Inklusion an Hochschulen – Studieren mit Behinderung

Laut Art. 24 Abs. 5 der UN-Behindertenrechtskonvention haben Menschen mit Behinderung ein gleiches Recht auf den Zugang zur Hochschulbildung, aber wie sieht die Umsetzung von Inklusion an Hochschulen in der Realität aus? Mehr dazu erfahrt Ihr hier.

Laura Mumme (Von Studierenden für Studierende)

Trotz der Verfassung der UN-Behindertenrechtskonvention ist nicht jede Hochschule in Deutschland barrierefrei ausgerichtet. Einige Hochschulen betiteln sich allein durch den Bau eines Fahrstuhls oder eines barrierefreien Gebäudes als barrierefreien Lernort. In der Realität haben aber z.B. Menschen, die im Rollstuhl sitzen nicht die Möglichkeit jeden Vorlesungs- oder Seminarraum zu erreichen.              
Es wird deutlich, dass Menschen mit Behinderung, wenn sie studieren wollen, verschiedenste Hürden überwinden müssen. Das Studieren mit Behinderung stellt Betroffene vor einen großen organisatorischen Aufwand und vor Einschränkungen, trotz Inklusion. Leider ist es nicht möglich sich mit einer Behinderung an jeder beliebigen Wunsch-Hochschule zu bewerben. Vorab muss gründlich recherchiert werden, ob die zu infrage kommende Hochschule barrierefrei ist und auf die eigenen Bedürfnisse eingehen kann. Dabei können bereits für unsereins banale Kriterien, wie bspw. der Zugang zu Toiletten, ausschlaggebend sein. Des Weiteren kann es passieren, dass der Wunsch-Studiengang nicht an barrierefreien Hochschulen angeboten wird, weshalb u.U. auf ein anderes Studium ausgewichen werden muss. Zusätzlich kann bei der Bewerbung auch die Entfernung zum Wohnort, die Möglichkeit des barrierefreien Wohnens vor Ort oder der zu bestreitende Weg zur Universität ausschlagegebend sein. Im WS 2016/17 haben 89% der Studierenden mit Behinderung über Probleme bei der Organisation und Durchführung ihres Studiums geklagt. Diesbezüglich gibt es eine ausführliche Studie zum Thema des Studierens mit Beeinträchtigung in der „best2“ Studie unter folgendem Link: https://www.studentenwerke.de/sites/default/files/beeintraechtigt_studieren_2016_barrierefrei.pdf.

In der ZDF-Mediathek findet sich ein Video zu dem Thema „Studieren mit Behinderung“ (https://www.zdf.de/gesellschaft/einfach-mensch/einfach-mensch-vom-20-november-2021-100.html). Der Beitrag begleitet die 22-Jährige Anna, die im Rollstuhl sitzt und an der Universität in Marburg Psychologie studiert. Bereits bei ihrer Studienauswahl zeigte sich, dass sie Benachteiligung erfahren musste, denn ihr Traum war es ursprünglich Medizin zu studieren. Anna wurde jedoch aufgrund ihrer Behinderung nicht für das Studium zugelassen. Anna berichtet, dass für sie bei der Wahl ihres Studienorts leider keine große Auswahl bestand und nur Marburg in Frage kam, da es dort das einzige barrierefreie Studierendenwohnheim in Deutschland gibt. Zudem steht dort den Studierenden mit Beeinträchtigung ein Fahrdienst sowie ein 24 Stunden Pflegedienst zur Verfügung.

Aufgrund der Covid-19 Pandemie gingen viele Universitäten erstmals in die Online-Lehre über. Über das Online-Studium mit Behinderung berichtet ein interessanter Artikel in der „ZEIT“ (https://www.zeit.de/campus/2021-04/studieren-behinderung-corona-barrierefreiheit-homeoffice-universitaet-digitalisierung?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F). Im Rahmen des Artikels „Im Videocall muss man sich nicht outen“ wird deutlich, dass die Pandemie und das damit verbundene Online-Studium für viele Betroffene eine große Erleichterung des Studienalltags darstellte. Grund dafür ist, dass die Studierenden auf dem Weg zur Vorlesung nicht mit Barrieren, wie z.B. beim Bahnfahren oder durch defekte Fahrstühle zu kämpfen hatten und ihre Arzttermine besser mit Lehrveranstaltungen abstimmen konnten. Andererseits stellt die Online-Lehre besonders für seh- oder hörbehinderte Menschen erschwerte Bedingungen dar, auf die sich Studierende und Hochschulen neu einstellen mussten.

Im Zuge der Inklusion müssen Universitäten in Zukunft noch mehr auf Barrierefreiheit und gleichberechtigte Teilhabe ausgerichtet werden. Aufgrund der aktuellen Situation müssen Hochschulen zusätzlich die digitale Barrierefreiheit verbessern. Generell kann ein hybrides Studium für Menschen mit Behinderung auch nach der Pandemie eine langfristige Entlastung darstellen.

Weiterführend finden sich im Familienratgeber der Aktion Mensch unter www.familienratgeber.de für Betroffene viele Informationen rund um das Studieren mit Behinderung.