Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit der jüngeren Generation und Handlungsempfehlungen

Der deutsche Ethikrat veröffentlichte am 28. November 2022 Ad-hoc-Empfehlungen, welche die psychische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bezug auf die Pandemie thematisieren (https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Ad-hoc-Empfehlungen/deutsch/ad-hoc-empfehlung-pandemie-und-psychische-gesundheit.pdf). Dafür hat der Ethikrat Ende September 2022 mit circa 350 Schüler:innen gesprochen, welcher diese unter dem Motto „Triff den Ethikrat! Unser Leben in der Pandemie“ eingeladen hatte. Aus den Erkenntnissen dieses Vorhabens leitet der Ethikrat Empfehlungen ab, welche die psychische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbessern und nachhaltig schützen sollen.

Julia Wolf (Von Studierenden für Studierende)

Die Schüler:innen, die eingeladen wurden, sollten von ihren individuellen Erfahrungen in der Pandemie berichten, welches in Form von Statements und Präsentationen erfolgte. Bei den Befragungen entstand das Bild, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene während der Pandemie als auch durch die damit einhergehenden Infektionsschutzmaßnahmen stark belastet worden sind. Vom Ethikrat wird kritisiert, dass die Bedürfnisse, die Probleme als auch der Aspekt der psychischen Gesundheit der jüngeren Menschen kaum von der Politik sowie der Gesellschaft und dem Ethikrat selbst berücksichtigt worden sind. Daraus schließt der Ethikrat, dass die Interessen der jüngeren Personen in Zukunft mehr im Fokus stehen sollten.

Betont wird, dass die jungen Menschen Erstaunliches leisteten, indem sie sich schnell an die verändernden Bedingungen anpassten. Im Gegensatz dazu werden aber auch die negativen Folgen der Pandemie erwähnt, wie zum Beispiel Lerndefizite und Isolierung. Die Lerndefizite seien laut dem Ethikrat früh ein Thema gewesen, wobei jedoch häufig vergessen wurde, dass Bildungsorte auch einen sozialen Zweck erfüllen. In Phasen der Transition kam es durch die Pandemie zu mehr Verunsicherung und psychischen Notlagen. Die befragten Personen gaben ebenfalls an, dass ihnen bewusst sei, dass andere Menschen, insbesondere die sozial schwächeren, noch mehr Probleme als sie hatten. In manchen Familien gehörten negative Erfahrungen bis zu Gewalterfahrungen zum alltäglichen Leben der Befragten, da diese ihren Familien durch die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen nicht entfliehen konnten. Die Familien gaben einigen befragten Personen andererseits aber auch Sicherheit, was durch die erhöhte Care-Arbeit der Erziehungsberechtigten möglich wurde. Die Vorwürfe von der älteren Generation, dass die jüngere sich selbstbezogen verhalten würde, empfanden viele der Befragten als eine psychische Belastung.

Der Ethikrat stellt heraus, dass abhängig davon, wie das familiäre und nahe Umfeld der jüngeren Personen aussah, diese die Pandemie gut oder eher schlecht überstanden haben. Dabei ist es wichtig, die Verantwortung nicht auf die Resilienz eines Individuums zu verlagern, sondern als Gesellschaft die Probleme, welche durch die politischen Maßnahmen entstanden sind, anzugehen. Die aufgetretenen Belastungen der Psyche entwickelten sich durch die Unterversorgung an professioneller Hilfe teils zu psychischen Krankheiten. Auch gab und gibt es weiterhin kaum Angebote zur Unterstützung von besonders dringlichen Problemen und zudem sind diese durch unterschiedlichste Faktoren für einige Personengruppen wie zum Beispiel bildungsferne Menschen schwieriger zugänglich.

Wichtig ist, dass die meisten psychischen Krankheiten, die bei jüngeren Personen auftreten, alterstypisch sind, die Häufigkeit durch die Pandemie jedoch zugenommen hat. Ohne Gegenmaßnahmen werden die psychischen Folgen, welche durch die Pandemie entstanden sind, weiterhin Wirkung zeigen. Es entstand bei vielen Betroffenen der Eindruck, dass die Pandemiefolgen zu ihren eigenen Problemen wurden und damit auch von ihnen selbst bewältigt werden sollten.

In der Pandemie wurde die „intergenerationelle Solidarität“ laut dem Ethikrat von Seiten der älteren Generation verletzt. Der Ethikrat wirft des Weiteren die Kritik auf, dass bei Hilfsangeboten zumeist häufig nur der Blick auf die körperliche Gesundheit und nicht auf die psychische Gesundheit gerichtet wurde. Eine kritische Selbstreflexion der Maßnahmen und ihrer Folgen für die jüngere Generation wird vom Ethikrat gefordert.

Die Empfehlung des deutschen Ethikrates ist daher, die Versorgungssituation im diagnostischen Bereich als auch bei Angeboten, welche zur Prävention, Therapie und Teilhabe beitragen, zügig, nachhaltig und verteilungsgerecht zu verbessern. Diese Maßnahmen würden allen Menschen, insbesondere denen der jüngeren Generation zugutekommen.

Um zukünftig belastende Situationen in ihren Ausmaßen zu schwächen, soll laut des Ethikrates die psychosoziale Resilienz bei jungen Menschen aufgebaut werden. Dabei soll diese auch durch eine systematische Verbesserung der Bedingungen in den Familien und dem Leben dieser begünstigt werden. Die Schulen sollen ihre schulpsychologischen Angebote flächendeckend ausbauen und diese niedrigschwellig sowie als Teil des Schulalltags konzipieren. Hilfsangebote sollen zwischen allen Institutionen vernetzt werden.

Der deutsche Ethikrat macht deutlich, dass in zukünftigen Krisen der Gesellschaft Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nicht wie in der COVID-19-Pandemie hauptteilig die Last tragen, sondern vor diesen bewahrt werden sollen. Da sich die jüngere Generation in weiten Teilen solidarisch zeigte und die Maßnahmen hingenommen hat, sei es nun die Aufgabe der Politik dies anzuerkennen und ihr Handeln dementsprechend anzupassen.

Lest euch die Empfehlungen gerne durch (thematisieren (https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Ad-hoc-Empfehlungen/deutsch/ad-hoc-empfehlung-pandemie-und-psychische-gesundheit.pdf). Ich empfinde sie als einen wichtigen Schritt in Richtung Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie, insbesondere, weil ich Teil der angesprochenen Personengruppe bin.