Hamburger Schulen testen neue Strategien gegen Schulabsentismus!

Unterricht versäumen und Schule schwänzen – genau dies scheint der einzige Ausweg für viele Schüler:innen in Deutschland zu sein. Häufig sind die Ursachen Demotivation, Probleme mit Lehrkräften und Mitschüler:innen oder Hoffnungslosigkeit und Schulangst. Andere Schüler:innen hingegen werden durch ihre Eltern vom Schulbesuch abgehalten, beispielsweise aufgrund von psychischen Erkrankungen, so die Studie „Schulverweigerung – ein Phänomen macht Karriere. Ergebnisse einer bundesweiten Erhebung bei Schulverweigerern“ des Deutschen Jugendinstituts von 2001 (vgl. https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/9_2009_Schulvw.pdf).

Was tun? Vier Hamburger Schulen testeten unter wissenschaftlicher Begleitung neue Strategien gegen Schulabsentismus.

Ronja Sausner (Von Studierenden für Studierende)

Die Folgen von Schulabsentismus sind häufig gravierend. Oftmals besitzen Betroffene keinen Bildungsabschluss, wodurch sie unter gesellschaftlichen Nachteilen wie Arbeitslosigkeit und Problemen in der Sozialkompetenz leiden (vgl. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugendpsychiatrie-psychosomatik-und-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/schulvermeidung-schulangst-schulphobie-schuleschwaenzen/).

Viele Jugendliche finden keinen Ausweg mehr, rutschen in die Kriminalität und verlieren ihr Zuhause oder verlassen dieses, um auf der Straße zu leben. Aktuell geht man von circa 37.000 Personen bis 26 Jahren aus, die auf der Straße leben. Davon sind circa 6.500 Minderjährige, die ohne einen festen Wohnsitz auf der Straße um ihr Überleben kämpfen berichtet der Verein Strassenkinder e.V. (vgl. https://strassenkinder-ev.de/mitten-unter-uns-obdachlose-kinder-und-jugendliche-in-deutschland/).

Um diese Schicksale vorzubeugen, führten vier Hamburger Schulen von 2019 bis 2022 das Forschungsprojekt Jeder Schultag zählt durch. Ziel war es, die Fehlzeiten der Schüler:innen zu reduzieren und ihnen eine Schule zu bieten, an der sie sich wohlfühlen und die für sie einen entsprechenden Lernort darstellt. Gemeinsam entwickelten Professor Dr. Heinrich Ricking und sein Team mit der Joachim Herz Stiftung ein Praxishandbuch, welches verschiedene Module zur Prävention und Intervention und dessen Maßnahmen bietet (vgl. Ricking, H., Dunkake, I., Wiegand, J., Arnkens, C., Pielage, V., Fischer, A.C., Sannen, L., Menting, A. & Frauen, T. (2023). Jeder Schultag zählt. Praxishandbuch für die Schule zur Prävention und Intervention bei Absentismus. Hamburg: Joachim Herz Stiftung).

Das erste Modul bildet das Fehlzeitenmanagement, Fachkräfte wurden innerhalb der drei Jahre darauf geschult frühzeitig Warnsignale zu erkennen und Fehlzeiten systematisch zu erfassen. Darauf folgen Module, welche sich mit dem Schulprogramm und der Schüler:in-Lehrer:in-Interaktion auseinandersetzen. Sie thematisierten, wie wichtig ein angenehmes Schulklima und die Einbeziehung aller Schüler:innen ist sowie Schüler:in- und Feedbackgespräche bei problematischen Verhaltensweisen. Das vierte Modul zeigt verschiedene Maßnahmen zur schüler:innenbezogenen Verhaltensförderung auf. Es beinhaltet Themen wie Förderung der emotional-sozialen Kompetenzen, nachhaltige Stärkung von positivem Verhalten als auch die Erarbeitung von Problemlösestrategien. Modul fünf bietet Lehrkräften eine Reflexion ihres eigenen Unterrichts. Hierbei wird insbesondere auf die Strukturierung und Anpassung des Unterrichts auf die Schüler:innen eingegangen.

Weitere Module thematisieren die Kooperation mit den Eltern und worauf beispielweise bei Elterngesprächen geachtet werden sollte sowie einen Leitfaden für eine Einzelfallintervention.

Die vier teilnehmenden Schulen berichten von einer deutlichen Reduzierung der Fehltage, in einer Schule sind die Fehlzeiten des zehnten Jahrgangs sogar um mehr als die Hälfte gesunken. Ebenso berichten sie, dass sich durch das Anpassen des Schulklimas eine angenehmere Atmosphäre entwickelte, wodurch Schüler:innen sich wohler fühlen und regelmäßiger die Schule besuchen. Eine ebenso positive Entwicklung betrifft die Lehrkräfte, welche sich sicherer im Umgang mit Schulabsentismus fühlen und nun frühzeitig Warnsignale wahrnehmen und gegebenenfalls mit passenden Maßnahmen intervenieren können.

Weitere Informationen zum Thema Schulabsentismus sowie das Praxishandbuch findest Du hier: https://www.joachim-herz-stiftung.de/fileadmin/Redaktion/Projekte/Persoenlichkeitsbildung/Gemeinsam_Bildung_bewegen/2023_JSZ_PHB_Absentismus.pdf