Konzept

Entwicklung der Forschungsfrage:
Beim selbstorganisierten Lernen werden dem Lerner eine Reihe von Freiheiten im Lernprozess gewährt, die sich im wesentlichen auf folgende Punkte beziehen. Der Lernende kann selbst über die Gestaltung seines Lernumfeldes bestimmen und sich die Lernzeiten frei einteilen. Des weitern wählt er eigenständig die Lernmethoden und den Grad der Unterstützung, durch einen Lehrer oder andere Schüler, aus. In noch liberaleren Formen des selbst organisierten Lernens, die in Richtung selbstbestimmtes Lernen gehen, bestimmt der Lerner selbst über Ziele und Inhalte des Lernens.
Ziel des selbst bestimmten Lernens soll unter anderem die Förderung und Forderung von Kompetenzen im Bereich Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und Teamfähigkeit sein, um Schüler im Kontext sich schnell verändernder, gesellschaftlicher und technischer Umgebungen die Fähigkeit und Notwendigkeit zu vermitteln, sich an diese Umgebungen anpassen zu können oder um es positiver zu formulieren, sich mit diesen Veränderungen mit entwickeln zu können (Konrad 2008).
Weiterhin ist zu nennen, dass dem selbst organisierten Lernen ein geändertes Menschenbild vorausgeht. So wird vom traditionellen didaktischen Konzept des Behaviorismus Abstand genommen, in dem der Schüler fremdbestimmt durch exogene Reize zum Lernen animiert werden soll und sich auf kognitive und konstruktivistische Prinzipien hinbewegt, in denen sich der Schüler die Lerninhalte selbst erschließt.
An die Arbeitsweise des selbst organisierten Lernens sind jedoch Voraussetzungen geknüpft, die den Schüler betreffen. Da der Lernprozess ein hohes Maß an Eigenständigkeit erfordert, muss der Schüler zunächst über ausreichend Motivation und Disziplin verfügen, sich selbst Inhalte anzueignen. Des weiteren sollte er in der Lage sein, sein eigenes Handeln vorausschauend zu planen, zu reflektieren und zu bewerten. Auch sollte er über Möglichkeiten der Gestaltung der eigenen Lernumgebung verfügen und ausreichend viele Lernstrategien kennen, um diese zielgerichtet einsetzen zu können(Götz 2011). Somit wird an dieser Stelle deutlich, dass selbst organisiertes Lernen zum Teil Fähigkeiten voraussetzt, die es letztendlich fördern soll.
Ziel meiner Forschungsarbeit ist es zunächst zu untersuchen, über welche Lernmethoden, Planungskonzepte und Möglichkeiten der Gestaltung der Umgebung, Schüler verfügen und welche sie wie einsetzen, also wie sie sich organisieren und wie sich diese Organisation auf die Motivation der Schüler auswirkt.
Eine Vermutung die ich diesem Zusammenhang habe ist, dass sich Defizite in der Methodik des selbstorganisierten Lernens negativ auf die eigene Motivation auswirken.
Methodisches Vorgehen:
Da ich kaum bzw. wenig Vorerfahrung in Bezug auf meine Untersuchung habe, werde ich ein qualitatives Untersuchungsdesign wählen, um dem explorativen Charakter der Forschungsfrage gerecht zu werden. Es geht ja zunächst einmal darum zu erfahren, wie Schüler sich organisieren und wie diese lernen, um dann zu bestimmen ob bzw. wo Defizite oder Schwierigkeiten auftreten und wie diese auf die Motivation wirken.
Um diese Fragen bearbeiten zu können, ist zunächst Datenmaterial zu erheben, welches im Anschluss ausgewertet und interpretiert werden muss.
Die Erhebung wird mittels eines Leitfadeninterviews geführt, das sich grob in drei Bereiche Unterteilen lässt. Einleitende Fragen sollen zunächst einen Bezug zu dem Interviewten herstellen. Leitfadenfragen sollen Fragen zur Planung, den verwendeten und vorhandenen Lernstrategien, dem Lernumfeld und vor allem zur Motivation abdecken. Ad hoc Fragen sollen die Möglichkeit liefern spontan auf individuelle Gegebenheiten einzugehen und Verbindungen der einzelnen Punkte, besonders in Bezug auf die Motivation, herzustellen.
Die Stichprobe soll Schüler aus dem beruflichen Gymnasium der Leistungskurse Mathematik und Informatik beinhalten. Die Auswahl wird vor allem von der Teilnahmebereitschaft der Schüler abhängig sein. Dieser Umstand der nicht zufälligen Stichprobenziehung ist bei qualitativen Verfahren legitim (Hussy/Schreier/Echterhoff 2010).
Die Auswertung wird im groben drei Schritte, die Transkription, die Analyse und die Systematisierung, umfassen. Bei der Transkription ist zu entscheiden, in welchem Umfang diese zu geschehen hat. Es besteht die Möglichkeit einer vollständigen oder einer selektiven Transkription. Die selektive Transkription umfasst nur ausgewählte, für die Fragestellung relevante Ausschnitte der Interviews und hat den Vorteil, dass ein größerer Datenbestand durch eine Vorauswahl berücksichtigt werden kann, allerdings ist die Vorauswahl auch gleichzeitig anfällig für subjektiv bedinge Verzerrungen. Ich werde meine Vorgehensweise vom Umfang des erhobenen Datenmaterials abhängig machen.
Bei der Analyse werde ich die entsprechenden Transskripte codieren. D.h. dass ich induktiv aus dem Text Codes erstelle und allen Textteilen einen solchen Code anhefte. Das Codieren gilt als besonders flexibel in Bezug auf mögliche heterogene Ergebnisse, die bei kleinen Stichproben durchaus zu erwarten sind. Außerdem trägt das induktive Vorgehen dem explorativen Charakter der Untersuchung Rechnung.
Im letzten Schritt der Auswertung werde ich versuchen den einzelnen Codierungen Typen zuzuordnen, um die Informationen in den Texten weiter zu verdichten. Hierbei geht es darum Typen zu definieren die intern homogen und extern heterogen sind und diese auf eine für die Forschungsfrage passende Typologie zu bringen.
Zuletzt hoffe ich, dass ich aus dieser Typologie Erkenntnisse in Bezug auf meine Forschungsfrage erhalte und daraus eine Handlungsempfehlung ableiten kann.

Literatur:
Götz T., (2011), Emotionen Motivation und selbstreguliertes Lernen, Verlag Ferdinand Schöning, Paderborn.
Hussy W., Schreier M., Echterhoff G.(2010), Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften, Springer, Berlin.
Konrad K. (2008), Erfolgreich selbstgesteuert lernen, Theoretische Grundlagen, Forschungsergebnisse, Impulse für die Praxis. Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn.

Themenpost

Im Rahmen meines Orientierungspraktikums habe ich unter anderem in einem Informatik Leistungskurs hospitiert. Der Unterricht in dieser Klasse unterschied sich von dem Unterricht in anderen Klassen dahingehend, dass den Schülern zu Beginn des Schuljahres eine umfassende Aufgabenstellung gegeben wurde, die sich auf mindestens drei Monate bezog. Die SuS wurden anschließend aufgefordert die entsprechenden Aufgaben alleine, besser in kleinen Gruppen möglichst eigenständig zu lösen. Für die Bearbeitung standen den SuS an einem Tag in der Woche, in dem alle wöchentlichen Informatikstunden stattfanden (auch Jahrgangsübergreifend) ein großer Unterrichtsraum zur Verfügung, in dem sie die Möglichkeit hatten sich frei zu bewegen und in entsprechenden Gruppen zusammen zu setzen. Während dieses Tages stand ihnen ein Lehrer beratend zur Seite. Ziel dieser Lernform ist zunächst das Programmieren durch aktives Handeln zu erlernen. Sinngemäß sagte der Lehrer zu mir, dass man das Programmieren nur lernen könne indem man es macht. „Skatebordfahren lernt man auch nicht indem man den Jungs auf dem Rathausplatz zusieht.“ Ein weiterer großer Vorteil war, dass jeder nach seinem individuellen Lerntempo arbeiten konnte und dass leistungsstärkere Schüler den schwächeren helfen und auf diesem Wege ihr wissen noch einmal verfestigen können. Um diese Vorteile auch in andere Klassen zu übertragen wurde das Konzept des selbstorganisierten Lernens ebenfalls in die didaktische Jahresplanung der Handelsschulen aufgenommen. An einer Einheit im Fach VWL konnte ich ebenfalls hospitierend teilnehmen.
Mein Forschungsprojekt würde ich in diesem Bereich durchführen wollen. Im weiteren werde ich möglichst zeitnah das Gespräch mit dem Fachbereichsleiter der Höheren Handelsschule suchen, um weitere Informationen über die Einführung“ Selbstorganisiertes Lernen“ zu bekommen. An dieser Stelle lässt sich ebenfalls klären, ob es zur Zeit einen Untersuchungsbedarf seitens der Schule gibt. In weiteren Schritten könnten Lehrer und Schüler hinsichtlich ihrer Erfahrungen mit dieser Unterichtsform befragt werden. Auch eine Betrachtung der Schülerleistung kann von Interesse sein. Des weiteren wäre es möglich weitere Techniken des SOL zu recherchieren und in einem eigenen Unterrichtsversuch umzusetzen, wenn mir im Rahmen des Praktikums die Möglichkeit dazu gegeben wird.

Positionierung

Altrichter und Posch (1998) definieren das Forschende Lehren im Rahmen der Aktionsforschung, in dem eine in unserem Fall, Lehrkraft aus ihrer beruflichen Praxis Probleme identifiziert, die aus ihrer Sicht einer Verbesserung bedürfen. Aus dieser Situation entsteht zunächst eine Fragestellung, bzw. ein Forschungsgegenstand, der nach wissenschaftlichen Kriterien und Abläufen (Bewertung der Untersuchungsideen, Untersuchungsplanung, Theorieteil, Untersuchungsdurchführung, Auswertung, Untersuchungsbericht[Bortz, J. / Döring, N. (2006)]) bearbeitet werden soll. Ziel dieser Untersuchung ist nicht nur das Aufdecken eventueller Missstände, sondern auch die Entwicklung entsprechender Handlungsanweisungen zur Verbesserung der betrachteten Situation. Die Handlungsanweisungen sollten nicht nur zur Verbesserung der Lehrkompetenzen, der jeweiligen Lehrkraft beitragen, sondern ebenfalls öffentlich zugänglich gemacht werden, um einen möglichst weiten Kreis anderer Lehrkräfte an den Ergebnissen teilhaben zu lassen. Somit geht meiner Meinung nach „Forschendes Lehren“ weiter als eine (Selbst)kritische Betrachtung einer Lehrkraft mit den Situationen im schulischen Alltag, die ebenfalls wünschenswert ist und wohlmöglich auch zu einem schnellen Zuwachs der individuellen Erfahrung führt. Für mich interessant ist der Punkt der Veröffentlichbarkeit bei dem Thema Forschendes Lehren. Dieser Veröffentlichbarkeit ist eine gewisse systematische Vorgehensweise geschuldet, der die Arbeitsweise an Hochschulen gerecht werden kann. Der Ausgangspunkt einer Lehrperson im Rahmen Forschendes Lehren ist meiner Ansicht nach zunächst eher auf den eigenen Handlungshorizont (die eigene Schule) beschränkt. Eine kritische Betrachtung er Ergebnisse in Bezug auf die Verallgemeinbarkeit ist an diesem Punkt von großer Wichtigkeit, sowohl vom Verfasser als auch vom Verwender. Altrichter und Posch verweisen in diesem Zusammenhang auf Elliot (1991), der vorschlägt, dass Lehrer ihre Erkenntnisse in bestimmten Medien wie z. B. Fallstudien formulieren und diese dann auf kollegialer Ebene mit anderen Lehrkräften diskutieren.
Da die Institution Berufskolleg für mich noch recht neu ist, ist es für mich persönlich wichtig zunächst erst einmal einen Blick für die Strukturen und Abläufe in der Schule zu bekommen. Dann ist es ebenfalls von Interesse zu schauen wo erfahrene Lehrkräfte Probleme sehen und wie sie diese einschätzen, um ein eigenes Gefühl für Problematiken an Berufskollegs zu entwickeln. An diesem Punkt könnte ein Vorteil der Praktikantensituation sein, relativ unvoreingenommen an Fragestellungen heranzugehen, mit denen sich ein erfahrene Lehrer ggf. schon arrangiert hat. So äußerte sich ein Lehrer in meinem O- Praktikum mir gegenüber dahingehend, dass er meinte, dass es unmöglich sei alle Schüler in einer Klasse „inhaltlich mitzunehmen“. Diese Aussage beinhaltet eine, sicherlich durch Erfahrungen, verfestigte Grundhaltung, die Praktikanten idealerweise „noch nicht“ haben und wenn das Konzept des Forschenden Lehrens im beruflichen Werdegang konsequent gelebt wird, auch niemals bekommen sollten.
Somit sehe ich Forschendes Lehren als Grundhaltung an, bei der sich Lehrkräfte kritisch mit sich selbst und den Situationen in ihrem beruflichen Umfeld auseinander setzten, Probleme bzw. Missstände identifizieren und diese nach wissenschaftlichen also idealerweise objektivierbaren Kriterien auswerten und Lösungsansätze erarbeiten. Ziel ist hierbei neben der Ausweitung der eigenen Kompetenzen eine kritische diskursive Auseinandersetzung mit den Kollegen, um sich zum einen von der eigenen subjektiven Sichtweise zu lösen und zum anderen Wissen zu verbreiten. Die eingangs genannte Verallgemeinbarkeit der Ergebnisse bzw. die Übertragbarkeit von Handlungsempfehlungen über Klassenverbände oder das jeweilige Berufskolleg hinaus stehe ich aus meiner derzeitigen Sicht kritisch bis skeptisch gegenüber, da allein die Auswahl und Erhebung einer entsprechenden Stichprobe die Kapazitäten eines Lehrer/Lehrerin überschreitet. Aus diesem Grund sehe ich auch qualitative Forschungsansätze die einen kleineren Stichprobenumfang benötigen und flexibler auf die entsprechenden Situationen anwendbar sind, eher als ein Instrumentarium des forschenden Lehrkraft.

Altrichter, H. / Posch, P. (1998): Lehrer erforschen ihren Unterricht:. Eine Einführung in die Methoden der Aktionsforschung. 3. durchgesehene und erweiterte Auflage. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt

Bortz, J. / Döring, N. (2006): Döring, N. (Hg.): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer. 4. Auflage