Architektur

Das Michaelskloster liegt im Herzen von Paderborn. Nördlich des Paderborner Doms befindet es sich direkt am Ufer der Pader.

Im Süden verlaufen die Schulgebäude teils parallel zur Michaelsstraße. Im Norden schließt die Kirche den Komplex ab. Parallel zu ihr liegt das Klostergebäude, welches mit dem Schulgebäude verbunden ist.

Aus der Vogelperspektive ist gut zu erkennen, dass die Kirche nur aus einem Kirchenschiff ohne Nebenschiffe oder Glockenturm besteht. Das auf Abb. 2 zu erkennende Türmchen auf der Kirche, der sogenannte Dachreiter[1], ist im Krieg zerstört worden.


[1] Koepf, Hans; Binding, Günther: Bildwörterbuch der Architektur. 4., überarbeitete Auflage, Stuttgart 2005. S. 123.

Die Fotografie von Gerd Vieler (Abb. 3) aus den 1990er Jahren zeigt – ebenfalls aus der Vogelperspektive – das Kirchenschiff. Hier fehlt der Dachreiter; die ursprüngliche Form des Kirchenschiffs wurde allerdings beibehalten. Anders als auf Abb. 1 fällt hier die Apsis im Westen auf.

Außerdem ist auf Abb. 3 die barocke Alexiuskapelle zu erkennen. Sie befindet sich im oberen rechten Bildrand und steht neben der hier nicht abgebildeten Abdinghofkirche. Die Alexiuskapelle wird in diesem Portfolio nicht weiter thematisiert.

Fassade

„Die erhaltene Chorgiebelfassade der Kirche wurde aus Backstein gemauert und gilt als wichtiges Zeugnis des flämischen Barocks.“[1] Sie wird durch verschiedene Verzierungen geschmückt, die typisch für den Barock sind. Für die Beschreibung teile ich die Fassade zunächst in drei waagerechte Bereiche (a, b, c). Die Bereiche b und c wiederum teile ich in drei weitere Abschnitte (1b, 2b, 3b; 1c, 2c, 3c).

1] Koepf, Hans; Binding, Günther: Bildwörterbuch der Architektur. 4., überarbeitete Auflage, Stuttgart 2005. S. 372.

Abbildung 5: Bauinschrift mit Ornament
Foto: Theresa Knievel

Bei der Einteilung ins Raster fiel direkt die Symmetrie der Fassade ins Auge. So spiegeln sich die Bereiche 1b und 3b sowie 1c und 3c. Auch im Bereich a ist dies zu erkennen.

Starten wir im Bereich a: Hier beginnen vier Säulen, die alle identisch gestaltet sind und bis in den Bereich b bzw. c hineinragen. Diese vier Säulen stellen die Postamente[1], also den Unterbau der Säulen, dar.

[1] https://www.michaelskloster.de/michaelskloster/klosterkirche/ (16.06.2020, 10:09 Uhr).

Zwischen ihnen befinden sich weiße Steine. Die Säulenabschnitte beginnen über den Postamenten jeweils mit einer Basis[1], also dem Fuß der Säule. Darüber folgt der Säulenschaft[2], der hier mit Rechtecken verziert ist und schließlich folgt das Kopfstück der Säule, das Kapitell[3]. Dazwischen befinden sich die bereits erwähnten roten Backsteine, die für den flämischen Barock typisch sind.

[1] ebd. S. 51.

[2] ebd., S. 408.

Im Zentrum der Fassade (Bereich 2b) befindet sich eine Bauinschrift, die in ein Oval gemeißelt und durch Ornamente umrahmt wird. Auch hier fällt die Symmetrie direkt ins Auge. Die Inschrift gibt Auskunft über den Stifter, Fürstbischof Hermann Werner von Wolff-Metternich.

[3] ebd., S. 265.

Unter der Inschrift befindet sich das mittlere von drei identisch aufgebauten Fenstern: Es handelt sich um ein Rundbogenfenster, welches architraviert[1] ist, das bedeutet, es ist mit Profilleisten eingefasst und dadurch verziert. Anders als in Bereich 2b, befinden sich über den Fenstern in den Bereichen 1b und 3b keine Bauinschriften. Stattdessen sind hier kreisförmige Fenster eingelassen, die von hellen, schlichten Steinen umrahmt sind. Diese Fenster sind jedoch von innen zugemauert und nicht zu erkennen (siehe Innenansicht). Die vier Säulen im Bereich b beginnen mit ihren Basen auf den Kapitellen der Säulen aus Bereich a. Der Säulenschaft ist bei allen vier Säulen identisch und endet erst auf Höhe der Oberkannte der Rundfenster bzw. der Bauinschrift.

[1] ebd., S. 29.

Abgeschlossen werden die Säulen durch kunstvoll gearbeitete Säulenhälse, die durch schneckenartige Ornamente verziert sind. Das darüberliegende Kapitell erinnert durch die klaren Linien an die Kapitelle aus Bereich a.

Ein Feston über die gesamte Länge bildet den oberen Abschluss des Bereichs b. Es handelt sich hierbei um eine Art Blumenranke, die als Dekorationselement eingesetzt wird. Lediglich an den Säulen wird dieses unterbrochen. Hier zieren Rosetten das Bauwerk

Der obere Teil der barocken Schaufassade entspricht in seiner Grundform einem gleichschenkligen Dreieck. Höchster Punkt ist eine Kugel im Bereich 2c. Sie markiert den Scheitelpunkt der Fassade. Auch als Abschlüsse der vier Säulen taucht die Kugel als Stilelement wieder auf. Im unteren Bereich 1c befindet sich eine Balustrade, die den Bereich zwischen den Säulen einnimmt. Sie ragt bis auf die halbe Höhe des Wappens im Bereich 2c.

Über ihr ist ein Muschelwerk angebracht, dessen Oberkante mit dem Säulenhals der beiden mittleren Säulen abschließt. Durch die vorhandene Symmetrie entspricht diese Beschreibung der Spiegelung von Bereich 3c.

Als optischer und architektonischer Höhepunkt erstreckt sich Bereich 2c in den Himmel. Zwischen den hohen Säulen, die den bereits beschriebenen Abschnitten entsprechen, befinden sich sowohl das Wappen des Fürstbischofs als auch ein Hochrelief[1] des Hl. Michaels. Das Wappen wird wie die Bauinschrift durch Ornamente umrahmt. Auffällig ist dabei die Krone, die bis zum Sockel von Michael reicht. Dieser steht in einer Nische, die mit einer muschelförmigen, halbrunden Kuppel nach oben hin abschließt. Michael ist durch den Drachen unter seinen Füßen und dem Stab in seiner Hand zu erkennen. Wie die Fenster in Abschnitt b ist auch die Nische, in der Michael steht, architraviert. Links und rechts hängen Früchte o. ä. seitlich hinab, die an das Feston erinnern. Oben auf dem Giebel wird die Fassade – neben der bereits beschriebenen Kugel – durch einen Giebelbogen[2] abgeschlossen. Durch den Bogen wird ein weiteres Relief umrahmt.


[1] ebd., S. 243.

[2] ebd., S. 218.

Als Vergleich ziehe ich die Paderborner Marktkirche hinzu. Als barocke Institution in Paderborn wird sie von einer anderen Gruppe gesondert betrachten, sodass ich mich hier auf äußerliche Parallelen beschränke.

Zunächst sticht ihre Fassadenform ins Auge, da diese der Form von St. Michael entspricht. Beide Fassaden laufen nach oben spitz zusammen und haben links und rechts Muschelwerke. Als Säulenenden finden sich bei beiden Fassaden neben dem Muschelwerk Kugeln.


Portal

Der Weg ins Kloster führt heute über die Michaelsstraße durch einen kleinen Binnenhof. Dort befindet sich auch der Eingang in die Kirche. Auch das Kirchenportal ist ein Zeugnis barocker Architektur: Gerahmt wird es von zwei Säulen, deren Postament an das Postament der Fassadensäulen erinnert.

Die Säulenbasis ist ebenfalls schlicht gestaltet, während der Säulenhals schneckenförmige Verzierungen aufweist. Schließlich enden die Säulen mit schlichten Kapitellen. Es folgt ein Bereich mit Schriftzug, welcher über den Säulen liegend die Flügeltür umrahmt: „Michael sei Vater des Vaterlandes, Schutzherr der Gläubigen, bring uns Glück.“ Die rundbogige Flügeltür wird mittig von einer Putte gekrönt. Links und rechts befinden sich schneckenförmige Blattornamente. Darunter, auf halber Höhe des bereits beschriebenen Säulenschafts, schließen Kapitelle auf beiden Seiten kleinere Säulen ab. Der obere Portalbereich ist halbkreisförmig und mittig durch das Wappen des Fürstbischofs geschmückt.

Der ursprüngliche Klostereingang befindet sich auf der Nordseite und weist ebenfalls noch heute barocke Elemente auf: Die Putte über der Tür ist symmetrisch und befindet sich direkt über einer verzierten Inschrift, die an die Inschrift der Fassade erinnert.

Auch das Kirchenportal hat Ähnlichkeit zu dem der Marktkirche: Beide Portale bestehen aus einer zweiflügeligen Rundbogentür, die von Säulen umrahmt wird. Links und Rechts an den Rundbögen befinden sich Verzierungen, und oberhalb der Tür ein Schriftzug, der in einen identisch aussehenden Rundbogen gebettet ist.

Innenansicht

Das Innere der Kirche hat sich in der Vergangenheit gewandelt. Im Jahr 2020 ist die Kirche entbarockisiert, schlicht und lichtdurchflutet gestaltet. Hier fallen die drei Fenster an der Ostwand auf, die sich auch in der barocken Fassade wiederfinden. Das Kirchenschiff wird durch ein weiß gestrichenes Kreuzrippengewölbe gekrönt. Mehrere beige Rundbögen, die auf Sockeln mit goldenen Blattornamenten enden, betonen die Höhe der Kirche und die Struktur der Decke. Die Modernisierung begann in den 1970er Jahren. Zuvor war die Kirche durch den Krieg sehr schlicht und schmucklos.

Abbildung 12: St. Michael von innen, heute

Quelle: Homepage Michaelskloster, Paderborn

Abbildung13: St. Michael von innen, 1970er Jahre

Quelle: Augustiner Chorfrauen C.B.M.V., Michaelskloster Paderborn

Abbildung14: St. Michael von innen, ca. 1950er Jahre

Quelle: Augustiner Chorfrauen C.B.M.V., Michaelskloster Paderborn

Abbildung 15: St. Michael von innen, 1905

Quelle: Augustiner Chorfrauen C.B.M.V., Michaelskloster Paderborn

Ein vollkommen anderes Bild ergab sich Anfang des 20. Jahrhunderts. 1905 war das Gewölbe noch verziert, die Kreuzrippen und Schlusssteine sichtbar. Im Halbrund über den Fenstern befand sich ein großes Gemälde, das das Abendmahl zeigte. Außerdem war die Kirche mit hölzernem Hochaltar, Figuren, einem auffälligen Kronleuchter und einer Kanzel ausgestattet

Einen wiederum anderen Anblick bot der barocke Hochaltar von Heinrich Gröne, der 1897 entfernt wurde. Wie schon in der Fassade und im Portal war auch hier die Symmetrie ein zentraler Gestaltungsaspekt. Besonders markant waren die Schlangensäulen[1], der Rundbogen samt Statue des Hl. Michaels sowie die darunter optisch schwebenden Putten.

Die Darstellung des Hl. Michaels entspricht den Darstellungen, die bereits an der Fassade und im Kapitel Kunst beschrieben wurden

Der barocke Altar weist Parallelen zum Altar der Paderborner Marktkirche auf: So sind beide Altäre durch Schlangensäulen und Putten verziert. Außerdem zieren beide Altäre Gemälde und Statuen.[1]

[1] Vgl. https://www.paderborn.de/tourismus-kultur/sehenswuerdigkeiten/Marktkirche_Sehensw.php [30.08.2020, 13:03 Uhr].

Garten

Der barocke Klostergarten ist heute nicht mehr erhalten. Nur alte Fotos und der barocke Brunnen auf dem Schulhof erinnern an seine Existenz und geben einen ausschnitthaften Eindruck über die Gestaltung der Anlage.

Drei alte Fotographien zeigen im Folgenden den Garten, das älteste stammt aus den 1920er-Jahren.

Es zeigt Schülerinnen neben einer Statue des Hl. Michaels und trägt den Titel „Gartenpartie am Michael“.

Bei genauer Bertachtung ist festzustellen, dass Michael in der bereits bekannten Pose dargestellt wurde. Er steht unter einem steinernen Baldachin. Die Architektur des Baldachins erinnert stark an die Gestaltung der Portale: Die Säulenhälse sind schlicht gestaltet, während die Kapitelle Verzierungen aufweisen. Der ganze Bau ist durch seine symmetrische Konstruktion bestimmt.

Die weiteren Fotographien stammen aus den 1950er-Jahren: Hier sehen wir zum einen eine Luftaufnahme und schauen – über die noch zerstörte Alexius-Kapelle im unteren linken Bildrand – Richtung Westen/ Paderquellgebiet in den Garten. Im Bild ist der barocke Garten hervorgehoben. Deutlich zu erkennen sind die angelegten Wege, die zum Teil hinten den Bäumen des linken Bildrandes hervorguckend, in einem Rondell angelegt sind.

Diese runden Formen sind auch auf dem dritten Bild von 1954 zu erkennen. Hier ist der barocke Springbrunnen im Zentrum. In den Beeten sind Rosenbüsche zu erkennen.

Diese wenigen barocken Anhaltspunkte werden durch die Betrachtung anderer barocker Gärten greifbarer: Es finden sich parallelen zum Schloss Neuhauser Schlossgarten oder auch zu den Herrenhäusergärten in Hannover. Wobei besonders bei letzterem nicht mehr von einem Garten, sondern von einem Park gesprochen werden sollte.[1] Dieser zeichnet sich durch geometrische Achsen aus, die mit Kanälen, Beeten, landschaftliche Elemente, Hecken und ähnlichem gestaltet sind.[2]

Garten und Park sind nur eine Fortsetzung der Architektur mit gärtnerischen Mitteln, durchsetzt mit architektonischen Elementen, Statuengruppen, Einzelfiguren, Marmorvasen, die immer wieder diese Zugehörigkeit zur Architektur bestätigen.[3]

Die Konstruktion eines barocken Gartens erforderte mathematische Kenntnisse, da dieser einer geometrischen Ordnung entsprach.[4] Die imposanten Anlagen dienten der Machtdemonstration und bezogen durch die Länge der Achsen die Umgebung mit ein

[1] Vgl. Meyer, Peter: Europäische Kunstgeschichte. Von der Renaissance bis zur Gegenwart. Band 2. Vierte Auflage, München 1978. S. 184-185.

[2] vgl. ebd., S. 185.

[3] Ebd.

[4] Hoppe, Stephan: Was ist Barock? Architektur und Städtebau Europas. 1580-1770. Darmstadt 2003. S.132.

Die imposante Größe der Anlage verdeutlicht der Stich in Abb. 23: Die Wegachsen ziehen den Blick des Betrachtenden förmlich in die Ferne. Zudem finden sich an den Wegegabelungen Springbrunnen, die diese Bereiche – symmetrisch – markieren.

Literatur

Hoppe, Stephan: Was ist Barock? Architektur und Städtebau Europas. 1580-1770. Darmstadt 2003.

Koepf, Hans; Binding, Günther: Bildwörterbuch der Architektur. 4., überarbeitete Auflage, Stuttgart 2005.

Meyer, Peter: Europäische Kunstgeschichte. Von der Renaissance bis zur Gegenwart. Band 2. Vierte Auflage, München 1978.

Onlinequellen

Baukunst-NRW

https://www.baukunst-nrw.de/objekte/Kath.-Universitaets-und-Marktkirche-St.-Franz-Xaver–2442.htm (30.08.2020, 13:22 Uhr)

Herrenhäusergärten

https://www.hannover.de/Herrenhausen/Media/01-DATA-Neu/Bilder/Landeshauptstadt-Hannover/Herrenhausen-Bilder/Herrenh%C3%A4user-G%C3%A4rten/Gro%C3%9Fer-Garten/Geschichte/Stich,-Hannover-1725 (30.08.2020, 11:51 Uhr)

Michaelskloster

https://www.michaelskloster.de/michaelskloster/klosterkirche/ (16.06.2020, 10:09 Uhr).

Paderborner Touristeninfo

https://www.paderborn.de/tourismus-kultur/sehenswuerdigkeiten/Marktkirche_Sehensw.php (30.08.2020, 13:03 Uhr).

Archiv

Augustiner Chorfrauen C.B.M.V., Michaelskloster Paderborn



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