„Die Anzahl der Monate bei Allāh ist zwölf Monate in dem Buch Allāhs am Tag, als Er die Himmel und die Erde erschuf. Davon sind vier heilig. Dies ist die rechte Religion. Darum tut (euch selbst) in ihnen kein Unrecht an…“ (Q 9:36)
Heute beginnt einer der vier auserwählten Monate im Islam, Ḏū l-Qaʿda, der 11. Monat im islamischen Kalender und der erste der drei aufeinanderfolgenden heiligen Monate. Den Namen Ḏū l-Qaʿda (w. der Monat des Verzichts bzw. des Zurückhaltens) trägt dieser Monat noch aus vorislamischer Zeit: arabische Stämme haben in diesem Monat auf gegenseitiges Kämpfen verzichtet und sich für die Pilgerfahrt im Folgemonat vorbereitet. Die Sicherheit der von Weitem anreisenden Pilger sollte dabei garantiert werden. Der o.g. Koranvers spezifiziert nicht die konkreten heiligen Monate, um die es sich handelt. Dies wird hingegen in der Abschiedspredigt des Propheten Muḥammad ﷺ erläuter: „…Das Jahr hat 12 Monate. Vier davon sind heilig: drei aufeinanderfolgende, Ḏū l-Qaʿda, Ḏū l-Ḥiǧǧa und Muḥarram, und der Monat Raǧab…“ (Ṭabarī, Tafsīr11/440). Die Besonderheit dieser durch den Koran und den Ḥadīṯ festgelegten Zeit liegt nicht nur in dem gesellschaftlichen Aspekt der Sicherheit der Pilger, die durch das Verbot der Kriegszüge noch vor dem Islam gewährleistet und durch den Koran bestätigt wurde.
Vielmehr wurde diese Verordnung um eine zusätzliche innere Dimension erweitert: durch das Gebot „…darum tut (*euch selbst*) in ihnen kein Unrecht an…“ wird der Schwerpunkt auf die innere Ruhe eines jeden Menschen gesetzt. Und der Prophet warnt, dass die Sünden in heiligen Monaten schwerwiegender sind als in anderen Zeiten.
In Anbetracht der gesellschaftlichen und politischen Konflikte letzter Zeit im Nahen Osten scheint mir, dass sich unsere heutige Zeit nach diesen beiden Dimensionen der Sicherheit und der Ruhe besonders sehnt. Der Wunsch nach dem Frieden soll in den Gebeten der Gläubigen in den folgenden heiligen Monaten erklingen, insbesondere für die Heilige Stadt Jerusalem – eine „Stadt des himmlischen und des irdischen Friedens“.
Wegen der Dynamik unseres Lebens vergessen wir sehr oft die auserwählten Tage, Nächte, Orte und Ereignisse. Sie verbleiben nur als Notizen in unseren Kalendern und wir vernachlässigen ihre Bedeutung und Heiligkeit. In einem bekannten Ḥadīṯ erläutert der Prophet Muḥammad ﷺ was Gott alles ausgezeichnet und geheiligt hat: „Gott hat einige Dinge in seiner Schöpfung auserwählt: von den Engeln und Menschen – die Gesandten, von der Rede – das Gedenken Gottes (ḏikr), von den Orten auf der Erde – die Gebetshäuser, von den Monaten – den Ramadan und die heiligen Monate, von den Tagen – den Freitag und von den Nächten – die Nacht der Bestimmung (laylat al-qadr).“ (Ebd. 445).
Das Ehren und Schätzen der Heiligkeit folgender drei Monate gehört zur „Gottesfurcht der Herzen“ (taqwā l-qulūb) (Q 22:32). Die heiligen drei Monate bieten dem Menschen die Möglichkeit seiner Seele Raum zu schaffen, sich von der Weltlichkeit zu befreien und die Gottesfurcht zu erlangen. Und genauso wie das Sündigen in diesen Monaten schwerwiegender ist, ist die Wert der rechtschaffenen Taten in dieser Zeit besonders belohnungswert…
Ahmed Husić ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Islamische Theologie der Universität Paderborn.
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