IST CORONA INKLUSIV?

Werkstätten, die mit Altenheimen auf eine Stufe gestellt werden, obwohl sie wenig miteinander zu tun haben. Förderschulen, für die andere Regeln gelten als für Regelschulen. Lockerungen, bei denen zwischen Menschen mit Behinderungen und dem Rest der Bevölkerung unterschieden wird. Menschen mit Behinderungen, die automatisch einer besonderen Corona-Risikogruppe zugehörig gezählt werden. „Menschen mit Behinderung sind vom Ziel der Inklusion weiter entfernt als vor Corona“, klagt Thomas Bretschneider, Vorstand des Bremer Martinsclubs, ein Verein, der sich seit 1973 für Menschen mit Beeinträchtigungen einsetzt. Ihr Ziel ist die Inklusion, die sie nun in weiterer Ferne sehen als vor der Pandemie (https://www.martinsclub.de/ueber-uns/).

Lara-Marie Schäpe (Von Studierenden für Studierende)

Für Menschen mit Behinderung stellt die Corona- Pandemie eine ganz andere Herausforderung dar: wochenlange Abschirmung von Wohneinrichtungen und gestrichene Besuchszeiten. Keinen Arbeitsalltag, keine Ausflüge und somit große Einsamkeit (https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/landkreis-starnberg-menschen-mit-behinderung-coronakrise-1.4938088).

Genau wie Altenheime durften auch Wohnheime für Menschen mit Behinderung lange keine Verwandten empfangen. Diese Regeln sind zwar wieder etwas gelockert worden, dennoch hält der Landesbehindertenbeauftragte Wolf-Arne Frankenstein dieses Regelwerk immer noch für „mehr, als nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit angebracht wäre“ (https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/gesellschaft/rechte-behinderter-menschen-unter-corona-100.html). Menschen mit Behinderung sitzen „in der zweiten oder dritten Reihe und müssen anderen dabei zusehen, wie sie wieder mehr Freiheiten genießen können“, so auch Rita Rockel, Behindertenbeauftragte in Oldenburg (https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/bildung/wildeshausen-kreisbehindertenrat-in-wildeshausen-inklusion-nicht-aus-den-augen-verlieren_a_50,8,4224557105.html).

Menschen mit Behinderung werden in der Pandemie als homogene Masse betrachtet, obwohl sie Individuen mit individuellen Bedürfnissen sind. In den Schulen gelten für „Inklusionskinder“ andere Regeln als für alle anderen. Anstatt mit in den Klassen unterrichtet zu werden, sollen die Eltern dieser Kinder sich Einzelbetreuungen organisieren, wobei auch dies auf große Probleme stößt, wo auch Betreuungs- und Unterstützungsdienste ihre Hilfe zeitweise beinahe völlig eingestellt haben. Familien, gerade auch mit Kindern mit Unterstützungsbedarf, waren auf sich allein gestellt. „Soziale Kontakte fallen noch länger weg und viele Eltern können es einfach nicht mehr stemmen.“, so Michael Grashorn vom Kreisbehindertenrat.

Werkstätten für Menschen mit Behinderung wurden zeitweise geschlossen, weil den Menschen dort nicht zugetraut wurde, Hygieneregeln einhalten zu können, während andere Produktionsfirmen weiterarbeiten konnten wie zuvor. Auch jetzt, wo die Werkstätten wieder geöffnet haben, gelten dort strengere Regeln als in anderen Firmen. Wo in normalen Büros keine Maskenpflicht herrscht, müssen in Werkstätten für Menschen mit Behinderung strickt Masken getragen werden. Dies stehe eindeutig im Widerspruch zum Inklusionsgedanken und wäre unzumutbar und diskriminierend, denn in der Industrie wird auch keinen körperlich arbeitenden Menschen zugemutet, permanent eine Maske zu tragen, so Birgit Eckhardt, von der Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen.

Auch in dieser Zeit sollte Inklusion nicht aus dem Blick geraten. Die Rückkehr in die Normalität sollte für Menschen mit Behinderung gleichberechtigt vollzogen werden können.

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