Am 5. Juli. 2021 war der 11. Gedenktag des ägyptischen Denkers Nasr Abu Zaid (gest. 5. Juli 2010). Ich habe von ihm gehört, bevor ich ein einziges Wort von ihm gelesen habe. In der Mittelschule hörte ich das Vorurteil, dass er in seinem Buch „Naqd al-ḫiṭāb ad-dīnī, Kairo 1992; Kritik des religiösen Diskurses“ über den Islam bzw. den Koran schlicht spricht. Dieses Vorurteil blieb in meinem Kopf bis ich anfing, Islamwissenschaft an der Al-Azhar Universität zu studieren. Damals begann ich, die Schriften von Nasr Abu Zaid zu lesen und seine Interviews auf YouTube zu schauen. Seine Geschichte hat mich berührt.
Es wurde klar für mich, dass er ein mutiger und ein verantwortungsvoller Mensch war. Als sein Vater starb, übernahm er die Verantwortung für seine Familie und er unterstützte seine kleinen Geschwister, bis sie selbst für sich sorgen konnten. Diese menschliche Seite von Abu Zaid hat mich sehr beeinflusst.
Nasr träumte davon, an der Universität zu studieren. Nach einer technischen Ausbildung konnte er, neben seiner Arbeit, seinen Traum erfüllen und er besuchte die Universität Kairo, um dort Arabistik zu studieren. Nach seinem Studium begann seine Karriere an der Universität. In 1990er Jahren geriet er wegen seiner Lesart bzw. seines andersartigen Verständnisses des Korans in Ägypten in scharfe Kritik. Einige Gelehrten beschuldigten ihn der Apostasie. Abu Zaid wurde scharf kritisiert, weil er den Koran in seinem geschichtlichen Kontext interpretieren wollte. Die bekannte Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel (gest. 2003) sah in ihm einen „der herausragenden Köpfe der islamischen Welt, der den gefährlichen Versuch unternahm, den Koran für die Moderne zu öffnen“ (Tages Spiegel, 07.07.2010).
Manchmal denke ich, dass seine Gegner bzw. Kritiker ihm einen großen Gefallen getan haben. Denn aufgrund dieser scharfen Kritik wurde Nasr Abu Zaid berühmt und seine These verbreitete sich in der ganzen Welt. In seinem letzten Interview mit (Qantara.de.) sagte der bescheidene Forscher: „Ja, ich bin ein Opfer. Aber ich bin auch ein Zeuge des Wandels, der vonstattengeht, allen Grausamkeiten – wie in meinem Fall – zum Trotz. Der berühmte arabisch-spanische Philosoph Averroës wurde verurteilt. Doch seine Ideen haben sich trotzdem im Westen ausgebreitet“.
Ahmed Elshahawy ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Islamische Theologie der Universität Paderborn.
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