In dieser Zeit erinnere ich mich oft an einen Vers aus dem Quran: In der Schöpfungserzählung in der Sure 2, Vers 29, fragen die Engel Gott, warum er ein Wesen erschaffen will, der Unheil stiftet und Blut vergießt, als Gott ihnen verkündet, dass er den Menschen erschaffen will. Welch berechtigte Frage, denke ich, wenn ich die aktuellen Grausamkeiten sehe, die durch menschliches Handeln entstehen. Die unzähligen Opfer der Kriege in Ukraine, Syrien, Jemen, Palästina, Israel und weitere unzählige Krisengebiete zeigen, wie unberechenbar, erbarmungslos, machtsüchtig und rucksichtlos der Mensch sein kann. Auch die Umweltkrise führt uns vor, wie der Mensch durch Habsucht und materiellen Gewinnwahn seinen eigenen Lebensraum vernichtend missbraucht.
Auf die Frage der Engel, antwortet Gott „Ich weiß, was ihr nicht wisst“. Gott in seiner Weisheit wusste, wozu der Mensch außerdem noch in der Lage ist: bedingungslos und unermüdlich den Menschen in Not zu helfen, mit ihnen das Wenige zu teilen, das sie selbst besitzen. Den traumatisierten Kindern, die nicht verstehen, warum sie aus ihrem vertrauten Heim entrissen wurden, schöne Geschichten erzählen und sie zum Lachen bringen, damit sie für einige Minuten ihr Leid vergessen. Das sind einige wenige Beispiele von Taten der Menschen, die derzeit nichts anderes tun, als Hoffnung zu geben. Menschen, die in Liebe und Hingabe sich der Menschlichkeit verpflichtet fühlen. Menschen, die die Schöpfung als Leihgabe dankbar annehmen und sie in Demut und Respekt und mit Sorgfalt nutzen.
Ja, Gott wusste welches Wesen er erschafft. Ein Wesen, das stets abwägen muss, um die richtige Entscheidung zu treffen, und Gott traut dem Menschen zu, dass er dies auch tut. Derzeit fällt es schwer zu glauben, dass die Krisen und Kriege enden werden und dass alle Menschen miteinander in Frieden leben. Es gibt aber keine Alternative zur Hoffnung und zum Handeln.
Im Quran heißt es, wenn dem Bösen mit etwas entgegnet wird, was besser ist, also die Feindschaft mit Freundschaft und Güte entgegnen, wird der Feind wie ein vertrauter Freund. Dies können jedoch Menschen tun, die geduldig und glückselig sind (Q 41:34-35).
Ist dieses Versprechen utopisch oder wirklich? Ich bin davon überzeugt, dass dies ein Versprechen und eine Aufforderung ist, die den Menschen Zuversicht und Verantwortung mitteilt. Der steinige Weg zum Frieden ist begehbar, wenn der Mensch bereit ist, alle mögliche und komplexe Wege zu nutzen und die Spirale der Gewalt nicht mit mehr Gewalt durchbrechen will.
Hamideh Mohagheghi ist Lehrbeauftragte am Paderborner Instituts für Islamische Theologie.
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