Steht Corona der Menschlichkeit im Weg?

Menschen mit Beeinträchtigungen werden in dieser sehr veränderten Zeit vor fast unlösbaren Aufgaben gestellt. Die gemeinschaftliche Teilhabe – das Miteinander verändert sich. In einem Bericht des ,,Deutschlandfunk Kultur“ wird Tom Hoffmann, der im Rollstuhl sitzt und als geistig behindert gilt, befragt. Er gibt einen Einblick in seinen Alltag während der Pandemie. Kritisch lässt er vermerken, warum er einen IQ-Test brauche, um Unterstützung zu bekommen (https://www.deutschlandfunkkultur.de/menschen-mit-beeintraechtigungen-corona-gefaehrdet.1001.de.html?dram:article_id=476589).

Ida Marie Ferlemann (Von Studierenden für Studierende)

Der Wunsch, allein zu wohnen, steht für Tom Hoffman wieder auf der ewigen Warteliste. Er möchte in dieser Zeit auf Menschen mit Behinderungen aufmerksam machen! Besonders die Situation in Heimen sei sehr unsicher. Raus gehen? Frische Luft schnappen? Freunde treffen? Das gibt es nicht! Menschen in Heimen müssen daheim blieben. Tom hatte für sich das Recht formuliert, rausgehen zu dürfen. Außerdem hat er Geld vom Staat gefordert, um Unterstützung im Alltag zu bekommen. Dieses Verfahren ist durch die Pandemie ins Stocken gekommen. Er möchte deshalb nochmals an die Menschen appellieren, sich auch für Menschen mit Behinderung zu interessieren, um diese in den Fokus gesellschaftlicher Solidaritätsbemühungen zu rücken.

Ulrike Mascher, Ehrenpräsidentin des Sozialverbandes VdK betont, dass die Corona- Pandemie die ganzen Inklusionsbemühungen der letzten 20 Jahre hemmen könnte. Besonders Menschen mit Behinderungen würden durch Zwangsquarantäne marginalisiert.

Ebenfalls in dem Projekt „Quabis“, in dem Tom mitwirkt, spricht auch seine Arbeitskollegin Anne Goldbach von einer Herausforderung. Dieses Projekt widmet sein Augenmerk Menschen, die als behindert gelten. Das Ziel ist es, diesen Menschen, faire Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen, indem diese eine 3-jährige Qualifikation erhalten, um später an Universitäten mitzuwirken (http://quabis.info/projekthintergrund.php). Es seien viele Projekte, die zur Inklusion beisteuern, aus Zahlungsschwierigkeiten zurückgefahren worden. Beide vermerken, dass dies zu einem Regelfall werden könnte.

Toms persönliches Anliegen allein zu wohnen und sein persönliches Budget zu erhalten, ist nur möglich, wenn ein IQ-Test seinen geistigen Zustand als „geistig eingeschränkt“ bescheinigt. „Das sei eine Voraussetzung“, fordert das Gesundheitsamt. Hoffmann fragt sich: „Warum ein IQ-Test, wenn man sowieso auf Hilfe angewiesen ist“? Er wolle seinen IQ auch gar nicht wissen; für ihn ist es auch nur ein weiteres Mittel der Diskriminierung.

Die Stagnation, die durch die Pandemie ausgelöst worden ist, kann die Bemühungen für ein inklusives, gemeinschaftlich- gesellschaftliches Zusammenleben gefährden. Tom betont, dass er nicht alle Hoffnungen in die Gesellschaft verloren hat: „Die Leute können jetzt viel darüber nachdenken, ob das alles so noch richtig ist, oder ob wir endlich mal etwas verändern müssen“ – eine Aufforderung, die an uns alle gerichtet ist!

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