Teil B „Auszug aus der Situationslösung“
Kauf des Gastronomieherdes
Anne und Thomas sind nach der Reaktion des Gastronomieausstatters auf die Bestellung des Induktionsherdes durch Annes Mutter verunsichert und versuchen daher die Situation zu klären, auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage. Ihnen wird schnell klar, dass der Gastronomieausstatter nicht wissen konnte, dass sie Annes Mutter die Vollmacht zum Kauf des Induktionsherdes erteilt hatten. Dies stand weder im Handelsregister, noch haben sie dem Gastronomieausstatter diese Vollmacht mitgeteilt. Im Außenverhältnis war diese Vollmacht also nicht ersichtlich. Insofern erscheint Anne und Thomas das vorsichtige Verhalten und Nachfragen des Gastronomieausstatters rückblickend nicht verwunderlich, da Annes Mutter bisher noch nie etwas für die Pader’s Breakfast and more GmbH bei ihm bestellt hatte und er nicht sicher sein konnte, ob sie dazu berechtigt ist bzw. eine entsprechende Handlungsvollmacht besitzt. Andererseits sind sie schon der Meinung, dass sie Annes Mutter durch die Bitte, den Kauf des Induktionsherdes vorzunehmen, eine Berechtigung erteilt haben, diesen Kauf für die Pader’s Breakfast abzuschließen. Sie sind sich ziemlich sicher, dass auch Annes Mutter davon ausgegangen ist, dass sie diese Bestellung aus Sicht von Anne und Thomas abgeben durfte und sogar sollte. Zwischen Anne und Thomas sowie Annes Mutter war die Vollmacht zum Kauf des Induktionsherdes also klar. Es handelt sich aus ihrer Sicht um eine sogenannte Spezialvollmacht, die sich auf ein einzelnes Rechtsgeschäft – hier den Kauf des Induktionsherdes bezieht – und danach erlischt. Anne und Thomas stellen fest, dass das Problem bzw. die Unsicherheit in diesem Fall darin liegt, dass die Vollmacht im Innenverhältnis klar war (d.h. es lag eine sogenannte Innenvollmacht vor), während diese im Außenverhältnis jedoch nicht ersichtlich war (d.h. es lag keine Außenvollmacht vor).
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Klunziger (2011), S. 182.
In diesem Fall stellt die Vollmacht, die Annes Mutter erteilt wurde, eine Innenvollmacht dar, d.h. sie wurde nur gegenüber der Angestellten, die zum Kauf des Induktionsherdes beauftragt wurde, geäußert. Wäre die Vollmacht von Anne und Thomas gegenüber dem Gastronomieausstatter geäußert worden, hätte es sich um eine Außenvollmacht gehandelt. Anne und Thomas wird bewusst, dass sich durch eine Innenvollmacht eine gewisse Unsicherheit beim Umgang mit noch unbekannten Geschäftspartnern ergeben kann. Der Angestellte des Gastronomieausstatters hätte den Auftrag von Maria Kortmöller annehmen können. Da der Gastronomieausstatter aber zum ersten Mal mit Pader’s Breakfast and more GmbH geschäftlich zu tun hatte und sich nicht sicher war, inwiefern eine Handlungsvollmacht für Maria Kortmöller besteht, hat er den Kaufauftrag aus Unsicherheit zunächst abgelehnt.
Anne und Thomas haben daraufhin dem Gastronomieausstatter schriftlich mitgeteilt, dass Maria Kortmöller eine Spezialvollmacht zum Kauf des Induktionsherdes erhalten hat. Nach diesem Vorfall überlegen sich die beiden Geschäftsführer, wie sie solche Vorfälle für die Zukunft vermeiden können. Bisher hat Annes Mutter für einzelne Rechtsgeschäfte wie bspw. Warenbestellungen, Spezialvollmachten bekommen. Die Lieferanten, zu denen sie bereits seit längerer Zeit Geschäftsbeziehungen unterhalten, wissen bereits, dass Maria Körtmöller zu derlei Bestellungen berechtigt ist. Hier gibt es keine Probleme. Aber bei nicht regelmäßigen Geschäften bzw. Geschäftsbeziehungen kann es anscheinend zu Schwierigkeiten kommen. In der Regel finden Anne und Thomas dann selbst die Zeit, sich um derlei Geschäfte zu kümmern. Aber manchmal gibt es auch sehr stressige Phasen, in denen sie auf die Hilfe ihrer Angestellten und insbesondere von Maria Kortmöller angewiesen sind. Daher diskutieren sie die Möglichkeiten der Vollmacht und der besonderen Form der Prokura und wägen Vor- und Nachteile ab. Ihnen ist es wichtig, dass nur sie beide als Geschäftsführer wesentliche Entscheidungen – wie beispielsweise auch den Kauf von neuer Betriebsausstattung – für ihr Unternehmen treffen dürfen. Die Angestellten sollen aber für den Fall, dass sie selbst verhindert sind, als Stellvertreter handeln können. Sie entscheiden sich daher bei der Vollmachtserteilung für bestimmte Einzelgeschäfte zu bleiben, da eine Prokuraerteilung aus ihrer Sicht zu weitgreifende Entscheidungsräume erteilt und für ihr kleines Unternehmen mit zwei allein handlungsberechtigten Geschäftsführern nicht notwendig ist. Zudem ist bei ihren Geschäftspartner, mit denen sie regelmäßigen Kontakt haben wie bspw. den Lieferanten, bekannt, dass Annes Mutter und auch die anderen Angestellten bevollmächtigt sind, Bestellungen aufzugeben. In den anderen Fällen werden sie zukünftig darauf achten, dass sie erteilte Spezialvollmachten gegenüber ihren Geschäftspartnern angeben oder selbst die Wissenserklärung abgeben, indem sie beispielsweise die entsprechenden Geschäftsbriefe selbst unterzeichnen.
Nachdem der Kauf des Gastronomieherdes und die Vertretungsregelung geklärt wurden, wenden sich Thomas und Anne der Preiskalkulation für die neuen Gerichte zu. Thomas hat für das Gericht „Schweinekrustenbraten auf Rahmsauerkraut mit Kartoffelknödeln und Schwarzbierjus“, das sie unter ihren Buffetgerichten anbieten wollen, nach der bereits für die anderen Produkte angewandten Perceived-Value-Methode einen Preis von 10,50 € ermittelt. Mit diesem Preis würden sie sich also nach dem Wertempfinden der Kunden orientieren. Andererseits ist ihnen in den vergangenen Monaten und beim Begleichen der zahlreichen Rechnungen nochmals sehr deutlich geworden, dass sie auch genauer auf die Kosten schauen sollten, die ihnen selbst bei der Produktion bzw. durch das Anbieten ihrer Produkte und Dienstleistungen entstehen. Daher möchten sie ein weiteres Verfahren zur Preisbildung ergänzend heranziehen, in dem auch die Kosten stärker berücksichtigt werden. Sie haben sich etwas in der Branche umgehört und erfahren, dass die Zuschlagskalkulation in der Gastronomie durchaus üblich ist. In dieser Form der internen Kalkulation geht es darum, die Selbstkosten für ein Produkt zu bestimmen. Anne und Thomas wollen dieses Verfahren zunächst einmal für das ausgewählte Gericht ausprobieren. Ihnen ist bewusst, dass viele Unternehmen für dieses Verfahren auf die Informationen aus einer umfassenden Kosten- und Leistungsrechnung zurückgreifen können. Da sie für ihr Unternehmen aufgrund der geringen Größe und dem möglichen hohen Aufwand einer solchen internen Kalkulation noch keine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt haben, verwenden sie zunächst die Daten aus der Gewinn- und Verlustrechnung, die sie aufgrund rechtlicher Vorgaben sowieso erstellen müssen, sowie die aktuellen Warenpreise.
Für die Zuschlagskalkulation ist es wichtig, zwischen den Einzel- und den Gemeinkosten zu unterscheiden bzw. diese zu bestimmen. Anne und Thomas berechnen daher zuerst die Einzelkosten für das Gericht wie bspw. die Kosten für die einzelnen erforderlichen Lebensmittel (Schweinekrustenbraten, Sauerkraut, Kartoffelknödel, Rahm, Soßenbinder etc.). Auf diese Einzelkosten sollen dann prozentuale Zuschläge für Gemeinkosten (Löhne/Gehälter, Energiekosten, Miete, Versicherungen, etc.) sowie für den Gewinn aufgeschlagen werden. Hierzu ist es erforderlich, den Zuschlagssatz zu ermitteln, wofür es mehrere mögliche Verfahren gibt. Anne und Thomas entscheiden sich für die einstufige Zuschlagskalkulation, die oft in gastronomischen Betrieben genutzt wird. Dieses Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass die gesamten Gemeinkosten eines Betriebes mit Hilfe eines Zuschlags verrechnet werden. Der Vorteil der einstufigen Zuschlagskalkulation besteht für Anne und Thomas darin, dass keine Kostenstellenrechnung notwendig ist, da die Gemeinkosten nicht differenziert werden. Anne und Thomas sind daran interessiert, den Preis zu ermitteln, bei dem die betrieblichen Kosten vollständig gedeckt werden. Um den prozentualen Zuschlagssatz für die Gemeinkosten berechnen zu können, ermitteln sie zunächst die Summe der Gemeinkosten. Des Weiteren müssen sie ermitteln, wie hoch die Summe der gesamten Einzelkosten sind, d. h. die Kosten, die den Gerichten direkt bei ihrer Zubereitung zugeordnet werden können. Beide Werte – die Gemeinkostensumme i. H. v. 72.900 € und die Summe der Einzelkosten i. H. v. 54.000 € – setzen sie entsprechend ein:
Für die Berechnung des Preises, der die Selbstkosten des gewählten Gerichts deckt, schlagen sie nun den Zuschlagssatz von 135 % auf die Einzelkosten i. H. v. 3,60 €. Darüber hinaus möchten sie – insbesondere aufgrund des Risikos, das sie mit ihrem Unternehmen regelmäßig eingehen – einen Gewinn erzielen, der ca. 15% betragen sollte, und den sie ebenfalls in den Preis mit einbeziehen:
Der nach der Zuschlagskalkulation ermittelte Preis für das Gericht „Schweinekrustenbraten auf Rahmsauerkraut mit Kartoffelknödeln und Schwarzbierjus“ mit einem Gewinnanteil von 15 % liegt somit 77 Cent unter dem Preis, der mit der Perceived-Value Methode ermittelt wurden. Das Angebot des Gerichts für 10,50 € würde somit den Erfolg für das Unternehmen erhöhen.
Aufgaben:
- Arbeiten Sie aus dieser Lösungspräsentation die zentralen Begriffe im Zusammenhang mit dem Kauf des Induktionsherdes und der Preiskalkulation heraus. Stellen sie diese in einem Mind Map, einer Wissenslandkarte, einem Glossar o. Ä. übersichtlich dar. Sie können hier auch die in Teil A begonnene Übersicht erweitern und überarbeiten.
- Wie beurteilen Sie die Lösung von Anne Kortmöller und Thomas Lohaus für die Stellvertretung der GmbH? Berücksichtigen Sie hierfür auch die Inhalte des Moduls BWL B, die Sie bisher kennengelernt haben.
- Wie beurteilen Sie die Preisermittlung mit Hilfe der Zuschlagskalkulation bei der Pader’s Breakfast and more GmbH? Wie würden Sie als Geschäftsführer dieses Unternehmens Ihre Preise entwickeln?
Hier können Sie die Vertiefung als PDF herunterladen.
Hier gelangen Sie zur dritten Situation.


