Aufgaben zu Block 3:
a) Welche diagnostischen Herangehensweisen (Verfahren zur Datengewinnung) sind im Kontext Schule anwendbar?
Schaut man sich verschiedene diagnostische Herangehensweisen
an, so wie sie beispielsweise im Text zur „Pädagogisch- psychologischen
Diagnostik“ von Wilhelm & Kunian (2009) beschrieben werden, findet man viele Verfahren die besonders im Kontext
Schule geeignet sind um das Verhalten der Schülerinnen und Schüler zu
diagnostizieren. Im Folgenden werde ich einiger dieser Verfahren auflisten und
kurz vorstellen:
– Verfahren der Prozessdiagnostik, beschreibt die Beurteilung
spontaner oder gezielt herbeigeführter Veränderungen über einen Zeitraum, z.B.
durch die Methode der Einzelfallanalyse oder Veränderungsmessungen.
– Modifikationsdiagnostik, dabei soll eine Modifikation des
unangemessenen Verhaltens durch eine gezielte Therapie erreicht werden. Dies
wird erfolgreich bei Rechenschwächen angewandt.
– Verfahren der Bedingungsmodifikation,
bzw. Selektion, wird bei Empfehlungsvergabe für weitere Schulformen verwendet.
– Kriteriumsorientierte Diagnostik, hierbei wird eine Leistung im Vergleich zu einem wohl definierten Kriterium bewertet (siehe Zertifikatsverteilung)
– Normorientierte Diagnostik, beschreibt das Verfahren bei dem eine
Merkmalsausprägung bei unterschiedlichen Personen verglichen wird, so zum
Beispiel bei einem Intelligenztest angewandt. Auch gibt es das Verfahren eines
intraindividuellen Vergleiches, bei dem der Fokus innerhalb einer Person liegt,
also es sich um einen Vergleich der relativen Stärke einer Merkmalsausprägung
zu unterschiedlichen Zeitpunkten handelt.
– Einschulungsdiagnostik, also die Beurteilung sozialer, emotionaler, motorischer und kognitiver Kompetenzen eines Kindes
– Diagnose einer Lernbehinderung oder Teilleistungsstörung (eng geknüpft an das Verfahren einer normorientierten Diagnostik und Intelligenzmessung)
–Diagnose bei Verhaltensauffälligkeiten, zum Beispiel ADHS oder Störungen des Sozialverhaltens. Hierbei besteht eine enge Verbindung zur klinischen Psychologie. Da eine Diagnose oftmals auf eine Fremdbeurteilung von beispielsweisen Lehrern oder Eltern angewiesen ist, fällt sich leider sehr subjektiv aus.
– Diagnose von Hochbegabung, meist durch erprobte Intelligenztest (vgl. Normorientierte Diagnostik)
Allgemein lässt sich sagen, dass bei Diagnostik immer stark formalisierte Werkzeuge, wie Tests, Fragebögen,
Beobachtungsinventare oder die Methode des Interviews zur Verfügung stehen.
Diese finden im diagnostischen Schulalltag besonders Verwendung bei Leistungstests, wie Leseverständnistests oder Konzentrationstests.
b) Woran erkennt man, wie gut Testverfahren sind?
Um beurteilen zu können, wie gut ein diagnostisches Testverfahren
ist, gibt es sogenannte Gütekriterien. Sie lassen sich durch die Termini Objektivität, Reliabilität und Validität beschreiben. Im Folgenden
werde ich die drei Begriffe, unter Berücksichtigung der Textquellen von Ingenkamp
& Lissmann (2008), Wilhelm & Kunina (2009) und dem Lehrvideo, näher
erläutern.
Bei dem ersten Kriterium, der Objektivität, handelt es sich nach
Lienert um „…den Grad, in dem Testergebnisse unabhängig vom Untersucher sind“.
Ein Test sollte folglich immer so gut dokumentiert sein, dass er unabhängig von
den jeweiligen Untersuchern wiederholt werden und dieser dennoch dabei zum
gleichen Ergebnis kommen kann. Es wird des Weiteren zwischen drei
Objektivitätsarten unterschieden: der Durchführungsobjektivität, der
Auswertungsobjektivität und der Interpretationsobjektivität.
Das zweite Gütekriterium beschreibt die Reliabilität, also die Zuverlässigkeit
eines Testverfahrens. Dieses legt die Genauigkeit dar, mit der ein Test eine Merkmalsdimension erfasst. Da es bekannt ist, das bei Testungen immer wieder Messfehler auftauchen, versucht man durch Methoden wie der Testwiederholung und der anschließenden Errechnung des Korrelationskoeffizienten der unterschiedlichen
Testungen eine annähernde Ergebniszuverlässigkeit zu erreichen ( bei hoher
Reliabilität zwischen r= 0,7 und max. r= 1,0).
Das wichtigste Gütekriterium von diagnostischen Testverfahren ist allerdings die Validität, auch Gültigkeit genannt. Dabei sind eine hohe Objektivität und Reliabilität
Voraussetzung für eine hohe Validität. Diese beschreibt den Grad, mit dem ein
Test dasjenige Merkmal misst, dass er vorgibt zu messen. Errechenbar ist die
Validität durch eine Korrelation des Testscores mit einem Außenkriterium. Hierbei
unterscheidet man zwischen drei Arten: der Validierung mittels eines
Kriteriums, z.B. bei einem Alkoholismustests, der Validierung mittels eines
Quasikriteriums, so zum Beispiel bei einem Vergleich zwischen einem alten und
einem neuen IQ-Tests oder der Validierung mittels einer Target- Variablen, wie
es bei Untersuchungen zu Unfallhäufigkeiten angewandt wird. Außerdem spricht
man von zeitbezogener Unterscheidung, nämlich der konkurrenten Validität, wobei
Test und Kriterium gleichzeitig erfasst werden und der prädikativen Validität,
wo erst der Testscore ermittelt wird und zu einem späterem Zeitpunkt das
Kriterium gemessen wird.
Alles in allem lässt sich aber sagen, dass bei einer hohen Validität, das Testergebnis eine Generalisierung aus dem numerischen Relativ auf das empirische Relativ, also der tatsächlichen Wirklichkeit erlaubt und den Rückschluss auf gleiches Verhalten in anderen Situationen rechtfertigt.
So handelt es sich zum Beispiel bei Farbsehtests, der praktischen
Führerscheinprüfung und Tests in Flugsimulatoren um gute valide Testungen, da
eine hohe Übereinstimmung zwischen Test und Nicht-Test Situation herrscht.
c) Was unterscheidet „seriöse“ Testverfahren von Selbsttests aus Illustrierten/ im Internet u.ä.?
Ganz eindeutig unterscheiden sich „seriöse“ Testverfahren, wie beispielsweise einem
Leseverständistest für Schüler und Schülerinnen der 5.Klasse, zu Selbsttests,
wie man sie in Illustrierten oder im Internet findet durch das Erfüllen der
Testgütekriterien. Wenn ein Test diese zuvor beschriebenen Kriterien, wie
Objektivität, Reliabilität und Validität nicht aufweist, kann man sicher sein,
dass das Testergebnis wenig bis gar nicht repräsentativ ist. Fehlen bei einem
Test, wie einem Fragebogen zum Selbsttest beispielsweise, eine
Durchführungsanweisung, ist eine notwendige Durchführungsobjektivität nicht
gegeben. Diese wiederrum ist Voraussetzung für ein gültiges und
wissenschaftlich angesehenes Verfahren.
Auch fehlende Anweisungen zur Testauswertung, fehlende Informationen zu den
vergleichbaren Normenstichproben und fehlende Hinweise zum theoretischen
Hintergrund des Testes sind Indizien für Unseriösität eines Verfahrens.
(Charlotte Krug)