Archiv für den Monat: November 2013

Themenpost

Im Rahmen meines Orientierungspraktikums habe ich unter anderem in einem Informatik Leistungskurs hospitiert. Der Unterricht in dieser Klasse unterschied sich von dem Unterricht in anderen Klassen dahingehend, dass den Schülern zu Beginn des Schuljahres eine umfassende Aufgabenstellung gegeben wurde, die sich auf mindestens drei Monate bezog. Die SuS wurden anschließend aufgefordert die entsprechenden Aufgaben alleine, besser in kleinen Gruppen möglichst eigenständig zu lösen. Für die Bearbeitung standen den SuS an einem Tag in der Woche, in dem alle wöchentlichen Informatikstunden stattfanden (auch Jahrgangsübergreifend) ein großer Unterrichtsraum zur Verfügung, in dem sie die Möglichkeit hatten sich frei zu bewegen und in entsprechenden Gruppen zusammen zu setzen. Während dieses Tages stand ihnen ein Lehrer beratend zur Seite. Ziel dieser Lernform ist zunächst das Programmieren durch aktives Handeln zu erlernen. Sinngemäß sagte der Lehrer zu mir, dass man das Programmieren nur lernen könne indem man es macht. „Skatebordfahren lernt man auch nicht indem man den Jungs auf dem Rathausplatz zusieht.“ Ein weiterer großer Vorteil war, dass jeder nach seinem individuellen Lerntempo arbeiten konnte und dass leistungsstärkere Schüler den schwächeren helfen und auf diesem Wege ihr wissen noch einmal verfestigen können. Um diese Vorteile auch in andere Klassen zu übertragen wurde das Konzept des selbstorganisierten Lernens ebenfalls in die didaktische Jahresplanung der Handelsschulen aufgenommen. An einer Einheit im Fach VWL konnte ich ebenfalls hospitierend teilnehmen.
Mein Forschungsprojekt würde ich in diesem Bereich durchführen wollen. Im weiteren werde ich möglichst zeitnah das Gespräch mit dem Fachbereichsleiter der Höheren Handelsschule suchen, um weitere Informationen über die Einführung“ Selbstorganisiertes Lernen“ zu bekommen. An dieser Stelle lässt sich ebenfalls klären, ob es zur Zeit einen Untersuchungsbedarf seitens der Schule gibt. In weiteren Schritten könnten Lehrer und Schüler hinsichtlich ihrer Erfahrungen mit dieser Unterichtsform befragt werden. Auch eine Betrachtung der Schülerleistung kann von Interesse sein. Des weiteren wäre es möglich weitere Techniken des SOL zu recherchieren und in einem eigenen Unterrichtsversuch umzusetzen, wenn mir im Rahmen des Praktikums die Möglichkeit dazu gegeben wird.

Positionierung

Altrichter und Posch (1998) definieren das Forschende Lehren im Rahmen der Aktionsforschung, in dem eine in unserem Fall, Lehrkraft aus ihrer beruflichen Praxis Probleme identifiziert, die aus ihrer Sicht einer Verbesserung bedürfen. Aus dieser Situation entsteht zunächst eine Fragestellung, bzw. ein Forschungsgegenstand, der nach wissenschaftlichen Kriterien und Abläufen (Bewertung der Untersuchungsideen, Untersuchungsplanung, Theorieteil, Untersuchungsdurchführung, Auswertung, Untersuchungsbericht[Bortz, J. / Döring, N. (2006)]) bearbeitet werden soll. Ziel dieser Untersuchung ist nicht nur das Aufdecken eventueller Missstände, sondern auch die Entwicklung entsprechender Handlungsanweisungen zur Verbesserung der betrachteten Situation. Die Handlungsanweisungen sollten nicht nur zur Verbesserung der Lehrkompetenzen, der jeweiligen Lehrkraft beitragen, sondern ebenfalls öffentlich zugänglich gemacht werden, um einen möglichst weiten Kreis anderer Lehrkräfte an den Ergebnissen teilhaben zu lassen. Somit geht meiner Meinung nach „Forschendes Lehren“ weiter als eine (Selbst)kritische Betrachtung einer Lehrkraft mit den Situationen im schulischen Alltag, die ebenfalls wünschenswert ist und wohlmöglich auch zu einem schnellen Zuwachs der individuellen Erfahrung führt. Für mich interessant ist der Punkt der Veröffentlichbarkeit bei dem Thema Forschendes Lehren. Dieser Veröffentlichbarkeit ist eine gewisse systematische Vorgehensweise geschuldet, der die Arbeitsweise an Hochschulen gerecht werden kann. Der Ausgangspunkt einer Lehrperson im Rahmen Forschendes Lehren ist meiner Ansicht nach zunächst eher auf den eigenen Handlungshorizont (die eigene Schule) beschränkt. Eine kritische Betrachtung er Ergebnisse in Bezug auf die Verallgemeinbarkeit ist an diesem Punkt von großer Wichtigkeit, sowohl vom Verfasser als auch vom Verwender. Altrichter und Posch verweisen in diesem Zusammenhang auf Elliot (1991), der vorschlägt, dass Lehrer ihre Erkenntnisse in bestimmten Medien wie z. B. Fallstudien formulieren und diese dann auf kollegialer Ebene mit anderen Lehrkräften diskutieren.
Da die Institution Berufskolleg für mich noch recht neu ist, ist es für mich persönlich wichtig zunächst erst einmal einen Blick für die Strukturen und Abläufe in der Schule zu bekommen. Dann ist es ebenfalls von Interesse zu schauen wo erfahrene Lehrkräfte Probleme sehen und wie sie diese einschätzen, um ein eigenes Gefühl für Problematiken an Berufskollegs zu entwickeln. An diesem Punkt könnte ein Vorteil der Praktikantensituation sein, relativ unvoreingenommen an Fragestellungen heranzugehen, mit denen sich ein erfahrene Lehrer ggf. schon arrangiert hat. So äußerte sich ein Lehrer in meinem O- Praktikum mir gegenüber dahingehend, dass er meinte, dass es unmöglich sei alle Schüler in einer Klasse „inhaltlich mitzunehmen“. Diese Aussage beinhaltet eine, sicherlich durch Erfahrungen, verfestigte Grundhaltung, die Praktikanten idealerweise „noch nicht“ haben und wenn das Konzept des Forschenden Lehrens im beruflichen Werdegang konsequent gelebt wird, auch niemals bekommen sollten.
Somit sehe ich Forschendes Lehren als Grundhaltung an, bei der sich Lehrkräfte kritisch mit sich selbst und den Situationen in ihrem beruflichen Umfeld auseinander setzten, Probleme bzw. Missstände identifizieren und diese nach wissenschaftlichen also idealerweise objektivierbaren Kriterien auswerten und Lösungsansätze erarbeiten. Ziel ist hierbei neben der Ausweitung der eigenen Kompetenzen eine kritische diskursive Auseinandersetzung mit den Kollegen, um sich zum einen von der eigenen subjektiven Sichtweise zu lösen und zum anderen Wissen zu verbreiten. Die eingangs genannte Verallgemeinbarkeit der Ergebnisse bzw. die Übertragbarkeit von Handlungsempfehlungen über Klassenverbände oder das jeweilige Berufskolleg hinaus stehe ich aus meiner derzeitigen Sicht kritisch bis skeptisch gegenüber, da allein die Auswahl und Erhebung einer entsprechenden Stichprobe die Kapazitäten eines Lehrer/Lehrerin überschreitet. Aus diesem Grund sehe ich auch qualitative Forschungsansätze die einen kleineren Stichprobenumfang benötigen und flexibler auf die entsprechenden Situationen anwendbar sind, eher als ein Instrumentarium des forschenden Lehrkraft.

Altrichter, H. / Posch, P. (1998): Lehrer erforschen ihren Unterricht:. Eine Einführung in die Methoden der Aktionsforschung. 3. durchgesehene und erweiterte Auflage. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt

Bortz, J. / Döring, N. (2006): Döring, N. (Hg.): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer. 4. Auflage