichkeit. Deshalb wurde zurecht im Berliner Klimagespräch die Frage gestellt: Wie können Klimaprotest und die öffentliche Darstellung inklusiver und vielfältiger werden?
Mich hat begeistert: Es gibt bereits viele Initiativen! #RamadanPlasticFast ist beispielsweise eine Kampagne der muslimisch-deutschen Organisation Nour Energy, die dazu aufruft, im Ramadan zum Green Iftar einzuladen und sich so für die Umwelt einzusetzen. Nour Energy hat 2010 damit begonnen, Photovoltaik-Anlagen auf Moschee-Dächern in Deutschland zu installieren. Yesil Çember ist die bundesweit erste türkischsprachige Umweltorganisation und steht für die barrierefreie Umweltbildung aller Bürger*innen in Deutschland. Die Initiative Musik und Klima wurde vom interreligiösen Musikprojekt Trimum e.V. gestartet, um mithilfe von Musik die gesellschaftliche Vielfalt in der Klimabewegung sichtbarer zu machen.
Wer ein bisschen länger im Netz sucht, findet auch weitere Vereine und Initiativen. Aber auch ich muss feststellen, dass sie nur durch bewusste Suche auffallen. Wenn diese kulturelle und religiöse Vielfalt in der Klimabewegung sichtbarer wäre, könnten umso mehr Menschen angesprochen werden uns sich engagieren. Deshalb erzähle ich hier davon und hoffe, dass Sie es weitererzählen.
Außerdem sollten sich die Organisationen, die große Öffentlichkeit erlangt haben, darum bemühen, dass ihre Klimabewegung inklusiver wird. Wo sind BIPoC (Black, Indigenous and People of Color), Juden, Muslime, Menschen mit Behinderung in der Debatte repräsentiert? Dafür braucht es, so Imeh Ituen, Narrative, Symbole und Perspektiven, von denen sich diese Menschen angesprochen fühlen. Themen, wie die gesteigerte Betroffenheit von geflüchteten Menschen, wie der Kolonialismus haben in der Klimabewegung noch kaum Platz. Klima darf nicht als singuläres Problem gesehen werden. Deshalb argumentiert Kübra Gümüşay für mich sehr verständlich dafür, in der Klimakrise auch Rassismus und Sexismus als Missstände zu bedenken, weil in allen dreien eine eingeschränkte Perspektive verabsolutiert werde. Nur eine Bewegung, die diese Beschränktheit in allen Missständen erkenne, könne auch nachhaltig handeln. Die Inklusivität ist selbstverständlich auch eine Frage von Strukturen in den Organisationen. Warum gibt es in der öffentlichen Klimabewegung viele engagierte Frauen? Kübra Gümüşay beobachtet, dass es zum Beispiel bei Fridays for future einen Safe space für Frauen gibt. Genauso sei es möglich, einen sicheren Raum für Menschen zu schaffen, die rassifiziert werden.
Für das Klima und unsere Gesellschaft hoffe ich, dass die Klimabewegung kultursensibler wird und die Perspektivenvielfalt als Gewinn wahrnimmt.
Dr. Cordula Heupts ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Systematischen Theologie am Institut für Katholische Theologie der Universität Paderborn.