Forschendes Lehren

Positions-Post

Wir leben in einer Zeit, in der fast alles im Leben einer rasanten Entwicklung und Veränderung unterliegt. In der Berufswelt ist daher nicht selten die Rede von der Notwendigkeit eines „Lebenslangen Lernens“, um die eigenen Kompetenzen immer wieder weiterzuentwickeln und die gesammelten Erfahrungen mit neuen Erkenntnissen zu verbinden. Kaum jemand kann heute durch seine Ausbildung oder ein Studium Wissen erwerben, das für die gesamte Beschäftigungsdauer ausreichend ist. Eine Berufsausbildung bildet vielmehr den Einstieg in das Berufsleben. Warum sollte es in meinem zukünftigen Arbeitsfeld einer Lehrkraft anders sein? Da sich auch die Kultur des Lernens und Lehrens stetig verändert und entwickelt, möchte ich im Folgenden aufbauend auf diesem Verständnis und unter Einbeziehung einschlägiger Literatur Stellung zum Konzept des „Forschenden Lehrens“ beziehen.

Professionelle Praxis wurde lange Zeit nach dem „Modell technischer Rationalität“ rekonstruiert, welches besagt, dass qualifizierte praktische Handlung aus der Anwendung theoretischen Wissens besteht (vgl. Altrichter/ Posch 2007, S. 321). Professionelle Lehrerarbeit ist aus meiner Sicht allerdings viel mehr als die Umsetzung theoretisch erlernter Konzepte und die Ausübung einer Rolle durch Erfüllung zugeschriebener Aufgaben, da die institutionellen Kontexte eben nicht durch stabile Strukturen gekennzeichnet sind. Nach Schön zeichnet sich die berufliche Praxissituation durch Komplexität, Einzigartigkeit, Instabilität, Ungewissheit aufgrund nicht beobachtbarer Faktoren sowie Wert- und Interessenkonflikte aus (vgl. Schön 1983, S. 14). Gerade an beruflichen Schulen, die eine sehr heterogene Schülerschaft aufweisen, sind solche Charakteristika stark ausgeprägt. Hinzukommen veränderte Rahmenbedingungen, Schulentwicklungsaufgaben und ähnliches (vgl. Ertl/ Kremer 2005, S. 43). Diese Betrachtung schränkt die Sichtweise ein, dass professionelles Handeln in der Auswahl und Anwendung wissenschaftlicher Konzepte auf berufliche Handlungssituationen besteht, da die Charakteristika beruflicher Praxis zunächst eine Problemdefinition erforderlich machen. Dafür ist es notwendig, die zu bewältigenden Probleme zu benennen und den Problemkontext zu untersuchen (vgl. Schön 1983, S. 39-40). In der Praxis muss das professionelle Handeln daher aus einem Zusammenspiel aus Wissen und Handeln bestehen, für welches sowohl eine Kompetenz zur Reflexion-in-der-Handlung, als auch eine Kompetenz zur Reflexion-über-die-Handlung notwendig ist (vgl. Altrichter/ Posch 2007, S. 330).

Die Reflexion und Verbesserung des eigenen Handelns bilden einen wesentlichen Bestandteil professioneller Lehrerarbeit. Ertl und Kremer verdeutlichen mit ihrer Studie zu Innovationskompetenz von Lehrkräften an beruflichen Schulen, dass Innovation i.S.v. fachlichen und pädagogischen Neuerungen zur Verbesserung der Unterrichtsarbeit eine Kernaufgabe von Lehrkräften darstellt (vgl. Ertl/ Kremer 2005, S. 57) und ebenso als Anforderung gesehen werden kann, die eigene Professionalität weiter zu entwickeln (vgl. Ertl/ Kremer 2005, S. 60). Auch Altrichter und Posch weisen darauf hin, dass Unterricht nicht allein dadurch besser wird, dass Standards vorgegeben werden, sondern ebenso Expertise und Entwicklungsfähigkeit der Lehrer gegeben sein müssen (vgl. Altrichter/ Posch 2007, S. 23). Daraus wird die Notwendigkeit zur Innovation und vorhergehenden Forschung ersichtlich.

Kremer und Zoyke beschreiben Lehrerhandeln in diesem Sinne unter anderem als ein Zusammenspiel aus der Identifikation bestehender Probleme und Defizite in der Praxis und der Einbeziehung theoretischer Erkenntnisse zur Strukturierung der eigenen Position im Sinne handlungsleitender Instrumente (vgl. Kremer/ Zoyke 2007, S. 5). Diese Verzahnung aus Theorie und Praxis bringt unvermeidliche Diskrepanzen mit sich, die zugleich Bestandteil des Konzeptes des „Forschenden Lehrens“ und des Tätigkeitsfeldes des Unterrichtens sind. Die von Wissenschaftlern konzipierten Modelle, die wir während unserer Lehrerausbildung kennenlernen, basieren zwar meist auf praktischen Beobachtungs- und Erfahrungswerten, machen aber zugleich gewisse Annahmen nötig, die aufgrund der Komplexität von Unterrichtssituationen in konkreten Fällen lediglich beschränkt oder modifiziert zutreffen können. Einer solchen Aussage werden Lehrkräfte mit praktischen Erfahrungen im Allgemeinen vermutlich zustimmen. Fraglich ist jedoch, welche Anstrengungen erbracht werden, um im Alltag eine höhere Passung zwischen Theorie und Praxis zu erzielen. Aus meiner Sicht wird an dieser Stelle nochmals die Notwendigkeit des „Forschenden Lehrens“ ersichtlich, weil erst die Wahrnehmung bestehender Diskrepanzen und der anschließende Versuch einer Problembewältigung zu einer kontinuierlichen Verbesserung des eigenen Unterrichts beitragen können.

Die bisherigen Ausführungen deuten darauf hin, dass das Konzept des „Forschenden Lehrens“ einen Professionalisierungsprozess erforderlich macht, in welchem Lehrkräfte spezifische Kompetenzen entwickeln sollten. Voraussetzungen für die Entwicklung einer Innovationskompetenz sind die Bereitschaft und Fähigkeit zur Verbesserung des eigenen Handelns (vgl. Ertl/ Kremer 2005, S. 57). In dem Katalog der Standards für die Lehrerbildung der Kulturministerkonferenz werden die angestrebten Kompetenzen auf Grundlage der Anforderungen beruflichen Handelns im Lehramt beschrieben. Der Kompetenzbereich des Innovierens stellt dabei die Anforderung einer ständigen Weiterentwicklung bestehender Kompetenzen. Konkret werden Fähigkeiten wie die Reflexion eigener beruflicher Kompetenzen oder die Nutzung von Ergebnissen aus der Bildungsforschung für eigene Tätigkeiten erwartet (vgl. KMK 2004, S. 12), die ein „Forschendes Lehren“ implizieren.

Zusammenfassend verbirgt sich hinter dem Konzept des „Forschenden Lehrens“ aus meiner Sicht das Ziel eines Erkenntnisfortschritts, das in der Literatur auch in Bezug auf die Aktionsforschung benannt wird (vgl. Altrichter/ Posch 2007, S. 21). Durch die Untersuchung beruflicher Situationen und die Umsetzung innovativer Strategien/ Konzepte soll einerseits Entwicklungsarbeit für die Schule geleistet und andererseits das eigene Wissen sowie die berufliche Handlungskompetenz ausgebaut werden. Neben dem Professionalisierungsprozess spielt aber auch die Verbesserung der Unterrichtsqualität eine große Rolle, da das Bestreben einer jeden Lehrkraft vordergründig darin liegen sollte, der Verantwortung einer möglichst umfassenden und optimalen Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler nachzukommen. Aus meiner Perspektive bedarf Lehre bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben wissenschaftlichen Handlungsformen, denn um es mit den Worten von Euler zu sagen: „Die Lehre speist sich aus der Forschung, das Erlernen von wissenschaftlichem Denken geschieht am wirkungsvollsten durch die Teilhabe an der Forschung“ (Euler 2005, S. 3).

Durch die Einbettung der Lehrhandlung in einen institutionellen und organisatorischen Rahmen, ist die wissenschaftliche Handlung der Lehrperson mit den Lernprozessen der Lernenden verbunden (vgl. Kremer/ Zoyke 2007, S. 7), sodass der Lehrende als Forscher selbst Bestandteil des Forschungsgegenstandes wird. Zudem beschäftigt sich eine forschende Lehrperson zugleich mit dem „Forschenden Lernen“ und dem „Forschenden Lehren“, da meiner Ansicht nach eine unmittelbare Verbindung besteht. „Forschendes Lernen“ stellt ein methodisches Prinzip für die Gestaltung von Lehre dar (vgl. Euler 2005, S. 14), indem Theorien darauf untersucht und hinterfragt werden, ob sie Werkzeuge zur Erklärung und Gestaltung von Praxis darstellen (vgl. Euler 2005, S. 17). Vor diesem Hintergrund kann Lernen als Basis von Lehren angesehen werden, da eine forschende Lehrperson zunächst theoretische Konzepte hinterfragen wird, um für ein praktisches Problem eine realisierbare Lehrstrategie zu finden.

Die Kultur des Lernens und Lehrens verändert und entwickelt sich stetig. Mit diesen einleitenden Worten möchte ich meinen Beitrag auch beenden, da eine solche Sichtweise ein klares Argument dafür ist, Forschung als Bestandteil von Lehrerhandeln anzusehen. Fraglich ist allerdings, wie viel Zeit den Lehrenden neben den Aufgaben der täglichen Berufsarbeit für die Gestaltung von Schul- und Unterrichtspraxis zur Verfügung steht. Trotz eindeutiger Argumente für das „Forschende Lehren“ sehe ich das Problem fehlender materieller Anreizsysteme, welche eine Mehrbelastung der Lehrenden rechtfertigen und Forschungsanstrengungen selbstverständlicher machen würden. Dennoch sollten eine kontinuierliche Lernbereitschaft und die Reflexion des eigenen Handelns zur Verbesserung der Lehre eine Grundhaltung der Lehrenden darstellen.

 

Literaturverzeichnis

  • Altrichter, H./ Posch, P (2007): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsevaluation durch Aktionsforschung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Ertl, H./ Kremer, H.-H. (2005): Innovationen im schulischen Kontext. Ansatzpunkte für berufsbegleitende Lernprozesse bei Lehrkräften. Paderborn: Eusl-Verlagsgemeinschaft.
  • Euler, D. (2005): Forschendes Lernen. In: Wunderlich, W./Spoun, S. (Hrsg.): Studienziel Persönlichkeit. Beiträge zum Bildungsauftrag der Universität heute. Frankfurt/ New York: Campus, S. 253-272. Online: http://www.edudoc.ch/static/infopartner/iwp_fs/2005/iwp27_250105.pdf (22.04.2013).
  • KMK (2004): Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Online: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf (22.04.2013).
  • Kremer, H.-H./ Zoyke, A. (2007): Fachdidaktisches Praktikum als Ankerpunkt der Professionalisierung. In: Berufs- und Wirtschaftspädagogik – Online. Ausgabe Nr. 12: Qualifizierung von Berufs- und Wirtschaftspädagogen zwischen Professionalisierung und Polyvalenz. Online: http://www.bwpat.de/ausgabe12/kremer_zoyke_bwpat12.pdf (22.04.2013).
  • Schön, D. A. (1983): The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action. USA: Basic Books.

6 Gedanken zu „Forschendes Lehren

  1. Hallo Mira,

    deine Postitionsbestimmung gefällt mir sehr gut.

    Du gehst in deiner Einleitung sehr schön auf das lebenslange Lernen ein und beschreibst sehr gut die Komplexität etc. der beruflichen Praxissituation. Diese Ausführungen sind eine sehr gelungene Heranführung an deine Beschreibung professioneller Lehrarbeit in Absatz drei.

    Durch die Darstellung der theoretischen Grundlagen von Kremer/Ertl und Altrichter/Posch zur professionellen Lehrarbeit hast du meines Erachtens einen sehr guten Übergang zum forschenden Lehren gefunden, welches du anschließend durch die Ausführungen von Kremer/Zoyke erläuterst.

    Sehr gut finde ich auch deine Ausführung in Absatz vier, warum eben Diskrepanzen im Schulalltag die Wichtigkeit forschenden Lehrens aufzeigen. Dies entspricht auch meiner Ansicht.

    Gut gefällt mir auch die Darstellung deiner eigenen Position zum forschenden Lehren. Du gehst dabei auf die Vorteile dieses Konzeptes ein und beschreibst noch die Verbindung von forschendem Lehren zu forschendem Lernen, welches auch meiner Meinung nach zusammen gehört.

    Positiv finde ich auch, dass du deine einleitenden Worte in deinem Schlussteil erneut aufnimmst.

    Ich habe noch anzumerken, dass du die negativen Aspekte, die du in deinem letzten Absatz anführst, eventuell schon früher hättest darstellen können, um die Vor- und Nachteile gegenüber zu stellen und zu erklären, warum forschendes Lehren wichtig ist.

    Zusamenngefasst aber eine sehr gelungene und sehr ausführliche Positionsbeschreibung.

    Viele Grüße,
    Ilka

  2. Hallo Mira,

    mir gefällt dein Positionspost sehr gut.

    In deiner Einleitung beschreibst du, dass eine ständige Weiterentwicklung in jedem Beruf notwendig ist und eben deshalb – oder insbesondere – auch im Lehrerberuf. Damit teilst du meine Ansicht, da auch ich mich in meinem Post darauf bezogen habe.

    Du hast vielfältige Literatur eingebracht, auf welche du dich dann jeweils detailliert beziehst. Dadurch kannst du viele verschiedene Argumente anbringen und diese ausführlich darstellen. Auch die Verbindung von forschendem Lehren und forschendem Lernen gefällt mir sehr gut.

    Außerdem bist du nicht nur auf die positiven Aspekte des forschenden Lehrens eingegangen, sondern hast auch Argumente aufgegriffen, welche aus Lehrersicht dagegen sprechen könnten. Diese sollten meiner Ansicht nach auch bedacht werden, selbst wenn ich persönlich finde, dass man diese wiederlegen kann.

    Als Kritikpunkt würde ich persönlich anführen, dass deine eigene Meinung manchmal etwas in den Zitaten untergeht. Einerseits finde ich es sehr gelungen, dass du deine Meinung mit Zitaten unterlegst, andererseits hätte ich es schön gefunden, wenn du noch einmal abschließend zusammenfassend deine Meinung dargestellt hättest.

    Insgesamt aber ein sehr gelungener Post, der nicht zuletzt auch meine eigene Meinung zu dem Thema unterstreicht.

    Liebe Grüße
    Steffi

  3. Hallo Mira,
    meiner Meinung nach verwendest du eine sehr gute Einleitung, mit der die Notwendigkeit „forschenden Lernens“ klar dargestellt werden kann. Des Weiteren gefällt mir deine vielfältige Literatur, welche du in deiner eigenen Meinung verwendest und detailliert erläuterst. Hier hätte ich mir allerdings eine kleine Zusammenfassung deiner eigenen Meinung gewünscht. Kurz und knapp ohne Zitate und andere Literatur, nur deine eigenen Worte, 🙂
    Ansonsten ein sehr guter Post.

    Gruß

  4. Hallo Mira,
    dein Post hat mir wirklich sehr gut gefallen und es wird deutlich, dass du dich im Vorfeld intensiv mit deiner Position zum forschenden Lehren auseinandergesetzt hast.
    Sehr gelungen finde ich deinen vergleichenden Einstieg. Meiner Meinung nach wird deutlich, dass lebenslanges Lehren ein allgemeingültiges Konzept ist, welches für einen beruflichen Werdegang ebenso gilt wie für die persönliche Entwicklung eines Jeden.
    Gut finde ich auch, dass dein Post die wesentliche Entwicklung der Thematik rund um das forschende Lehren widerspiegelt. Du beginnst mit der technischen Rationalität, die in der Vergangenheit lange das vorherrschende Konzept war und schlägst dann den Bogen zur Reflexion-in-der-Handlung du Reflexion-über-die Handlung, was bereits impliziert, dass es zu einem Perspektivwechsel im Bereich des forschenden Lehrens gekommen ist.
    Vor diesem Hintergrund begründest du schlüssig, warum die Weiterentwicklung der eigenen Professionalität wichtig ist und das die Punkte Innovations- und Entwicklungskompetenz in diesem Zusammenhang sehr wichtig sin. Auch stellst du den Zusammenhang zwischen der Bedeutung wissenschaftlicher Arbeits- / Denkweisen für die Weiterentwicklung der eigenen Professionalität sehr treffend heraus. Dabei schaffst du es sehr gut die Aktionsforschung als derzeitigen „State of the Art“ herauszustellen.
    Problematisch sehe ich allerdings deine Annahme bzw. Forderung nach materiellen Anreizsystemen, die forschende Lehre fördern sollen. Die Frage die ich mir stelle ist, ob forschendes Lehren nicht im Bewusstsein der Lehrenden verankert sein sollte und diese dies intrinsisch motiviert betreiben? Meiner Auffassung nach muss während der Lehrer Ausbildung verstärkt ein Bewusstsein für das forschende Lehren geschaffen werden, vor allem auch vor dem Hintergrund der eigenen Professionalität.
    Dennoch finde ich es einen sehr guten Post und freue mich auf deine weiteren Posts =)

    Lieben Gruß
    Kim

  5. Hallo Mira,

    auch von mir bekommst du ein Lob für deinen Post!

    In der Einleitung gehst du (wie ich selbst ja auch) auf die ständige Weiterentwicklung in jedem Berufsalltag ein, zudem hast du Ergebnisse aus der Literatur mit in deinen Post einfließen lassen und konntest auf dieser Basis gut argumentieren. Auch die Thematisierung forschenden Lernens und der evtl. Gegenargumente zum Thema Forschendes Lehren ist dir gut gelungen.

    Auch ich würde als einzig „negativen“ Punkt anführen, dass du in der abschließenden Zusammenfassung deine eigene Meinung stärker hättest hervorheben können.

    Insgesamt ein -meiner Meinung nach – sehr gelungener Post.

    Gruß,
    Stefanie

  6. Kommentar von Herrn Sprey:

    Ihr ausführlicher Beitrag zeigt, dass Sie sich umfassend mit der wissenschaftlichen Fundierung des Lehrers/der Lehrerin als Forscher/in auseinander gesetzt haben. Die Ausführungen werden durch einschlägige Literaturangaben stimmig belegt.
    Das anspruchsvolle Sprachniveau ist mit Ihrem wissenschaftsorientierten Vorgehen kompatibel. Aus meiner Sicht werden von Ihnen die schulischen Rahmenbedingungen/ Parameter sachgerecht aufgegriffen und charakterisiert.
    Ihrer Aussage, dass die Verbesserung des eigenen Handelns einen wesentlichen Bestandteil der professionellen Lehrerarbeit bildet, ist aus meiner Perspektive als Fachleiter uneingeschränkt zuzustimmen, ebenso ihren kritischen Einschätzungen zur Passung von Theorie und Praxis im Lehrerberuf.
    Ihr Beitrag weist insgesamt einen sehr hohen Wissenschaftsbezug – angebunden an passgenaue Zitate aus der Fachliteratur – auf, der sich nahezu durch Ihre gesamte Gedankenführung zieht.
    Möglicherweise überschätzen Sie ein wenig den Willen und die Fähigkeit von Lehrerinnen und Lehrern, Forschung als Bestandteil ihres Handelns zu sehen bzw. diese bewusst einzusetzen. Eine reflexive Grundhaltung der Pädagogen sowie eine kontinuierliche Lern- und Weiterbildungsbereitschaft ist immer unumstrittene Voraussetzung für die Optimierung der eigenen Performanz als Lehrer und wird von diesen auch akzeptiert.
    Der Professionalisierungswunsch und -auftrag, den ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer aus dem Referendariat in die Schule mitnehmen, ist m. E. nicht gleichzusetzen mit dem Wunsch, auch forschend tätig zu werden und entsprechende Forschungsdesigns und -instrumente einzusetzen. Mehrbelastung und das Fehlen materieller Anreizsysteme sind sicherlich als Argumente heranzuziehen. Nach meinen Erfahrungen fehlt den Lehrern als Praktiker nicht selten aber auch die Nähe zur Forschung (keine universitäre Anbindung mehr, zeitliche Distanz nach dem Studium, mangelndes Knowhow) und auch das Bewusstsein, dass wissenschaftliche Forschung im Schulalltag fortgeführt werden könnte und sollte.
    Mein Vorschlag für Ihr Forschungsvorhaben: Entwickeln Sie so sorgfältig, wie Sie die theoretischen Grundlagen aufgebaut haben, eine Forschungsfrage und ein Forschungsdesign. Wählen sie passgenau dazu ein/mehrere Forschungsinstrument(e) aus und beachten Sie, dass die Gütekriterien der Aktionsforschung nicht identisch sind mit denen der empirischen Sozialforschung.
    Wenn Sie mit diesem Konzept Ihre Praxisbetreuer (Lehrerinnen/Lehrer) konfrontieren, werden Sie möglicherweise erfahren, dass diese die Herausforderungen und Chancen dieser forschenden Haltung anerkennen – aber auch erkennen, dass ein qualitativer Unterschied zur generellen Innovationstätigkeit der Lehrers besteht. Mit einem aussagekräftigen Resultat, einer gelungenen Auswertung und Interpretation der Forschungsergebnisse werden Sie in der Schule „Werbung“ für die Rolle des „Lehrers als Unterrichtsforscher“ machen.

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