Werkstätten für Menschen mit Behinderung in der Diskussion – Sprungbrett oder Ausbeutung? 

Werkstätten für Menschen mit Behinderung stehen schon seit einiger Zeit massiv in der Kritik. Die zwei Hauptargumente der Kritiker lauten: schlechte Bezahlung und mangelhafte Inklusion.

In Deutschland werden ungefähr 320.000 Menschen mit Behinderung in den eben genannten Werkstätten beschäftigt. Allerdings haben diese rechtlich gesehen keinen Anspruch auf Mindestlohn, da sie nicht als Arbeitnehmer:innen gelten. Sie werden monatlich bezahlt und verdienen etwa 1,35 Euro die Stunde. Die Forderung der Kritiker:innen lautet: gesetzlicher Mindestlohn oder höhere Grundbeträge – hier gehen die Meinungen auseinander.

Heike Pater (Von Studierenden für Studierende)

Klar ist laut der EU-Politikerin Katrin Langensiepen, dass etwas geändert werden muss, da die UN-Behindertenrechtskonvention das Recht von Menschen mit Behinderung auf selbstbestimmte Arbeit, von der sie leben können, schon seit unzähligen Jahren fordere. Deutschland schneide im Bereich Inklusion erkennbar schlecht ab. Aussagen wie „Sei doch dankbar, du hast es doch gut in den Werkstätten“ sind keine Seltenheit und vermitteln ein Bild der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderung, welches dem Konzept der Inklusion nicht gerecht wird. Die Zeiten sollen sich ändern und die Inklusion soll stärker gefördert werden.

Diese Sichtweise vertritt auch Frank Hoffmann, der Geschäftsführer der Werkstätten Hainbachtal. Er verweist unter anderem auch auf die Schwierigkeiten der Menschen, die nicht in der Lage sind, sich dementsprechend zu äußern oder Leistungen zu erbringen (vgl. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/behindertenwerkstaetten-lohndumping-mindestlohn-ausbeutung-101.html).

Die Vorstellungen über Werkstätten für Menschen mit Behinderung sind bei der Mehrheit der Gesellschaft eher positive. Sie hinterfragen diese in der Regel nicht, da sie ja, so wie sie präsentiert werden, Menschen mit Behinderung die Möglichkeit der Arbeit geben, was eine grundsätzlich gute Sache ist. Schaut man allerdings genauer hin wird klar, dass die Werkstätten im Bereich Inklusion mehr versprechen als sie halten. Menschen mit Behinderung arbeiten, leben und wohnen abgetrennt von der restlichen Gesellschaft und auch die Vermittlungsquote auf den allgemeinen Arbeitsmarkt liegt schon seit Jahren unverändert bei 1%. Die Aufgabe der Werkstätten besteht unter anderem darin, die Beschäftigten in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern. Diese Aufgabe erfolgt nur in seltenen Fällen (https://jobinklusive.org/2021/09/13/kritik-an-werkstaetten-fuer-behinderte-menschen-acht-punkte/).

Auf die Frage, ob Werkstätten für Menschen mit Behinderung nun Sprungbrett oder Ausbeutung sind, gibt es nicht nur eine Antwort. Die Politik sollte sich allerdings die Frage stellen, ob der Inklusionsgedanke wirklich realisiert wird, indem Menschen mit Behinderung exkludiert von der restlichen Gesellschaft unter einem Stundenlohn von 1,35 Euro arbeiten.