Pränataldiagnostik: Kostenloser Test in der Schwangerschaft auf Trisomie 21! Was könnte das zur Folge haben?

Die Kosten des pränatalen Bluttests zur Feststellung einer Trisomie 21 beim Fötus während der Schwangerschaft werden ab dem Frühjahr 2022 von der Krankenkasse übernommen und es stellt sich die Frage, was dieser Schritt für ein Zeichen setzt gegenüber Menschen mit Behinderungen. Werden Frauen jetzt noch mehr von der Gesellschaft gedrängt, ein Kind mit Beeinträchtigung abzutreiben? Schätzungsweise wurden schon vor dem kostenlosem Bluttest 9 von 10 Schwangerschaften abgetrieben, wenn beim Fötus Trisomie 21 während der Schwangerschaft festgestellt wurde (vgl. Downsyndrom führt meist zur Abtreibung, Spiegel Gesundheit,  https://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/down-syndrom-neun-von-zehn-frauen-treiben-ab-a-1138841.html).

Clara Moser (Von Studierenden für Studierende)

Ein Bluttest in der Schwangerschaft kann feststellen, ob ein Fötus Down-Syndrom hat. Die Kosten des NIPT-Tests werden ab dem 1. Juli 2022 von der Krankenkasse übernommen (vgl. Redaktion der Krankenkasseninfowebsite, Neue Kassenleistung ab Juli, https://www.krankenkasseninfo.de/ratgeber/nachrichten/neue-kassenleistung-ab-juli-bluttests-auf-trisomie-bei-schwangerschaft-61332.html ). Der gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kassen und Kliniken hat beschlossen, dass dieser Test jetzt ohne Kosten für die Schwangere durchgeführt werden kann. Der Ausschuss setzt die Beratung durch Ärzt:innen voraus und möchte, dass die Frauen genau informiert werden. Die Beratung besteht aus einem ausführlichen Gespräch und einer Broschüre. In dieser Broschüre wird nochmal darauf hingewiesen, dass diese Untersuchung nicht zu den empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen gehört. Im Anschluss können Schwangere und Ärzt:in gemeinsam entscheiden, ob dieser Test auf Trisomie 21 gemacht wird. Der Test soll nur in begründeten Einzelfällen durchgeführt werden. Außerdem werden die Eltern aufgefordert sich Gedanken zu machen, wozu sie sich im Falle eines auffälligen Testergebnis entschließen.

Nicht-invasive Pränataldiagnostik durch Bluttests werden seit 2012 in Deutschland verwendet, jedoch mussten die Schwangeren diese bisher selbst bezahlen. Dies soll nun Kassenleistung werden und löst dadurch eine Debatte aus. Es wird befürchtet, dass Menschen mit Behinderung und deren Familien verstärkt Diskriminierung ausgesetzt werden und dass die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche steigen könnte. Befürworter dieser Kostenübernahme erläutern, dass der Test zuverlässig und sicher sei (vgl. Von Hirsch, Mia, Trisomie-Test wird Kassenleistung, Tagesschau online, https://www.tagesschau.de/inland/nipt-test-trisomie-101.html).

Die Lebenshilfe hat eine Kampagne zum PraenaTest gestartet, die sich „#12:21 Down ist in-nicht out!“ nennt. Sie fordert eine Aufklärung über das Leben mit Beeinträchtigung, keine Bluttests auf genetische Abweichungen auf Kosten der Krankenkasse und mehr Beratungen vor, während und nach den vorgeburtlichen Untersuchungen. Dabei plädiert die Lebenshilfe für eine Beteiligung von der Behindertenselbsthilfe. Sie ist der Meinung, dass eine Kostenübernahme für Bluttests auf Trisomie 21 für alle Schwangeren weder zu einer gesteigerten Selbstbestimmung der Frauen, noch zum Wohl der ungeborenen Kinder führt. Sie sehen die Kostenübernahme eher als ein Signal an, dass Menschen mit Trisomie 21 nicht zur Welt kommen sollten. Dies verstärkt die Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Down-Syndrom.

Die Lebenshilfe erläutert, dass der Bluttest auf Trisomie 21 als medizinisches Verfahren für Frauen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eine verlässliche Aussagekraft für die Vorhersage einer Trisomie 21 hat, bei Schwangeren mit niedriger Wahrscheinlichkeit dagegen nicht. Deshalb spricht sich die Kampagne gegen eine Anwendung bei Frauen aller Wahrscheinlichkeitsgruppen und Altersstufen aus. Die Krankenkasse zahlt normalerweise nur medizinisch notwenige Verfahren und Untersuchungen und diese Notwendigkeit ist nicht bei jeder Schwangeren gegeben.

Außerdem appellieren auch verschiedene Expert:innengruppen dafür, dass die Anwendung des Bluttests nur bei erhöhter Wahrscheinlichkeit durchgeführt werden soll. Zusammenfassend begründet die Lebenshilfe ihre Ablehnung gegen die Kostenübernahme des NIPT-Tests damit, dass es keine Grundlage für eine generelle Finanzierung der Untersuchungen durch die gesetzlichen Krankenkassen für alle Schwangeren gäbe. Diese Verfahren sollten nicht unabhängig von der Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen, finanziert werden, da die Kostenübernahme von Diagnostik und Therapie durch gesetzliche Krankenkassen auf einer medizinischen Indikation beruht (vgl. #12:21 Down ist in- nicht out, Lebenshilfe, https://www.lebenshilfe.de/mitmachen/aktiv-werden/1221-trisomie-bluttest).