WILD | WALD /ZELLULOID\ | 13.05.2025

Am 13.5.2025 war die Sammlung eingeladen, im Rahmen der Ringvorlesung des Instituts für Medienwissenschaften „Elementare Ontologien und Medien zwischen Politisierung und Entpolitisierung“ ein Filmprogramm vorzustellen. Der Fokus der Auswahl und auch der Diskussionen im Anschluss an die Projektionen lag sowohl auf die filmische Erkundung von Natur als auch verschiedenen Formen der Zeiterfahrungen.

Die Vermitteltheit von Natur im Film reflektiert Karola Schlegelmilch in ihrem Experimentalfilm Pflanzen (1989). Die teilweise unmittelbar auf den Super8-Streifen aufgemalten Ornamente wirken floral, eine Assoziation, die durch die Aufnahme von Topfpflanzen noch verstärkt wird. Georg Schimanski (1919-1992) macht in seinem für das FWU hergestellten Lehrfilm Myxomyceten – Pilz und Amöbe (1987) mit Hilfe von Zeitrafferaufnahmen die Bewegungen von Schleimpilzen sichtbar. Schimanski, der, bevor er sich mit einem eigenen Studio selbständig machte, mit dem Naturfilmer Heinz Sielmann zusammengearbeitet hatte, war bekannt und geschätzt für Mikro- und Zeitrafferaufnahmen. Bemerkenswert erschien in der Diskussion nach Myxomyceten die Eigenständigkeit der filmischen Verfahren, die die Pilze und Mikroorganismen scheinbar zum Tanzen brachten. Ein Referenzrahmen für die zeitlichen Veränderungen gab der Film nicht. Die Verschränkung von Lebenszeit, Natur und historischen Prozessen wurde an Peter Hellers Dokumentarfilm Die Urwälder unserer Kindheit (1980) diskutiert. Heller portraitiert Frieda Wohlrab und Agnes Rösler, die mit über 70 Jahren nach Tansania gehen, um dort die Wieder-Aufforstung des Usambara-Gebietes zu unterstützen. Getrieben sind sie von den Erinnerungen an ihre Kindheit in der deutschen Kolonie und den dortigen ‚Urwäldern.‘ So verbindet Heller den deutschen Waldmythos mit der Geschichte des Kolonialismus, der Mission und den exotistischen Fantasien von einer unberührten Wildnis mit dem zeitgenössischen Einsatz für die „Dritte Welt“ und der Entwicklungshilfe – für letztere Themengebiete schlug das FWU den Film für den Einsatz in Schulen vor. Natur bietet Geborgenheit und ist auch ein Zeitvertreib, wie Cathy Joritz (1959-2022) in ihrem satirischen Kurzfilm Rombergsch Park (1986) zeigt. In dem titelgebende Park in Dortmund befragt die US-Amerikanerin Spaziergänger:innen, ob sie gerne in der Natur sind. Die menschengemachte Landschaft soll hier den Passanten gleichsam auf natürliche Weise gut tun. Mit den Blumen sprießen in dem Film auch die Stilblüten. Rätselhaft blieb der kurze, auf Super8 gedrehte Amateurfilm aus der Sammlung, in dem ein Mann an einem Waldsee ein Buch liest und dabei unterhalb der Hüfte nackt ist. Vor dieser Einstellung spielt er auch an seinem Glied. Für wen diese Aufnahme gemacht ist und ob er damit seine Naturverbundenheit ausdrücken wollte, bleibt Spekulation.

Abbildung aus Myxomyceten – Pilz und Amöbe (1987)


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