Concept Maps

Tamara Ihln

Concept Maps eignen sich, wenn Sie das Wissen von Kindern und Jugendlichen schriftlich – im Unterricht und/oder der Forschung – erheben möchten.

Als Einstieg erhalten Sie eine kurze Beschreibung darüber, was diese (Forschungs-)methode ausmacht und wozu sie sich eignet, um daran anknüpfend zu erfahren, wie sie effektiv – im Unterricht und/oder der Forschung – eingesetzt werden kann. Im Anschluss daran soll Ihnen ein exemplarisches Beispiel dargelegt werden, um die Umsetzung im Unterricht und/oder in der Forschung zu veranschaulichen. Abschließend erfahren Sie, wie Sie mit den erhobenen Daten umgehen.

Concept Maps werden auch als „Begriffslandkarten“ bzw. „Begriffsstrukturdarstellungen“ bezeichnet, da sie Wissen visuell repräsentieren. Das Besondere an ihnen ist – und damit unterscheiden sie sich von einer Mind-Map – dass die jeweiligen Wissenselemente (auch Konzepte/Knoten genannt) und ihre dazugehörigen Beziehungen zueinander anhand beschrifteter Pfeile oder Linien als „Relationen“ dargestellt werden, während eine Mind-Map vorrangig als Mittel zum Brainstorming genutzt wird (vgl. Richter 2008b, 135f.). Eine Concept-Map hingegen besteht aus einzelnen Begriffen, den Pfeilen zwischen diesen sowie der Beschriftung der Pfeile durch Verben (vgl. Gläser 2012, 20; vgl. dazu auch Abb. 1).

Beispiel einer Concept-Map

Concept Map_Politische Bildung

Abb. 1: Quelle: Richter (2008a, 39)

Sie sollten vor dem Einsatz einer Concept Map ihre Funktion innerhalb des Lernprozesses festlegen, ob Sie sie zur Diagnose (d.h. Erhebung des Vorwissens sowie der Fehlkonzepte), Erarbeitung (d.h. neuer Begriffe, Phänomene etc.) oder Kontrolle (d.h. individueller Leistungen und/oder des aktuellen Lernstands) einsetzen wollen (vgl. ebd.).

Es sind drei Formen des Mappings zu unterscheiden, welche Sie im Hinblick auf eine Anwendung im Unterricht und/oder in der Forschung betrachten sollten:

Eine Expertenmap wird durch einen Experten/einer Expertin zu dem jeweiligen Thema oder Themenbereich vorstrukturiert und zeigt damit, wie die fertige Map aussehen könnte. Ebenso ist es möglich eine lückenhafte Concept Map zu konzipieren, indem einige wesentliche Relationen/Begriffe ausgelassen werden,  die von den Kindern und Jugendlichen gefüllt werden müssen. Schließlich kann man sie auch eigene Maps zu einem Thema erstellen lassen (vgl. ebd.).

Um das selbstständige Entwickeln für die Kinder und Jugendlichen zu erleichtern, sollten Sie sich zuvor überlegen, welche Strukturierungshilfen Sie innerhalb der Concept Map vorgeben. Dies könnten beispielsweise alle Begriffe sein oder die Begriffe werden schon entsprechend platziert oder die Beziehungen/Relationen zwischen den einzelnen Begriffen werden vorgegeben (vgl. ebd.).

Bei der Erstellung einer Concept Map sollten sowohl Sie als Forscher/-in bzw. Lehrer/-in als auch die Schüler/-innen bestimmte Regeln beachten:

  • eine Concept Map/Begriffslandkarte/Begriffsstrukturdarstellung beinhaltet einzelne Begriffe/Wissenselemente
  • es gibt jeweils nur eine Verbindung zwischen zwei Begriffen, welche entsprechend mit einem Pfeil gekennzeichnet wird
  • die Pfeile geben die Richtung an, wie die beiden Begriffe zueinander in Beziehung stehen
  • jeder Begriff sollte – wenn möglich – auch mit weiteren Begriffen verknüpft werden
  • jede der Verknüpfungen wird oftmals mit einem Verb/einer Relation beschrieben (vgl. dazu auch Abb. 1)

Doch: Wie können Sie nun selbst Concept Maps erstellen?

Sie können nicht nur Programme zur Erstellung von Concept Maps nutzen (siehe Hinweis unten), sondern die Schüler/-innen auch selbst mit Stift und Papier arbeiten lassen.

Concept Maps können – ebenso wie Concept Cartoons®/ Konzeptdialoge® – eingesetzt werden, um (schriftlich) kindliche Präkonzepte und/oder Fehlvorstellungen sowohl im Unterricht als auch in der Forschung zu erheben.

Abschließend haben Sie die erhobenen Präkonzepte in schriftlicher Form vorliegen, so dass Sie diese nun analysieren (siehe bspw. Qualitative Inhaltsanalyse; Dokumentarische Methode) können. Als Lehrkraft helfen Ihnen die vorliegenden Konzepte Ihrer Schüler/-rinnen, um nun im Unterricht thematisch an die jeweils unterschiedlichen (Fehl-)Vorstellungen anzuknüpfen.

Programme

  • Microsoft Word

Literatur zur (Forschungs-)Methode

  • Gläser, Eva (2012): Methoden verstehen und anwenden. Concept Mapping im Sachunterricht. In: Grundschule Sachunterricht. 55, 2012, 20-23.

exemplarische Studien aus der Sachunterrichtsdidaktik sowie beteiligter Fachdidaktiken

  • Dunker, Nina (2010): Concept Maps im naturwissenschaftlichen Sachunterricht: Didaktische Rekonstruktion am Beispiel des Lerngegenstandes Feuer. Oldenburg.
  • Möller, Kornelia (2007): Genetisches Lernen und Conceptual Change. In: Kahlert, Joachim u.a. (Hrsg.) Handbuch Didaktik des Sachunterrichts. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag, S. 258-266.
  • Richter, Dagmar (2008a): Demokratie verstehen lernen. Elf Bausteine zur politischen Bildung in der Grundschule. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
  • Richter, Dagmar (2008b): Wissen-schaf(f)t(s)-Orientierung: Concept Maps im politischen Sachunterricht. In: Hartmut/Wiesemann Jutta Giest (Hrsg.): Kind und Wissenschaft. Welches Wissenschaftsverständnis hat der Sachunterricht? (=Probleme und Perspektiven des Sachunterrichts), Bd. 18. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt Verlag, S. 133-143.
  • Brinkmann, Astrid (2005): Können Concept Maps eine Hilfe beim Problemlösen sein? In: Gesellschaft für Didaktik und Mathematik (Hrsg.).

Concept Cartoons®/ Konzeptdialoge®

Tamara Ihln

Was sind Concept Cartoons®/ Konzeptdialoge® und wie sind sie einzusetzen?

Mit dem Einsatz der Concept Cartoons®/ Konzeptdialoge® können Sie sowohl Schülervorstellungen erheben („Wie machst du es?“ – „What do you think?“) als auch über kindliche Vorstellungen (Concepts) diskutieren („Ich mache es so!“). Somit eignen sich Concept Cartoons®/Konzeptdialoge® als Erhebungsimpuls für beispielsweise eine mündliche Befragung (siehe Befragung, bspw. Interview oder Gruppendiskussion) als auch als Unterrichtsimpuls (vgl. LEMBENS 2014) .
Nach einer kurzen Beschreibung zur Forschungsmethode der Concept Cartoons®/ Konzeptdialoge® und ihrer Erstellung wird dargestellt, wie Sie die Methode anwenden und entsprechend für eine Umsetzung im Unterricht und/oder der Forschung modifizieren können. Abschließend erfahren Sie, wie sie im Anschluss mit den erhobenen Daten umgehen können.
Beispiel eines Concept Cartoons®

Abb. 1: Concept Cartoons® Talking sport and fitness

Concept Cartoon_Talking about sport and fitness

KEOGH UND NAYLOR entwickelten Concept Cartoons® im Jahre 1991 als ein Aufgabenformat, welches das naturwissenschaftliche Lernen nachhaltig unterstützen sollte. Beide haben u.a. das Lehren und Lernen durch die Entwicklung von Concept Cartoons® im naturwissenschaftlichen Bereich deutlich geprägt.
Bei den von KEOGH UND NAYLOR erstellten Concept Cartoons® steht beispielsweise ein Phänomen im Mittelpunkt, welches ebenso im Alltag von Kindern und Jugendlichen vorkommen kann (vgl. SCHOMAKER 2013, 14). Das Phänomen wird dabei zeichnerisch dargestellt und von Jungen und Mädchen in Form eines Cartoons kommentiert (siehe Abb. 1). Anhand der Kommentare – von Kindern und Jugendlichen – zu dem abgebildeten Phänomen, ergibt sich meist ein Problem oder eine Fragestellung, welche dann von den Kindern und Jugendlichen diskutiert werden soll. Diese Anregung wird in den Concept Cartoons® durch die Frage „What do you think?“ oder das abgebildete „?“ dargestellt (siehe Abb. 1).
Die abgebildeten Äußerungen entsprechen (empirisch erhobenen) Schülervorstellungen, so dass Sie dadurch die Entwicklung einer fachlich tragfähigen Sichtweise von Kindern und Jugendlichen, durch den Ausdruck und die allgemeinen Sichtweisen innerhalb der Cartoons, unterstützen. Kinder und Jugendliche werden durch die Cartoons direkt aufgefordert, im gemeinsamen Gruppengespräch die Ansichten des geschilderten Problems oder der entstandenen Fragestellung zu diskutieren. Anhand des vorgelegten Cartoons können Kinder und Jugendliche nun die Äußerungen der skizzierten Aussagen gegeneinander abwägen und ihre eigenen Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen (vgl. SCHOMAKER 2013, 14).
Der Anspruch zur Gestaltung eines eigenen Concept Cartoons® ist es, die jeweils dargestellten Sichtweisen – der im Phänomen involvierten Kinder – so zu formulieren, dass sich nicht zwingend einige der Positionen ausschließen oder als richtig identifizieren lassen. Dadurch leiten Sie die Kinder an, die Äußerungen auf dem Bild gegeneinander abzuwägen und ihre eigenen Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen (vgl. SCHOMAKER 2011, 14).

SCHOMAKER/LÜSCHEN (2011) erweiterten die Idee der Concept Cartoons®, indem sie die sich widersprechenden Aussagen/Äußerungen kindlicher Vorstellungen zu einem Thema innerhalb der Cartoons in den Fokus stellten. Diese erweiterte Form nennt sich Konzeptdialog® (siehe Abb. 2).

Beispiel eines Konzeptdialogs® Magnestismus

Konzeptdialog_Magnetismus_Wie kann Paul seine Münze zurückholen

Abb. 2: Quelle: SCHOMAKER (2011, 12)

Den Konzeptdialogen® geht – im Unterschied zu Concept Cartoons® – eine explizite Fragestellung voraus, welche so konzipiert ist, dass sich die Kinder und Jugendlichen der Frage auf unterschiedlichen Ebenen annähern können und daher keine Lösungsvorschläge/-wege vorgegeben werden (siehe Abb. 2).
Mögliche Fragen sind beispielsweise: „Wie hält eine Kette aus Büroklammern?“, „Wo ist ein Magnet am stärksten?“, „Kann ein Nagel einen Magneten anziehen?“ (Schomaker 2013, Material „Bildkarten“).
Die Kinder können frei wählen, auf welche Weise sie sich der Frage annähern und können durch den kommunikativen Austausch miteinander eine Lösung entwickeln (vgl. SCHOMAKER 2011, 15).
Die Aufforderung („Ich mache es so!“ – „Wie machst du es?“) in den Konzeptdialogen® ermöglicht es beispielsweise, eigene Ideen zu formulieren sowie in den Austausch mit anderen zu treten. Concept Cartoons® hingegen legen mit ihrer Frage („What do you think?“) den Fokus auf das Formulieren eigener Lösungswege.
Durch die Umsetzung der Concept Cartoons®/Konzeptdialoge® im Unterricht und/oder in der Forschung besteht für Sie nun die Möglichkeit konkurrierende Theorien aufzugreifen, welche visuell ansprechend wirken und ein Minimum an Text für die verschiedenen Erklärungen bieten.

Durch die Vorlage eines leeren Cartoons bietet sich Ihnen die Möglichkeit, durch die eigene Gestaltung bzw. Ergänzung, Schülervorstellungen zu erheben oder eine Diskussion über kindliche Vorstellungen anzuregen und legen damit Ihren eigenen (thematischen) Schwerpunkt.

Beispiel eines leeren Konzeptdialogs® zur Vorlage

leeres KD

Abb. 3: Quelle: SCHOMAKER (2011, 12), überarb. IHLN (2014)
Wenn Sie Concept Cartoons®/Konzeptdialoge® beispielsweise im Rahmen eines Interviews oder einer Gruppendiskussion zu einem bestimmten Phänomen oder einer konkreten Fragestellung eingesetzt haben, sollten Sie das vorliegende Interview transkribieren (siehe Transkription), um es anschließend zu analysieren und auszuwerten (siehe Qualitative Inhaltsanalyse; siehe Dokumentarische Methode). Haben Sie jedoch Concept Cartoons®/Konzeptdialoge® als schriftliche Erhebung eingesetzt und nun die eingetragenen Überlegungen der Schüler/-innen vorliegen, können Sie diese beispielsweise anhand der dokumentarischen Methoden (siehe Dokumentarische Methode) analysieren. Haben Sie die Präkonzepte Ihrer Schüler und Schülerinnen schriftlich mit dieser Methode erhoben oder die Lernenden mündlich über die Vorstellungen diskutieren lassen, so haben Sie nun die Möglichkeit, mit ihren Kindern und Jugendlichen thematisch inhaltlich im Unterricht, an die neu gewonnenen Vorstellungen, anzuknüpfen.

Literatur zur (Forschungs-)Methode

  • Barke, Hans-Dieter/Yitbarek, Saleshi (2009): Zur Diskussion gestellt. Concept-Cartoons – Hilfen zur Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. In: MNU (2006), 6, 364-371.
  • Schomaker, Claudia/ Lüschen, Iris (2011): Kinder erkunden die Welt. Zur Rolle von Lernaufgaben in altersübergreifenden Sachlernprozessen im Übergang vom Elementar- in den Primarbereich. In: Kosinar, Julia/ Carle, Ursula (Hrsg.): Aufgabenqualität in Kindergarten und Grundschule. Grundlagen und Praxisbeispiele. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, 185-195.
  • Schomaker, Claudia (2013): „Konzeptdialoge“ als Aufgabenformat im Sachunterricht. In: Grundschule Sachunterricht. (2013), 59, 14-16.
  • Stenzel, Rene/Eilks, Ingo (2005): Gesprächsanlässe schaffen mit Concept Cartoons. In: Praxis der Naturwissenschaften. Chemie in der Schule. 8/2005. Köln: Aulis, 44-47.
  • Naylor, Stuart/Keogh, Brenda (2000): Concept Cartoons. In: Science Education. Cheshire: Printing House.
  • Fenske, Felix/Klee, Andreas/Lutter, Andreas (2011): Concept-Cartoons as a Tool to Evoke and Analyze Pupils Judgments in Social Science Education. In: Journal of Social Science Education 3/2011, 46-52.

exemplarische Arbeiten aus der Sachunterrichtsdidaktik sowie beteiligter Fachdidaktiken

  • Bertsch, Christian (2008): Forschend-begründetes Lernen im naturwissenschaftlichen Unterricht. Wege zu einer naturwissenschaftlichen Grundbildung am Übergang Primar/Sekundarstufe am Beispiel von Unterrichtsmaterialien zum Thema Fotosynthese. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Geisteswissenschaft an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck, (Online verfügbar unter: https://www.imst.ac.at/imst-wiki/images/2/2b/Dissertation_ChristianBertsch.pdf November 2014)
  • Gläser, Eva (2013): „Weil Eisen kann fast alles anmagneten“ – Schülervorstellungen zum Magnetismus. Grundschule Sachunterricht, 59 (3), 4-5.
  • Schomaker, Claudia (2013): Magnetismus – ein faszinierendes (Alltags-)Phänomen. Grundschule Sachunterricht, 59 (3), 2-3.
  • Steininger, Rosina/Lembens, Anja (2011): Concept Cartoons zum Thema Redoxreaktionen. In: PdN Chemie in der Schule (2011), 3/60, 26-31.

Linksammlung

Kinderzeichnungen

 

Frauke Raddy

Kinderzeichnungen bieten die Möglichkeit,  den Wahrnehmungen und Ansichten von Kindern näher zu kommen.  Die Bedeutung von Geschwister- oder Freundschaftsbeziehungen sowie die Sicht der Kinder auf die Welt könnten beispielsweise in einer Kinderzeichnung dargestellt werden.

Reiß (1996)  untersuchte 35.000  Zeichnungen von 6-14 jährigen Kindern und gab ihnen die Aufgabe: „Mal  doch mal…wie wir Kinder heute leben. Du siehst die Welt mit deinen eigenen Augen.  Du machst dir deine eigenen Gedanken darüber. Mal, was dir gefällt oder nicht gefällt. Zeig mit deinem Bild wie Kinder heute leben. Mit Pinsel, Bleistift oder Tinte, ganz egal“ (Reiss 1996, S. 137).

Mit dieser Untersuchung konnte ermittelt werden, welche unterschiedliche Bedeutung Umweltzerstörung und Freizeit für die Kinder verschiedenen Alters einnehmen

Bei der Auswertung von Kinderdokumenten kann es allerdings zu starken Verzerrungen kommenda die Auswerter/-innen nicht den Entstehungshintergrund der Kinderbilder und Kindertexte kennen. Um eine Fehlinterpretation zu vermeiden,  ist es notwendig Kenntnisse über die Entwicklungs- und  Entstehungskontexte als auch über die familiären und kulturellen Kontexte in die Interpretation der Dokumente einzubeziehen (vgl. ebd.).  Kinder, die beispielsweise in der frühen Kindheit zu malen beginnen, verfügen über eine größere Handgeschicklichkeit und  experimentieren eher mit Farben und Formen als  Kinder, denen bisher nur wenige Malutensilien zur Verfügung standen.

Für die Auswertung der Bilder gibt es verschiedene Kriterien, die zu Rate gezogen werden können.

Um Ihnen  einen kleinen Einblick in die Kriterien der Bildbeurteilung zu geben sehen Sie hier eine Tabelle (ohne Anspruch auf Vollständigkeit), welche Ihnen die verschiedenen Zugänge zu Kinderzeichnungen aufzeigt.  In dem Literaturverzeichnis finden Sie weitergehende Literatur für die Auswertung von Kinderzeichnungen.

Autor Bereich Interpretation
Blank-Mathieu (2009) Kinderzeichnungen unter entwicklungspsychologischen und persönlichen Fragestellungen
Mittelpunkt
Menschen und Dinge, die den mittleren Bildraum einnehmen, haben eine große Bedeutung für das  Kind. Dagegen werden unwichtige  Dinge klein an den Rand gemalt.
  Größenverhältnisse Unabhängig von den Größenverhältnissen in der Realität malen Kinder Dinge und Menschen, die für sie wichtig sind groß und Unwichtiges klein.
  Schattierungen Malen Kinder Gegenstände oder Menschen schwarz aus, möchten sie damit ausdrücken, dass mit den Gegenständen etwas nicht in Ordnung ist. Allerdings kann es auch sein, dass die Kinder lediglich einen Farbigen malen  oder ihm einen dunkelblauen Pullover anziehen möchten.
Gernhardt (2012) Kindliches Zeichnen im kulturellen KontextGrößenunterschiede Kinder, die in westlichen Kulturkreisen aufwachsen, zeichnen Dinge und Menschen von unterschiedlicher Größe. Kinder aus Kamerun oder türkisch ländlich lebenden Familien malen alle Familienmitglieder etwa gleich groß, da in der Familie eher die Gemeinschaft im Vordergrund steht.
  Gesichtsdetails Kinder aus westlichen Kulturkreisen malen das Gesicht meist aus,  während  in anderen Kulturkreisen die Ausgestaltung des Körpers im Vordergrund steht. Fehlen im Gesicht Details, deutet das in manchen Kulturkreisen  auf ein Zeichen von Respekt hin, wenn älteren Menschen nicht in ihr Gesicht geschaut wird. Des Weiteren werden in manchen Kulturen eher die Gefühle kontrolliert statt zur Schau gestellt.

Ferner ist für die Beurteilung von Kinderzeichnungen die Auseinandersetzung mit den entwicklungsbedingten Reifungsprozessen, welche die Darstellung von Menschen, Tieren und Gegenständen beeinflussen, unabdingbar (vgl. Blank-Mathieu 2009, S. 2).

Im folgenden Abschnitt sehen Sie eine Tabelle, welche Auskunft über die einzelnen Malentwicklungsstufen nach Piaget (1992) gibt und bei der Interpretation von Kinderzeichnungen berücksichtig werden sollte.

 

 

Alter Zeichnung Kognition
0-1 Reflexreaktionauf visuelle Stimuli. Stift wird an den Mund geführt. Kind zeichnet nicht. Sensorisch-motorische Phase:Kind handelt reflexhaft. Denkt motorisch. Bewegung wird mit der Errichtung kortikaler Kontrolle allmählich zielgerichtet
1-2 Im Alter von 13 Monaten erstes Kritzeln: Zick-Zack Linie. Kind beoabachtet die Markierungen der auf der Oberfläche zurückgelassenen Bewegung. Kinästhetische Zeichnung.
2-4 Kreise werden vorherrschend, dann einzeln gezeichnet. In einem zufällig gezeichneten Kreis sieht das Kind einen Gegenstand. Das erste graphische Symbol wird gewöhnlich im Alter von drei bis vier Jahren gekennzeichnet. Das Kind beginnt symbolisch zu denken. Sprache und andere Formen symbolischer Kommunikation spielen eine wichtige Rolle. Die Sicht des Kindes ist stark egozentrisch So-tun-als-ob-Spiele
4-7 Intellektueller RealismusZeichnet ein inneres Modell, nicht was tatsächlich gesehen wird. Zeichnet Teile, von denen es weiß, dass sie da sind. Zeigt Menschen durch Schiffsrümpfe hindurch. Transparenzen, Expressionistisch, Subjektiv. Präoperationale Phase(intuitive Phase)Egozentrisch. Sieht die Welt subjektiv. Lebhaftes Vorstellungsvermögen, Phantasie, Neugier, Kreativität. Konzentriert sich auf jeweils nur ein Merkmal. Arbeitet intuitiv, nicht logisch.
7-12 Visueller RealismusSubjektivität nimmt ab. Zeichnet, was tatsächlich da ist. Keine Röntgen-Technik (Transparenzen) mehr. Menschliche Figuren sind realistischer, proportionierter. Realistischere Farben. Unterscheidet rechter von linker Seite der gezeichneten Figur. Phase konkreter OperationenDenkt logisch. Nicht mehr von unmittelbaren Wahrnehmungen beherrscht. Konzept der Umkehrbarkeit: Gleiche Dinge bleiben gleich, auch wenn sich ihre Erscheinung verändert haben mag.

Die Entwicklung des Zeichnens bezogen auf die kognitiven Entwicklungsphasen nach Piaget (aus: Di Leo, Joseph: Die Deutung der Kinderzeichnung, 1992, S. 43)

 

Literatur

 Blank-Mathieu, M. (2009).  Was eine Kinderzeichnung verrät. Aus: Handbuch für ErzieherInnen. Mit freundliche Genehmigung des mvg-Verlages. Landsberg am Lech. (online). URL:htto//www.kindergartenpaedagogik.de/425.html.

Di Leo, J.(1992). Die Deutung von Kinderzeichnungen, Gerardi-Verlag: Karlsruhe.

Gernhardt, A. (2012).  Kinderzeich(n)en. Kindliches Zeichnen im kulturellen Kontext. Osnabrück: Eigenverlag (nifbeThemenheft: Nr. 10).

 Krüger, H.H. (2012).  Freie Texte als Quelle der Kindheitsforschung. In: Heinzel, F. (Hrsg.). Methoden der Kindheitsforschung – Ein Überblick über Forschungszugänge zur kindlichen Perspektive. (S.154.170). Weinheim und Basel: Juventa.

 Reiß, W. (1996). Die Kinderzeichnung. Wege zum Kind durch seine Zeichnung. Neuwied, Kriftel und Berlin

 Reiß, W. (2000).  Zur Produktion und Analyse von Kinderzeichnungen. In: Heinzel, F. (Hrsg.). Methoden der Kindheitsforschung –  Ein Überblick über Forschungszugänge zur kindlichen Perspektive. (S. 231-244).Weinheim und Basel: Juventa

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Dokumentenanalyse als Nicht-reaktive Verfahren

Frauke Raddy

Bei „nicht-reaktiven“ Erhebungsverfahren findet die Materialgewinnung in Abwesenheit der Forscher/-innen statt. Die Forscher/-innen arbeiten demnach mit dem bereits vorhandenen Material (z.B. Tagebücher, Aufsätze, Kinderzeichnungen, Wandmalereien, Fotografien), welches sie in ihrem Forschungsfeld vorfinden.  Diese Form der Datenerhebung wird oft als „Sonderformen der Beobachtung“ bezeichnet,  da  Einstellungen und  Verhalten indirekt aus den vorliegenden Dokumenten ermittelt werden (vgl. Bamler/Wustmann 2010).

 Die  Untersuchung von Kinderzeichnungen, Tagebüchern, Briefen, Aufsätzen oder freien Texten ermöglicht einen besonderen Zugang zu den Erlebens- und Erfahrungswelten von Kindern und Erwachsenen, da diese Dokumente selbst von der beforschten Person erzeugt wurden.

Literatur

Bamler, V., Werner, J., Wustmann, C. (2010). Lehrbuch Kindheitsforschung. Grundlagen, Zugänge und Methoden (Studium Elementarpädagogik). Weinheim: Juventa.