Für gläubige Christen steht in den nächsten Tagen das Osterfest bevor. Obwohl schon seit Wochen bunte Eier an den Sträuchern hängen und Schokoladeneier in den Regalen der Supermärkte liegen, ist heute erstmal Karfreitag. Heute steht das Gedenken des Todes Jesu am Kreuz im Mittelpunkt. Der Name des Karfreitags kommt vom althochdeutschen Wort kara, was „Trauer“, Kummer“, „Klage“ bedeutet. Es ist ein strenger Fastentag, während dessen kein Fleisch gegessen wird. Es werden keine Sakramente gefeiert und ich bin jedesmal wieder überrascht, wie leer und schmucklos die Kirche an diesem Tag wirkt, ohne Kerzen oder Altartücher. Die Geschichte des Leidens Jesu geht an diesem Tag besonders nahe.
Vor Ostern als der Feier der Auferstehung und der Rettung aller Menschen aus dem Tod gibt es also eine Zeit des Verzichts und der Trauer. Das heißt nicht, dass man sich immer besser freuen kann, wenn man vorher Leid oder Trauer erlebt hat. Oder noch schlimmer, dass es Leid geben muss, damit man sich danach besser freuen kann. Aber im Fall der Auferstehung Jesu gehören der Leidensweg Jesu und sein „Herabsteigen in das Reich des Todes“ zur Feier der Auferstehung dazu. Sie sind nur gemeinsam zu verstehen und zeigen Christen etwas mehr von Gott, indem sie hoffen lassen, dass er uns Menschen aus dem Tod errettet und im übertragenen Sinne auch aus unserer Gottesentfernung.
Aber die Darstellung des leidenden Jesu am Kreuz bleibt anstößig. Obwohl die Medien nicht die Darstellung des Kriegsgrauens scheuen, scheint der stetige Anblick des Leidens im religiösen Kontext fremd. Navid Kermani, deutsch-iranischer Schriftsteller, Islamwissenschaftler und Muslim, drückt das in einem Zeitungsartikel 2009 provokant aus, wenn er eine solche Vergegenständlichung des Schmerzes als barbarisch kritisiert, ja als „Gotteslästerung und Idolatrie“[1]. Doch er bleibt dabei nicht stehen. Er findet einen eigenen Zugang durch das Gemälde „Kreuzigung“ von Guido Reni (1575-1642). In ihm erschloss sich für Kermani das Leiden Jesu als das Leiden und der Tod aller Menschen. Vielleicht kann Kermani einen Anstoß geben, das Geheimnis des Todes Jesu durch Kunst oder Musik verständlicher zu machen. Sie bieten das Potential, neue Zugänge zu Ostern zu finden, damit es mehr ist, als Ostereier und Osterhasen ;-).
[1] Vgl. Kermani, N., Bildansichten: Warum hast du uns verlassen? In: https://www.nzz.ch/warum_hast_du_uns_verlassen__guido_renis_kreuzigung-1.2195409
Dr. Cordula Heupts ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Katholisch-Theologischen Fakultät Bonn.
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