Auch in Paderborn wurden in Zeiten des Barocks Hexen verbrannt. An der Nordseite des Doms.
Professor Friedrich von Spee antwortete auf die Frage, ob die von Hexen ausgehende Gefahr real sei, mit einem entschiedenen Ja. Jedoch war das für ihn noch kein Grund, sie zu verfolgen, hinzurichten und schon gar nicht zu foltern. Als „Hexenbeichtiger“ hatte er so manches zu Gehör bekommen. Und während Mord für Professor von Spee zu „gemeinen“, sprich, alltäglichen, Verbrechen zählte, gehörte Magie für den Moraltheologen eindeutig den Sonderverbrechen an. Trotzdem hat er den Kampf gegen die „peinliche Quaestion“ [Folter] zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Für von Spee durfte die Angst vor einer noch so realen Gefahr nicht zur Vorverurteilung von Frauen und Männern führen.
Durch Angst herbeigeführte Spaltungen müssen nicht immer „nur“ über Religionsgrenzen verlaufen. Neuerdings sehen wir, dass auch andere Kriterien zu einer solchen Grenze werden können. Dabei wird schnell vergessen: Auch die Menschen, über die man selbst sich zu dem einen oder anderen Zeitpunkt empören mag und deren Glaubenssätze man nicht teilt, sind Geschöpfe Gottes. Wenn man sich von ihnen immer nur distanziert, sie vielleicht unter Druck setzen will, hat man zwar möglicherweise selbst eine saubere Weste, aber ist damit wirklich jemandem geholfen, außer der eigenen Selbstdarstellung?
Das Fremde, das Befremdliche liegt oft direkt vor der Haustür. Man muss nicht gleich mit jedem Andersdenkenden Bruderschaft trinken, aber ein Versuch, in den anderen hineinzuhorchen, kann nicht nur dem Betroffenen selbst, sondern auch der Gesellschaft dienlich sein. Solidarität kann wie auch der Glaube nicht erzwungen werden – schon gar nicht durch fröhliche Mission. Um den Anderen anzusprechen, muss man vielleicht manchmal ein Stück eigenen Heiligenschein riskieren.
Elizaveta Dorogova ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Islamische Theologie der Universität Paderborn.
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