Lehre


Lehre
(Universität Paderborn)

  • Sommer 2017  |  Die Natur des Films. Politik des „Natürlichen“ im dokumentarischen, wissenschaftlichen und experimentellen Film
  • Winter 2013/14, 14/15, 15/16, 16/17  |  Einführung in die Filmwissenschaft
  • Sommer 2016  |  Introduction to Film Studies
  • Sommer 2015  |  Wässrige Medien. Fluss und Meer als Motiv und Metapher
  • Sommer 2014  |  Stadt, Land, Fluss. Film zwischen Metropole und Provinz
  • Sommer 2013  |  Repression und Exzess (Seminar mit Anke Zechner)
  • Winter 2012/13  |  The end of the world as we know it. Mediale Imagination von Krise, Katastrophe und Untergang
  • Sommer 2012  |  Kino in Bewegung. Die Frage nach dem Ort des Films

SoSe 2017
Die Natur des Films
Politik des „Natürlichen“ im dokumentarischen, wissenschaftlichen und experimentellen Film

„Natur“ bezeichnet eine selbstverständliche (oder nicht mehr ganz so selbstverständliche) Dimension der uns umgebenden materiellen Welt – aber auch ein Konzept, das sich von antiker Naturphilosophie bis zu zeitgenössischem ökologischen Denken in stetem Wandel befindet. Natur ist außerdem Gegenstand und Motiv von Filmen, in denen sie mal mehr, mal weniger in den Vordergrund tritt, immer aber von ihnen mit geprägt oder erst hervorgebracht wird – die „Natur des Films“. Letztere soll im Seminar auf zwei Ebenen untersucht werden.
Zur vermeintlichen „Natur des Films“ ist vor allem der narrative Spielfilm mit menschlichen Akteuren geworden. Nichtfiktionale Naturfilme spielen eine untergeordnete Rolle in der Filmgeschichtsschreibung und in der Filmwissenschaft. Dabei haben sie die Geschichte des Kinos zunächst maßgeblich bestimmt, etwa durch Landschaftsaufnahmen oder wissenschaftliche Bewegungsstudien von Tieren, mit spezifisch filmischen Verfahren wie Zeitlupe, Zeitraffer oder Mikrokinematographie. Naturdokumentarische Bilder verlagern sich später vor allem ins Fernsehen, ihre Motivik findet aber auch Eingang in Experimentalfilm und Bildende Kunst, in kulturelle Debatten über Klimawandel und Anthropozän und nicht zuletzt in medientheoretische Diskurse, die Medien selbst mehr als Umwelten statt nur als Instrumente der Darstellung begreifen.
Das Seminar will einen Überblick zu Geschichte und Theorie nichtfiktionaler Filmformen erarbeiten, die sich mit Natur (und Naturwissenschaft) befassen und so die ganz grundlegende Frage verhandeln, was unter „Natur“ überhaupt verstanden und wie sie im Verhältnis zu Mensch und „Kultur“ beschrieben wird.

SoSe 2016
Introduction to Film Studies

This course is held in English and introduces the following areas of film studies: 1. Classical and recent film theories, 2. Histories of film and cinema, 3. Film analysis (based on technological and aesthetical elements such as shot, movement, light, colour, sound, mise-en-scene, and editing). We will also address related questions about cinematic space, film beyond narration, the social and political significance of film, and the role of film within media studies. In terms of theory and methodology this course provides a “starter kit”. Importance is as much placed on text-based work as on a practice of perception. Attendance at 3-4 film screenings within the semester program of “Lichtblick e.V.” is mandatory.  The course equally addresses international and German students. Differences in language skills are expected and should not keep you from attending this class if you want to practice reading and discussing in English.

WiSe 2013/14, 2014/15, 2015/16, 2016/17
Einführung in die Filmwissenschaft

In diesem Einführungsseminar werden verschiedene, korrespondierende Ebenen der Filmwissenschaft im Überblick vorgestellt: 1. klassische und neuere Ansätze der Filmtheorie, 2. ihre Verschränkung mit Film- und Kinogeschichte, 3. technische und ästhetische Parameter (Einstellung und Bewegung, Licht und Farbe, Ton und Musik, mise-en-scène und Montage) sowie Filmanalyse anhand von Beispielen. Dabei werden auch weiterführende Fragen etwa nach der Rolle des Kinoraums, Filmwahrnehmung jenseits etablierter Erzählstrukturen, sozialen und politischen Aspekten von Film oder der Verortung von Filmwissenschaft in der Medienwissenschaft angesprochen. Die Einführung soll eine theoretische und methodische Grundlage bieten, neben textbasierter Arbeit aber vor allem auch eine gemeinsame „Schule des Sehens“. In Kooperation mit Lichtblick e.V. wird ein begleitendendes Filmprogramm angeboten, die Teilnahme an mindestens drei abendlichen Kinoterminen ist verbindlich.

SoSe 2015
‚Wässrige Medien‘
Fluss und Meer als Motiv, Metapher und Struktur

Das ‚wässrige Medium‘ stammt terminologisch aus den Naturwissenschaften – es dient dazu, andere Stoffe aufzunehmen, als Trägersubstanz oder Nährlösung. Die Kultur- und Mediengeschichte ist ihrerseits von Bildern des Flüssigen durchzogen. Wasser hat eine lange Tradition als Motiv wie als Metapher, vom vielzitierten antiken Diktum „Pantha rei“ bis zur „flüssigen Moderne“ (Zygmunt Baumann). Auch die Seefahrt hat bildlich Eingang in die Geisteswissenschaften gefunden (das Schiff als „Heterotopie par excellence“ bei Focault oder der „Schiffbruch mit Zuschauer“ bei Blumenberg) – und nicht zuletzt ins Vokabular des Netzes (surfen, navigieren). Weitreichender als das bloße Befahren von Gewässern erscheint das Eintauchen, eine buchstäbliche Umsetzung des Konzepts medialer Immersion. Während Flüssen als Transport- und Verkehrswegen in einem eher nüchternen Sinne „außerordentliche Medialität“ (Lorenz Engell) zugeschrieben wird, dient das Meer, Hort des „ozeanischen Gefühls“, als gleichsam universale Projektionsfläche.
Das Seminar versucht diese verschiedenen Zugänge zu ‚wässrigen‘ Räumen zu ordnen und folgt, vor allem anhand von Filmen, einem motivgeschichtlichen Faden. Darüber hinaus fragt es nach der medientheoretischen Produktivität von Gewässern, metaphorisch und ganz konkret (wie Harold Innis mit seiner Wirtschafts- und Mediengeschichte anhand der kanadischen Wasserwege). Schließlich soll es um behauptete strukturelle Analogien zwischen dem ‚Wässrigen‘ und dem ‚Medialen‘ gehen – ob also das Wasser „nicht nur als ein besonderer Wahrnehmungsgegenstand […], sondern ein Wahrnehmungssystem“ (Deleuze) verstanden werden kann.

SoSe 2014
Stadt, Land Fluss
Film zwischen Metropole und Provinz

Ein seltener Kinofilm, der zunächst in Paderborn spielt, ist Franz-Josef Spiekers Debut „Wilder Reiter GmbH“ (1967). Dieser Anfangsschauplatz wird allerdings nach kurzer Zeit wieder verlassen, denn den Protagonisten zieht es fort nach München. Der Film reiht sich damit in eine lange erzählerische Tradition vom Aus- und Aufbruch aus ländlicher oder kleinstädtischer Enge, der in die Großstadt führt, oder – unbestimmter – in die weite Welt. Entscheidend ist dabei häufig der Aufbruch an sich, die Bewegung.
Kino, bewegtes Bild und filmisches Sehen sind von Beginn an mit Urbanität und Moderne in Verbindung gebracht worden. Auf formaler Ebene stehen Stadt und Kino für beschleunigte und fragmentierte Wahrnehmung, für sinnlichen Rausch ebenso wie für geistigen Fortschritt. Auf motivischer Ebene wird die Stadt zum Ort der Entfremdung und des Unheils – oder eben der Verheißung und des Glücks.
Doch auch dem ländlichen Raum, wo der „Fluss des Lebens“ (Siegfried Kracauer) scheinbar langsamer fließt, ist das Kino zugetan und inszeniert ihn als Schauplatz oder gar Sehnsuchtsort. Anders als die Stadt wurde er häufig mit dem Begriff „Heimat“ assoziiert, den speziell die deutsche Filmgeschichte immer wieder umkreist und problematisiert. Eine augenzwinkernde Hinwendung zum meist abwertend gebrauchten Begriff „Provinz“ zeigt sich dagegen jüngst z.B. in der Benennung des Filmfestivals Eberswalde als „Provinziale“.
Das Seminar widmet sich anhand von Textlektüre und Filmsichtung der Motivik und Ikonographie, den medialen Raum- und Zeitkonfigurationen von Groß- und Kleinstadt, Land und Landschaft. Zum anderen soll es um die Rolle des Kinos als sozialem Ort im städtischen und ländlichen Raum gehen, um Film- und letztlich auch um Diskurskultur. Die selbst im Fluss befindlichen Bilder von Stadt und Land sollen dabei über gängige Zuschreibungen hinaus diskutiert werden.

SoSe 2013
Repression und Exzess
(Seminar mit Anke Zechner)

„Exzess“ bedeutet zunächst „über etwas hinausgehen“ – im Weiteren Überschuss und Überfluss, Verschwendung und Maßlosigkeit, Grenzüberschreitung und Kontrollverlust. Alltagssprachlich wird der Begriff im Zusammenhang mit Drogenrausch, ausschweifender Sexualität und Gewalt benutzt, die oft als Reaktion auf gesellschaftliche Repression verstanden werden. Im ökonomischen Kontext verweist er auf ständige Gewinnmaximierung, Ausbeutung und beschleunigtes Wachstum, das scheinbar zwangsläufig zu seiner Kehrseite führt, zu Krise und Verknappung.
Das Konzept „Exzess“ scheint in seiner überbordenden Bedeutungsfülle analytische Reflexion zu erschweren, in der Filmwissenschaft ist es dennoch schon vereinzelt zur Anwendung gekommen. Wir möchten „Exzess“ in diesem Seminar auf vier Ebenen betrachten: 1. semiotisch / formal, 2. soziologisch / gegenwartspolitisch, 3. ästhetisch und 4. motivisch. Dabei gehen wir zunächst aus von Kristin Thompsons formalistischem Concept of Cinematic Excess (1977), das wir kritisch befragen wollen, insofern es als Exzess versteht, was aus dem zweckmäßigen Rahmen filmischer Narration fällt und diesen Rahmen so als Norm festigt. Die verschiedenen Ebenen des Begriffs sollen anhand weiterer Texte u.a. von Roland Barthes, Steven Shaviro und Linda Williams erarbeitet werden, aber auch anhand gemeinsamer Filmerfahrung, die potenziell ein ebenso überbordendes, breites und kontroverses Spektrum umfasst wie der Begriff selbst: vom Stummfilm zum avantgardistischen Cinema of Transgression, vom monumentalen Blockbuster zum Trash-Exploitation-Kino, von Filmen im Geiste der politischen und ästhetischen Revolte der 60er/70er Jahre bis zum Hochglanzkino der 1980er Jahre oder auch den irritierenden Horrorfilmen David Cronenbergs.

WiSe 2012/13
The end of the world as we know it
Mediale Imagination von Krise, Katastrophe und Untergang

Wenn am Ende des Jahres 2012 einmal mehr das Ende der Welt auf der Agenda steht, kommen uns die zugehörigen Szenarien seltsam vertraut vor. Die Jahrtausendwende, und mit ihr die letzte signifikante Häufung von Untergangsphantasien, liegt noch nicht allzu lange zurück – und sie war nicht die erste Ausrufung der Apokalypse. Letztere scheint mehr Dauer- als Ausnahmezustand, gleichsam die „kontinuierliche Katastrophe“ der kapitalistischen Moderne, wie sie Walter Benjamin in seinem Fragment „Zentralpark“ 1939 beschrieb. Ökologische Krisenszenarien spitzen sich zu, werden alarmistisch aufgeblasen und wieder verdrängt, bei gleichzeitiger Überpräsenz ökonomischen Zerfalls – in seiner Erscheinungsform als Finanzmarktkrise seltsam körperlos und entkoppelt von real wahrgenommenen Nöten. Wie Begleitmusik wirkt die fast ununterbrochen anhaltende „Renaissance“ des Katastrophen- und Endzeitfilms, über Genregrenzen hinweg.
Die Welt ohne uns ist offenbar eine so attraktive Vorstellung, dass fortwährend fiktionale Naturkatastrophen und Super-GAUs, Kriege und Epidemien, intelligente Maschinen und Außerirdische die Menschheit dahinraffen. Filme werden dabei zu Zeitmaschinen, die sich an die Enden der Welt begeben und dort die Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft, Wirklichkeit und Imagination verwischen – so der kürzlich verstorbene Chris Marker in „La Jeteé“, aber z.B. auch die ebenso populäre wie kulturwissenschaftlich durchdeklinierte „Matrix“-Reihe. Nicht nur im Kino geht die Welt unter: Die frühe Geschichte des Radios ist kanonisch geprägt von der Massenpanik um Orson Welles‘ Hörspiel „War of the worlds“, Internet-Foren werden zu Tummelplätzen für Apokalypseszenarien und das ZDF hat für den 21. Dezember eine Live-Schalte zum Weltuntergang eingeplant. Das Seminar möchte (mit Schwerpunkt auf Film) mediale Erscheinungsformen der Katastrophenphantasie untersuchen, die in wiederholter Verkündung des ultimativen Endes weiter und weiter lebt.

SoSe 2012
Kino in Bewegung
Die Frage nach dem Ort des Films

In der Filmwissenschaft wird seit einiger Zeit nicht mehr vorrangig die ontologische Frage gestellt, WAS Film ist, sondern WO Film ist. Dass sich dieses WO durch seine wachsende Verfügbarkeit tiefgreifend verändert, kann zunächst unbestritten vermerkt werden, nicht nur um des sich aufdrängenden Wortspiels willen, dass die bewegten Bilder in Bewegung sind – und mit ihnen auch ihre einst mehr oder weniger feste Heimstatt, das Kino. War Filmwissenschaft die längste Zeit „Kinowissenschaft“ und muss nun mit Blick auf die sich wandelnden Orte des Films zur Medienwissenschaft werden (vgl. Sommer / Hediger / Fahle 2011)? Oder steht eine wirkliche „Kinowissenschaft“ noch aus (vgl. Schlüpmann 2004)? Das soll anhand von Texten theoretisch umrissen und näher diskutiert werden – zumal an einem Institut, dass innerhalb eines medienwissenschaftlichen Studiengangs dezidiert FILM anbietet und dabei besonderes Augenmerk auf seine Materialität und seine Aufführung im Kino richtet.
Die Frage nach dem Ort des Films UND des Kinos möchte dieses Seminar aber auch auf ganz konkrete Weise stellen und den Begriff der Bewegung wörtlich nehmen. Nicht nur Filme wandern, indem sie sich in imaginären Räumen bewegen oder in digitaler Form zirkulieren, auch „Kino“ kann wandern, durch ganz reale Räume und in verschiedenen Kontexten. „Kino“ muss nicht zwangsläufig ein Gebäude bezeichnen, zumal es gerade in seiner Frühzeit Wanderkino war und der Begriff „Mobile Entertainment“ hier ebenso zur Anwendung kommen könnte wie aktuell für bewegte Bilder auf dem Mobiltelefon. Wo also ist KINO, wo kann es stattfinden und wohin kann es noch reisen, auch jenseits technischer Fragen der Digitalisierung? Wie besetzt es Räume, die nicht primär dafür gedacht waren (auch das verweist auf seine Frühgeschichte)? Was geschieht dann mit diesen Räumen, sei es an öffentlichen Plätzen oder in Wohnzimmern, auf der Straße oder im Flugzeug, im Museum oder in der Schule – oder auch an ganz anderen Orten? Ausgehend von der Überlegung, dass dem Kino trotz seiner festen apparativen Anordnung etwas Nomadisches und Grenzüberschreitendes eigen ist, soll sich das Seminar mit der Beziehung von bewegten Bildern und Orten auseinandersetzen.

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