1525: under construction

»Der Historiker muss gegen den Strich lesen und muss jede Identität verhindern, um die Konflikte freizulegen, die von der Identität zugedeckt werden.«

R. Koselleck, Gibt es ein kollektives Gedächtnis? (2004)

idee

Was heute als »der Bauernkrieg« erinnert wird, war ein vielstimmiges, zersplittertes Geschehen. Erst durch Bilder, Flugschriften, Erzählungen – durch Medien also – wurde daraus ein einheitlich lesbares ›Ereignis‹. Und auch das Bild, das davon geblieben ist, wurde immer wieder überformt: von Anstiftern und Widerständlern, von Politikern und Denkmalsetzern, als Lernstoff oder spielerische Aneignung.

Studierende der Geschichtswissenschaft an der Uni Paderborn haben sich mit den Begründungen und Rezeptionen des Geschehens im Jahr 1525 auseinandergesetzt. Nicht mit der Frage: Was war damals wirklich? Sie fragen: Was wurde daraus gemacht?

Im Ergebnis: Keine Kritik um der Dekonstruktion willen, sondern auf der Suche nach Deutungskonflikten, die von der jeweiligen Gegenwart ausgehen – also Geschichts- als Gegenwartswissenschaft verstehen.

kontext

Der Bauernkrieg von 1525 – längst vergessen? Jein …

Bis heute wird das historische ›Ereignis‹ immer wieder und mit wechselnden Konjunkturen als Projektionsraum für Selbstdeutungen und Hoffnungen genutzt. Unter der Überschrift »Der Bauernkrieg 1525: Herrschaft, Religion, Gedächtnis« versuchten wir uns diesen Wirkungen und ihren Anlässen anzunähern.

Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit exemplarischen zeitgenössischen Quellen und ihren Kontexten richtete sich unser Blick deshalb auf deren spätere Verarbeitungen. Die Analyse galt auch weltanschaulichen Unterschieden: Das Panorama der Schlacht von Frankenhausen (1976–1987) oder der Spielfilm Jörg Ratgeb, Maler (1978) beleuchteten etwa Produktionen der DDR, während neuere Interpretationen wie das Computerspiel Pentiment (2022), die Graphic Novel 1525. Der Aufstand (2024) oder die Social-Media-Kampagne #lautseit1525 Gegenwartsperspektiven verdeutlichten.

Medium und ›Framing‹ der Präsentation blieben uns überlassen, sodass sehr unterschiedliche und vielgestaltige Zugänge und Einordnungen entstanden. Diese wurden im Seminar vorgestellt, eingeordnet und diskutiert – und werden hier nicht als Endergebnis, sondern als andauernder Reflexionsprozess dokumentiert.

Alle Rezeptionen eint, dass sie mit spezifischen Absichten geschaffen wurden. Fast immer, um ein politisches Statement zu setzen. Dabei fällt auf, dass einige historische Persönlichkeiten, wie Albrecht Dürer oder Thomas Müntzer, ungeachtet ihrer tatsächlichen Bedeutung, besonders häufig auftauchen – ob als mehr illustrativer ›Typus‹ ihrer Zeit oder, öfter, als Identifikationsfigur und Vertreter der in den Erzählungen mitlaufenden Agenda.

Hier findet man nun die Zugänge, die wir gefunden haben. Nicht zuletzt in ihrer Vielgestaltigkeit mögen sie zeigen, wie sich die Sicht auf den Bauernkrieg verändert hat – die vergangener Gegenwarten wie auch unsere eigene bei der Auseinandersetzung damit. Uns ist die Ausschnitthaftigkeit der hier versammelten Rezeptionen völlig bewusst. Wir hoffen aber, dass der geneigten Leserschaft mitunter eine Rezeption auffallen wird, die in dieser Form noch unbekannt war. Aber vielleicht geben sie einen Eindruck, welche Bedeutung der Bauernkrieg als Erinnerungsort, zwischen Fiktion und Fakten, noch heute hat.

Wir wünschen viel Freude und vielleicht sogar die ein oder andere Überraschung und neue Erkenntnis mit unseren Beiträgen!