Pubertät während der Pandemie – ist das überhaupt möglich?

Ein Interview im Zeit-Magazin mit der Entwicklungsneuropsychologin Anja Karlmeier macht darauf aufmerksam, dass Jugendliche, die im Entwicklungsstand der frühen Pubertät sind, durch die Corona Krise vermehrt psychische Folgen davontragen können (https://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2020-07/kinder-corona-krise-psychische-folgen-entwicklungspsychologie).

Die Phase des Ablösens von den Eltern, den Drang, eigene Entscheidungen zu treffen und selbstständiger zu werden, das sind Dinge, die die meisten Jugendlichen in ihrer Pubertät erfahren wollen. Doch wie stellt man dies an, wenn man mehrere Monate zu Hause verbringen soll, seine Freunde und sein soziales Umfeld nur beschränkt kontaktieren kann und keine Möglichkeiten bekommt, neue Dinge zu erleben? So hat die Corona Pandemie die Jugendlichen eingeschränkt und das kann Folgen haben.

Mona Paul (Von Studierenden für Studierende)

Anja Karlmeier ist Leiterin einer Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (https://www.bethel.de/angebote/schulen-und-bildung/beratungsstelle-bethel/beratungsteam.html). Im Interview berichtet sie darüber, dass Jugendliche in ihrer Hirnentwicklung die soziale und gesellschaftliche Entwicklung parallel benötigen, um weiter zu kommen. Dies ist aufgrund der Pandemie für mehrere Wochen nicht möglich gewesen, die Schulen wurden geschlossen und durch die Kontaktbeschränkungen konnten viele Dinge nicht stattfinden.

Frau Karlmeier mutmaßt, dass Jugendliche, die in sozial und finanziell stabilen Familien leben, kaum Schäden davon tragen werden. Allerdings gilt es, sich um die Jugendlichen zu sorgen, die schwierige Bedingungen in ihren Familien haben. Durch den fehlenden Kontakt zu Bezugspersonen oder Lehrkräften konnte nicht auf Anzeichen von Gewalt oder Missbrauch geachtet werden. Diese Jugendlichen bekommen kaum neue Anregungen seitens der Familie und konnten dies in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen nicht durch andere Aktivitäten erlangen. Dies kann nicht nur schulische, sondern auch psychische Folgen nach sich ziehen.

Die Entwicklung der Jugendlichen zielt darauf ab Selbstständigkeit zu erlangen. Für diesen Schritt ziehen sich die Eltern im Normalfall immer weiter zurück und reduzieren ihren Einfluss. Die Jugendlichen wählen sich selbst weitere Bezugspersonen, von denen sie lernen wollen. Durch den Lockdown war diese Entwicklung für einen Zeitraum von mehreren Wochen und Monaten nur sehr eingeschränkt möglich und die Jugendlichen mussten sich eventuell wieder stärker ihren Eltern zuwenden. Auch durch die schulische Unterstützung, die von den Eltern gefordert war, hat sich ihr Einfluss eher verstärkt als verringert.

Inwieweit Jugendliche in dieser Phase den sozialen Anschluss verloren haben, ist noch nicht abzusehen. Durch Zurückziehen und fehlende Freizeitaktivitäten kann es ein, dass sich der Zustand der Isolation für einige Jugendliche manifestiert und sie somit Probleme bei der Entwicklung der Selbständigkeit bekommen.

Bei älteren Jugendlichen sieht Frau Karlmeier dieses Problem allerdings nicht, da diese Generation gut in der Lage ist, sich in neue Situationen hinein zu versetzen, wahrscheinlich besser als Erwachsene. Sie sind kompetent darin, sich durch das Internet zu vernetzen und so den Kontakt zu behalten, den sie auch vor der Pandemie auf viele Arten online gepflegt haben.

Eine Möglichkeit, den Jugendlichen zu helfen, denen es in der Zeit des Lockdown nicht so gut ergangen ist, sei eine große Vielzahl von neuen Entwicklungsanregungen. Es soll wieder die Möglichkeit geben, persönliche Kontakte zu pflegen und Freizeitangebote wahrzunehmen. Außerdem erhofft man sich durch die Schulöffnung nach den Sommerferien ein erneutes Einbinden in die Gesellschaft.

Schreibe einen Kommentar