Das ist eine Frage, die wohl viele Studierende kulturwissenschaftlicher Studiengänge zu genüge kennen und mit der sie sich regelmäßig bei familiären Festivitäten, Geburtstagen, religiösen Feiertagen oder sonstigen Anlässen auseinandersetzen dürfen. So wird es wohl auch dem/der einen oder anderen Studierenden der Zwei-Fach-Bachelor und Zwei-Fach-Master-Studiengängen an unserer Universität ergehen. Eigentlich harmlos und wertschätzend, wenn sie mit Wohlwollen und Neugier gefragt wird, aber manchmal auch stichelnd, wenn da dieser gewisse Unterton mitschwingt.
Nicht, dass die Frage nicht äußerst relevant wäre. Doch erstens kribbelt sie oftmals an wunden Punkten der Selbstexploration, wenn sie für sich selbst im eigenen Findungsprozess (noch) nicht beantwortet werden kann (wenn doch: umso besser!). Und zweitens wird sie auch dem Generalist*innen-Potenzial von Kulturwissenschaftler*innen nicht immer gerecht, da es Fluch und Segen zugleich sein kann, wenn die Wahl eines Studiengangs gegenüber anderen Bereichen (Medizin, Jura, Architektur, …) noch nicht so zielgerichtet Aussage über das zukünftige Tätigkeitsfeld verschaffen kann und muss – d. h. diese Findungsphase kann angesichts der flexiblen Berufsperspektiven ggf. immer wieder neu im Laufe der Berufslaufbahn verhandelt werden. Wenn dann noch bestimmte Fächer, denen mit besonders vielen Vorurteilen begegnet wird, z.B. theologischer Natur („Um Gottes Willen!“, „Das ist doch keine Wissenschaft!“), erziehungswissenschaftlicher Natur („Du willst also Nanny werden?!“) oder philosophischer Natur (der oder die Taxifahrer*in lässt clichéhaft grüßen) ins Spiel kommen, dann wird das Studienvorhaben unter den skeptischer veranlagten Zeitgenoss*innen im familiären Umfeld oftmals nicht gerade als Sicherheitszuschuss verstanden.
Doch wie steht es um die Kulturwissenschaftler*innen auf dem deutschen Arbeitsmarkt? Ein Blick in Statistiken verrät: Insgesamt eigentlich ganz gut und auf jeden Fall besser als meist gedacht! Auch wenn die berufliche Einstiegszeit manchmal herausfordert und sich die Beschäftigungssituationen unterscheiden, gibt es keine höhere Arbeitslosenquote als in anderen Bereichen. In der Wirtschaft arbeiten z.B. in größeren Unternehmen mittlerweile vier von zehn Angestellte mit einem kulturwissenschaftlichen Hintergrund, weil sie für ihre Soft Skills und Vielseitigkeit geschätzt werden.[1]
Hier also ein paar (nicht immer ganz ernst gemeinte) Strategien zum Umgang bei anstehenden unfreiwilligen Berufsfindungsinterviews, die vor Rechtfertigungsschleifen oder eingängigen Gewissensprüfungen helfen können:
- Wegbleiben
- Vom Thema ablenken („Ist die Pizza schon bestellt?“)
- Einen Katalog mit Statistiken hervorzaubern („ich hab‘ da mal was vorbereitet …“)
- Versichern, noch auf Lehramt zu wechseln (und es dann doch nicht tun … ^^)
- Irgendeinen beliebigen „klassischen“ Beruf nennen, den der Onkel oder die Großcousine kennt (PR-Agentin, Lektor, …) und mit dem sich zufriedengegeben wird
- Ironie („Hundefriseurin oder Taxifahrer!“)
- Wenn jemand wirklich interessiert ist: die offene und breit aufgestellte Ausrichtung des Studiums erklären und über mögliche oder ganz konkrete Interessengebiete berichten
Die beste (und ernst gemeinte) Strategie sollte allerdings sein, sich nicht entmutigen zu lassen, wenn die Studienwahl selbst gefällt, Freude macht und sich stimmig anfühlt, und stets die Augen offen zu halten nach Orientierungspunkten, Austauschmöglichkeiten und Erfahrungsschätzen: Was für ein Praktikum kann mir weiterhelfen, um zu entscheiden, was (nicht) in Frage kommt? Wo liegen meine Stärken, Schwächen und Interessen? Kann ich mal mit jemanden sprechen, der das schon beruflich macht, was mich interessiert? Wo kann ich z. B. über Nebenjobs hilfreiche Kontakte knüpfen? Was für Stellenanzeigen interessieren mich, was brauche ich für Qualifikationen und Weiterbildungen, um die Einstellungskriterien zu erfüllen? Wie kann ich mit den Ambivalenzen des Studienbereichs Umgang finden lernen und die breiten Orientierungsmöglichkeiten für mich gewinnbringend nutzen? Denn mit mehr Orientierung fühlt sich auch die Frage gleich nicht mehr so zwickend an und die Motivation im Studium wird durch Zielperspektiven gefördert.
Und: Die Frage zwischendurch auch mal bei Seite stellen und einfach Spaß am Studium haben! Egal was für die kommenden Wochen geplant ist: Allen Studierenden eine schöne vorlesungsfreie Zeit!
[1] https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/christiane-konegen-grenier-bessere-berufschancen-als-gedacht.html
Sarah Lebock ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZeKK & am PIIT und gemeinsam mit Dr. Annette Bentler, Dr. Thomas Reuther und Andreas Fröger Teil des Dozierendenteams für den Kurs „Kulturwissenschaftler*innen im Beruf“, der stets zum Wintersemester an der UPB angeboten wird.
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