„Das Zappelphilipp-Syndrom“ – Die Komplexität von ADHS

„Jetzt sitz doch mal ruhig.“ „Reiß dich endlich mal zusammen.“ „Warum hast du denn das schon wieder vergessen?“. Diese und ähnliche Sätze bekommen Menschen mit ADHS in ihrem Alltag ständig zu hören. Sie fallen auf und vor allem fallen sie aus dem Muster. Der Begriff ‚ADHS‘ ist den meisten Menschen bekannt. Und vielen geht er vor allem auch als eine Art der Beleidigung leicht und unbedacht von der Zunge.

Doch was genau ist ADHS eigentlich? Welche Symptome zeigen sich wirklich? Und wodurch lässt sich beispielsweise ein Kind mit ADHS von einem schlichtweg hibbeligen oder unkonzentriertem Kind unterscheiden?

Die Abkürzung ADHS steht für ‚Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung‘ und zeigt sich bei den meisten Menschen durch die drei Hauptsymptome Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität. Doch ADHS ist oftmals viel komplexer und vielschichtiger als man zuerst meinen mag. Bei Menschen mit ADHS geht es meist nicht einfach nur darum, dass sie hibbelig sind und sich nicht konzentrieren können, sondern die Symptome äußern sich bei jedem Menschen sehr individuell. Teilweise scheint es immer mehr Kinder und Jugendliche zu geben, welche die entsprechenden Symptome aufzeigen (vgl. https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/das-solltest-du-ueber-adhs-wissen/).

Rebecca Pauls (Von Studierenden für Studierende)

Es lassen sich grob zwei Typen von ADHS generieren:

Der eine ist der vorwiegend unaufmerksame Typ, bei welchem vor allem das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt wird. Den Menschen dieses Typus fällt es schwer, sich auf eine Tätigkeit zu fokussieren, besonders dann, wenn ihnen diese Tätigkeit langweilig vorkommt. Das kann also bedeuten, dass sie Probleme in der Schule bzw. im Unterricht haben, häufig Flüchtigkeitsfehler machen oder sich leicht ablenken lassen. Auch im Alltag passiert es ihnen häufig, dass sie Dinge oder Termine vergessen, allgemein sehr vergesslich sind oder Schwierigkeiten bei der Planung sowie der entsprechenden Umsetzung haben. 

Der andere Typ ist der vorwiegend hyperaktive Typ, welcher eher die Symptome zeigt, die als ‚typisch‘ für ADHS gesehen werden. Es geht bei diesem Typ von ADHS jedoch nicht vorrangig um die Hyperaktivität an sich, sondern viel mehr um die Selbstregulation. Zwar stimmt es schon, dass Menschen mit diesem Typ einen erhöhten Bewegungsdrang haben und somit, wenn sie stillsitzen sollen, eher kippeln, mit dem Fuß wippen, usw. Viel stärker zeigt sich jedoch ihr oftmals impulsives Handeln, das schlechte Einschätzen von Konsequenzen, das Dazwischenreden in einer Unterhaltung oder auch allgemein stärkere emotionale Reaktionen. Diese Symptome werden häufig durch stark stimulierende Situationen, wie z.B. Urlaubsreisen oder Familienfeiern verstärkt (vgl. https://adhs20plus.ch/typen-von-adhs/).

Ganz allgemein könnte man natürlich denken, dass die drei Hauptsymptome Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität bei Kindern und Jugendlichen gar nicht ungewöhnlich sind. Wenn diese im Alltag jedoch ein überdurchschnittliches Ausmaß annehmen, sollte ein genauerer Blick darauf geworfen werden.

Dabei sollte eine präzise Diagnose von höchster Priorität sein, denn obwohl ADHS eine der am häufigsten diagnostizierten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen ist, erfüllen nur 29% der Kinder mit ADHS-Diagnose auch wirklich die Kriterien. Und das, obwohl eine genaue und korrekte Diagnose im Kindesalter äußerst wichtig ist. ADHS gilt laut der Diagnosekriterien nämlich als Störung des Kindes- und Jugendalters, was also bedeutet, dass bei Erwachsenen mit Verdacht auf ADHS die Symptome nachträglich, also als schon im Kindesalter existent, aufgezeigt werden müssten.

Eine fehlerfreie ADHS-Diagnose ist also genau deshalb so wichtig, da es oftmals aufgrund der (fälschlichen) Diagnose zu einer Überschattung von anderen Krankheiten kommt. Psychische Krankheiten wie Depressionen, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen oder auch Zwangsstörungen werden häufig übersehen bzw. fälschlich eingeordnet, da sie sich teilweise in den Symptomen überschneiden bzw. sich die Auswirkungen der Symptome im Alltag ähneln können.

Doch nicht nur das Krankheiten nicht gesehen und somit auch nicht diagnostiziert werden, sondern auch bei einer Nichtbehandlung von ADHS können psychische Begleiterkrankungen, sogenannte Komorbiditäten entstehen.

Somit leiden zwei von zehn der 13 bis 17-Jährigen an Angststörungen und ein(e) von zehn an Affektiven Störungen. Bei den Menschen, die 31 Jahre oder älter sind, zeigen sich deutlich höhere Zahlen, bei der Angststörung sind es sechs von zehn, bei der Affektiven Störung sieben von zehn, da diese länger ohne eine klare ADHS-Diagnose leben und somit stärkere Komorbiditäten entstehen können (https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/das-solltest-du-ueber-adhs-wissen/).

Es wird also deutlich, wie enorm wichtig es ist, sich intensiv mit der Thematik ‚ADHS‘ auseinanderzusetzen und diese nicht als ein „Zappelphilipp-Syndrom“ abzustempeln, sondern den Fokus verstärkt darauf zu richten, wie Betroffenen möglichst früh und möglichst konkret geholfen werden kann.

Wer noch mehr zu ADHS, den genauen Ursachen oder auch der Therapie lernen möchte, kann dies auf der Internetseite von Quarks unter dem Beitrag „Das solltest du über ADHS wissen“ tun. Den Link dazu findet Ihr hier: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/das-solltest-du-ueber-adhs-wissen/